Attentat an Regimekritiker: Bürgerrechtler in Kambodscha wollen neue Untersuchung

"Niemand glaubt die Geschichte"

Vor rund einem Jahr wurde der kambodschanische Regimekritiker Kem Ley ermordet - Bürgerrechtsorganisationen fordern nun, dass der Fall neu aufgerollt wird. Sie glauben an einen politisch motivierten Mord.

Menschenrechte werden vielerorts eingeengt / © Jens Büttner (dpa)
Menschenrechte werden vielerorts eingeengt / © Jens Büttner ( dpa )

Zum ersten Jahrestag der Ermordung des kambodschanischen Regimekritikers Kem Ley fordern 164 internationale Bürgerrechtsorganisationen eine unabhängige Untersuchung der Hintergründe des Attentats. Phil Robertson, Kambodscha-Experte der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), betonte in einer am Sonntag in Bangkok veröffentlichten Erklärung: "Niemand glaubt die von dem verurteilten Mörder Oeuth Ang fabrizierte Geschichte (...), aber in dem von der regierenden CPP gekaperten Justizwesen brauchen solche Geschichten nicht ein Jota der Glaubwürdigkeit, um eine Verurteilung zu erreichen." HRW ist einer der 164 Unterzeichner der Forderung an die kambodschanische Regierung.

Der 46-jährige Kem Ley war am 10. Juli 2016 am helllichten Tag in einem Cafe in Phnom Penh erschossen worden. Wenige Tage zuvor hatte der prominente Dissident dem Ministerpräsidenten Hun Sen und seiner Familie vorgeworfen, sich durch Korruption immensen Reichtum verschafft zu haben.

Verurteilter und Opfer haben sich nie getroffen

Der als Täter verurteilte Oeuth Ang (44) war kurz nach der Tat verhaftet werden. Als Motiv für seine Tat hatte der arme Landarbeiter angegeben, Kem Ley habe ihm 3.000 US-Dollar geschuldet. Sowohl die Familie von Oeuth Ang als auch von Kem Ley hatten im März 2017 in dem Schnellverfahren gegen Oeuth Ang ausgesagt, die beiden Männer hätten sich nie getroffen. Trotzdem wurde der Mann zu einer lebenslangen Haft verurteilt.

Mehr als zwei Millionen Kambodschaner gaben am 24. Juli 2016 bei der Überführung des Leichnams des als Volksheld verehrten Kem Ley von Phnom Penh in seine Heimatstadt Takeo das letzte Geleit. Nie zuvor in der Geschichte Kambodschas hatten so viele Menschen einem Toten, der nicht der königlichen Familie angehörte oder einen hohen politischen Posten bekleidete, die letzte Ehre erwiesen.

Die Mehrheit der Kambodschaner ist überzeugt, dass der Auftrag zur Ermordung von Kem Ley aus höchsten politischen Kreisen erteilt worden sein muss. Während des gut 30-jährigen Regimes von Hun Sen und seiner Kambodschanischen Volkspartei (CPP) wurde eine Reihe prominenter politischer Gegner Opfer von Mordanschlägen, die nie aufgeklärt wurden.


Quelle:
KNA