Bestandsaufnahme ein Jahr nach Ende des Gesprächsprozesses

Reden über den Dialog in der Kirche

Vor einem Jahr endete in Würzburg der bundesweite "Gesprächsprozess" zur Zukunft der katholischen Kirche. Eine Tagung in Mülheim an der Ruhr will nun ausloten, wie es weitergehen kann. Der Redebedarf ist weiter hoch.

Autor/in:
Joachim Heinz
Teilnehmer des Dialogprozesses (Archiv) (KNA)
Teilnehmer des Dialogprozesses (Archiv) / ( KNA )

Zufall oder nicht - rund ein Jahr nach Ende des "Gesprächsprozesses" zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland ist sie wieder da: die Debatte um den Zölibat. Anfang der Woche forderte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, über die verpflichtende Ehelosigkeit von Priestern angesichts eines Mangels an Seelsorgern neu nachzudenken. "Wenn es nicht mehr anders geht, dass wir personell in der Seelsorge ausbluten, und wenn es so ist, dass der Zölibat ein Hindernis darstellt, dann muss er, weil weniger wichtig, gelockert werden", sagte er in der Montagsausgabe der "Augsburger Allgemeinen".

Der Direktor des Freiburger Zentrums für Berufungspastoral der Deutschen Bischofskonferenz, Michael Maas, zeigte sich in einem Interview des Portals katholisch.de skeptisch und konterte: Mit einem solchen Schritt packe man das Problem nicht an der Wurzel. "Das kirchliche Leben blüht nicht." In vielen Gottesdiensten seien die "zwei bis drei Messdiener" die einzigen jungen Menschen. "Und wir müssen hoffen, dass sich aus dieser sehr kleinen Gruppe dann noch jemand dazu entscheidet, Priester zu werden", so Maas. "Zuallererst muss also die kirchliche Jugendarbeit, das Glaubensleben in den Familien und damit die Beziehung junger Menschen zu Jesus Christus gestärkt werden."

Austausch des "Gesprächsprozesses" soll fortgesetzt werden

Der aus der Ferne geführte Wortwechsel erinnert an manche Diskussion während des "Gesprächsprozesses", den der damalige Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, 2010 unter dem Eindruck des kurz zuvor bekanntgewordenen Missbrauchsskandals angestoßen hatte. Auf dem letzten Forum der Initiative 2015 in Würzburg bekräftigten die Teilnehmer, den Austausch fortsetzen zu wollen. Wie das aussehen kann, wollen Vertreter des kirchlichen Lebens in Mülheim an der Ruhr am Donnerstag und Freitag erörtern.

Wer dabei auf die Einlassungen zum Zölibat schaut, könnte den Eindruck gewinnen, dass sich seit 2010 nicht viel getan hat. Doch das wäre zu kurz gegriffen. Beispielhaft für bereits in Gang gesetzte Diskussionen und Reformen stehen Änderungen im kirchlichen Arbeitsrecht oder die Positionen der deutschen Bischöfe zum Umgang der Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen, die in die Beratungen der jüngsten Weltbischofssynode in Rom zu Ehe und Familie eingebracht wurden. Auch in die Suche nach neuen Formen von Gemeindeleitung und die Frage, ob die Zusammenlegung zu Großgemeinden der richtige Weg ist, ist neue Bewegung gekommen.

Zu den Ergebnissen des Dialogprozesses gehört die Selbstverpflichtung der Bistümer, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Unisono lobten die Teilnehmer der Dialogforen, dass sich die Atmosphäre zwischen Bischöfen, Priestern und Laien gewandelt habe. Hier entstand vielfach neues Vertrauen - das auch Belastungen wie der Affäre um den Bau des Limburger Bischofshauses standhielt, in deren Folge Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst 2014 zurücktrat.

Baustellen gibt es weiterhin

Dessen künftiger Nachfolger Georg Bätzing, derzeit noch Generalvikar in Trier, wird in Mülheim zugegen sein. Und dort über seine Erfahrungen bei der Organisation der in diesem Jahr beendeten Trierer Bistumssynode berichten - in gewisser Weise ebenfalls eine Frucht des Dialogprozesses. Zu den weiteren Teilnehmern des Treffens in der Katholischen Akademie "Die Wolfsburg" gehören der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck, sein Amtsbruder aus Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, und ZdK-Präsident Sternberg.

Die Zölibatsdebatte zeigt: Baustellen gibt es weiterhin. Dazu meldete sich jetzt sogar die kirchenpolitische Sprecherin der SPD, Kerstin Griese, zu Wort - und schlug gleich einen ganz großen Bogen. "Wer von den islamischen Moscheevereinen und Verbänden verlangt, sich intern nach den Prinzipien unseres Grundgesetzes zu organisieren, darf auch bei der katholischen Kirche Veränderungen einfordern", sagte die Protestantin der "Rheinischen Post" (Dienstag). Sie stellte sich damit hinter den Ruf des ZdK nach Lockerungen bei der Ehelosigkeit von katholischen Geistlichen und der Zulassung von Frauen zum Diakonat.


Quelle:
KNA