Amnesty startet Kampagne gegen Folter

"30 Jahre gebrochene Versprechen"

Seit 30 Jahren gibt es die Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen. Doch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat jetzt festgestellt, dass die systematische Misshandlung von Verhafteten immer noch weit verbreitet ist.

Die Anti-Folter-Kampagne von Amnesty International (dpa)
Die Anti-Folter-Kampagne von Amnesty International / ( dpa )

30 Jahre nach Inkrafttreten der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen ist die Misshandlung von Verhafteten durch staatliche Sicherheitskräfte weiter sehr verbreitet. In den vergangenen fünf Jahren habe ihre Organisation Folter-Berichte aus 141 Ländern gesammelt, sagte die Generalsekretärin von Amnesty Deutschland, Selmin Caliskan, am Montag in Berlin. Dies sei ein erschreckender Befund.

Die Menschenrechtsorganisation startet deshalb eine weltweite Kampagne gegen Misshandlungen in staatlichem Gewahrsam. Schläge, Tritte, das Aufhängen an Händen oder Füßen, Elektroschocks, vorgetäuschte Exekutionen oder Vergewaltigung: "Dieser Alptraum ist Realität für unzählige Gefangene weltweit", sagte Caliskan bei der Vorstellung des Amnesty-Berichts "30 Jahre gebrochene Versprechen".

Konkrete Maßnahmen gefordert

Amnesty fordert von den Regierungen konkrete Maßnahmen zum Schutz vor Folter. Dazu gehöre vor allem der Zugang der Gefangenen zu Anwälten, Ärzten und Angehörigen. Auch die Video-Aufzeichnung der Verhöre, unangemeldete Überprüfungen der Hafteinrichtungen und die medizinische Dokumentation von Folterfällen seien notwendig. Die strafrechtliche Verfolgung mutmaßlicher Folterer müsse sichergestellt sein, erpresste Geständnissen dürften nicht vor Gericht verwendet werden.

Doppelmoral beenden

Die Anti-Folter-Konvention der UN sei von 155 Ländern ratifiziert worden. Aus vielen dieser Staaten seien Folterberichte bekannt. "Die Staaten müssen endlich ihre Doppelmoral beenden", forderte Caliskan.

Teil der "Stop Torture"-Kampagne ist eine weltweite Umfrage im Auftrag von Amnesty durch das Meinungsforschungsinstitut Globescan zum Thema Folter. Befragt wurden mehr als 21.000 Menschen in 21 Ländern zur Situation in ihrem Land. Danach befürchtet beinahe die Hälfte der Befragten (44 Prozent), dass sie nach einer Festnahme in ihrem Heimatland gefoltert würden. In Deutschland wurden zwischen Dezember 2013 und April 2014 insgesamt 1.007 Menschen befragt.

Deutschland: Misshandlungen durch die Polizei

Die überwiegende Mehrheit (82 Prozent) ist der Meinung, dass klare Gesetze zur Bekämpfung von Folter notwendig sind. 78 Prozent der in Deutschland Befragten halten Folter unter keinen Umständen für gerechtfertigt, 19 Prozent stimmten aber der Aussage zu: "Folter ist manchmal nötig und akzeptierbar, um Informationen zu bekommen, die die Bevölkerung schützen können."

Aus Deutschland berichtet Amnesty zwar keine Folterfälle, spricht aber von Misshandlungen durch die Polizei. Dabei müsse von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. Grund sei die Unterfinanzierung der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter.

Gesetze allein schützen nicht vor Folter

Dadurch würden Kontrollen von Hafteinrichtungen verhindert.

Die auf zwei Jahre angelegte Anti-Folter-Kampagne konzentriert sich exemplarisch auf Mexiko, Marokko, Nigeria, Usbekistan und die Philippinen. "In diesen Ländern gibt es zwar Gesetze gegen Folter, aber in der Praxis wird weiter gefoltert", hieß es.


Quelle:
epd