Türkische Gemeinde kritisiert Staatspräsidenten

"Erdogan übt sich in Trump-Manier"

Kritische Auseinandersetzung gefordert: Nach dem Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim in Oberhausen hat die Türkische Gemeinde in Deutschland die Pläne von Staatspräsident Erdogan kritisiert.

Yildirim spricht in Oberhausen  / © Roland Weihrauch (dpa)
Yildirim spricht in Oberhausen / © Roland Weihrauch ( dpa )

"Ich appelliere an die Türken in Deutschland, sich kritisch mit der Reform in der Türkei auseinanderzusetzen und sich die Demokratie der deutschen Verfassung zum Vorbild zu nehmen", sagte der Vorsitzende Gökay Sofuoglu den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Sonntag). "Die Regierung der Türkei macht eine Kampagne, bei der Gegner der Reform als Staatsfeinde oder Terroristen denunziert werden."

Yildirim hatte am Samstag auf einer Veranstaltung in Oberhausen für die umstrittene Verfassungsreform in der Türkei geworben, über die in einem Referendum am 16. April auch in Deutschland lebende Türken abstimmen können. Mit der Reform will Präsident Erdogan das parlamentarische System durch ein Präsidialsystem ersetzen.

Autokratisches Land

Sofuoglu sagte, die Türkei erinnere ihn derzeit "eher an eine Autokratie" als an eine Demokratie. Dennoch sei es in Ordnung, dass Yildirim in Oberhausen für die Verfassungsreform geworben hat. "In einer Demokratie muss das möglich sein, auch wenn die geplante Reform in der Türkei das Land noch weiter von einer Demokratie entfernt", sagte der Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland.

Er kritisierte aber die Gewahrsamnahme des "Welt"-Journalisten Deniz Yücel in der Türkei. "Es ist entsetzlich, dass Journalisten in der Türkei aufgrund ihrer Arbeit verhaftet werden. Jetzt erleben wir, dass diese Verfolgung auch vor deutschen Journalisten nicht Halt macht." Erdogan übe sich gerade in "Trump-Manier", sagte Sofuoglu.

Politiker über Fall "Yücel"

SPD-Generalsekretärin Katarina Barley erklärte: "Wenn die Pressefreiheit stirbt, dann stirbt die Demokratie." Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan mache seine Gegner und die Kritiker der AKP-Regierung mit Terror-Vorwürfen mundtot. Linken-Parteichef Bernd Riexinger sagte der "Berliner Zeitung" (Samstag): "Es wird höchste Zeit, dass die Bundesregierung gegenüber der Türkei einen anderen Ton anschlägt."

Die Grünen-Politikerin Claudia Roth sagte, die Festsetzung Yücels sei "ein weiterer trauriger Höhepunkt bei der Abschaffung der Demokratie und der Pressefreiheit in der Türkei".


Gökay Sofuoglu, Bundesvorsitzende der TGD  / © Gregor Fischer (dpa)
Gökay Sofuoglu, Bundesvorsitzende der TGD / © Gregor Fischer ( dpa )
Quelle:
epd