Weiblicher Flügel für die Regensburger Domspatzen

Gemeinsam lernen und getrennt singen

Große Änderung bei den weltbekannten Regensburger Domspatzen: Künftig können auch Mädchen das Gymnasium besuchen, zudem ist ein Mädchenchor geplant. Warum die Sängerinnen nicht etwa "Nachtigallen" heißen sollen.

Autor/in:
Christopher Beschnitt und Christoph Renzikowski
Regensburger Domspatzen / © Michael Vogl (Domspatzen)
Regensburger Domspatzen / © Michael Vogl ( Domspatzen )

Das hat kein Vogel vorher von den Dächern gepfiffen, das war eine echte Nachricht: Am Dienstagvormittag haben die weltberühmten Regensburger Domspatzen bekanntgegeben, sich für Mädchen öffnen zu wollen. In den vergangenen Jahren wurde das Thema zwar immer wieder intern besprochen, wie der Stiftungsratsvorsitzende Franz Frühmorgen mitteilte. Doch jetzt sei nach Abschluss der Sanierungsarbeiten im Haus die beste Gelegenheit dafür, so der Domkapitular.

Künftig gibt es einen Mädchenchor

Ab dem Schuljahr 2022/23 sollen also Mädchen das Domspatzengymnasium besuchen dürfen, das bisher Buben vorbehalten ist. Damit nicht genug: Auch einen Mädchenchor soll es unter der Domspatzen-Marke künftig geben. Doch wie soll der Chor heißen, wie soll er auftreten? Und wie geht's weiter für den Knabenchor mit seiner über tausendjährigen Geschichte?

Eine kurzfristig einberaumte Pressekonferenz am Dienstagnachmittag brachte Antworten darauf. Domkapellmeister Christian Heiß stellte zunächst klar: "Die Regensburger Domspatzen, so wie wir sie kennen, bleiben in der tradierten Form erhalten, nämlich als reiner Knabenchor." Sie blieben auch weiter der Domchor und würden wie gehabt auftreten.

Gemeinsame Konzertreisen von Jungen und Mädchen seien erst mal nicht geplant, aber auch nicht für alle Zeiten ausgeschlossen, ergänzte Heiß. Doch Knaben- und Mädchenchöre hätten je einen eigenen Charakter. Und auch wenn es längst schon erfolgreiche Mädchenchöre wie den am Kölner Dom gebe, sei für die rein weiblichen Gesangsgruppen noch Lobbyarbeit nötig.

Zusätzliche Säule der Dommusik

Heiß verdeutlichte, es gehe um eine zusätzliche musikalische Säule der Regensburger Dommusik. Mit der Aufnahme von Mädchen in die Ausbildung könnten viele neue Akzente gesetzt werden. "Nach einer gewissen Aufbauphase wird der neue Mädchenchor höchsten musikalischen Ansprüchen genügen."

Mit der Neuerung wird auch die Tradition des Knabenchors selbst gefestigt, wie Heiß betonte. Immer öfter seien zuletzt gute Sänger nicht ans Gymnasium der Domspatzen gegangen, da sie eine gemischte Schule bevorzugten. Der Besuch des Gymnasiums sei aber Voraussetzung fürs Chor-Engagement. Gleichwohl sei die Existenz des Knabenchors nie gefährdet gewesen. Zwar habe es Jahre des Rückgangs auch wegen der Missbrauchskrise gegeben, aber vor Corona schon wieder einen Aufwärtstrend.

Der Beschluss des Stiftungsrats der Domspatzen ist den Angaben aus Regensburg zufolge einstimmig erfolgt, Domkapitel und Bischof Rudolf Voderholzer unterstützen das Vorhaben demnach einhellig.

Die seit knapp zwei Jahren amtierende Leiterin des Domspatzengymnasiums, Christine Lohse, freut sich darüber sehr, wie sie bei der Pressekonferenz sagte. Zwar sei sie nicht angetreten, um zu rufen: "Ich hol die Mädels." Aber die Besetzung der Schulleitung mit einer Frau und die Zustimmung zum jetzigen Schritt sei vielleicht ein "Zeichen, dass die Kirche weitergeht".

Lohse ergänzte, dies sei "ein Weg in eine Normalität", der den Domspatzen zugutekommen werde. "Die Mädchen werden's bunter machen." Sie sei überzeugt, das neue Angebot werde stark wahrgenommen. Die Öffnung erfolge für alle Jahrgangsstufen zugleich. Zumindest in der Schule werde von Beginn an auch gemischt gesungen.

Von der Schule noch zum Internat: Dessen Direktor Rainer Schinko erklärte, bei entsprechender Nachfrage sei auch die Öffnung seines Hauses für Mädchen denkbar.

Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg

Diese Nachrichten von den Domspatzen folgen auf ein frisches Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg. Dieses hatte im Mai eine Berufung zurückgewiesen. In dem Fall ging es um ein Mädchen, dessen Mutter seine Aufnahme in den nur von Knaben besetzten Staats- und Domchor Berlin einklagen wollte. Der Chorleiter sei berechtigt, Mädchen auszuschließen, wenn sie mit ihrer Stimme nicht dem Klangbild eines Knabenchores entsprächen.

In Regensburg erfolgt derweil ein Aufbruch ohne Juristenkämpfe. Dort bleibt vorerst noch eine Frage offen: Wie soll der neue Mädchenchor heißen? Domkapellmeister Christian Heiß will auf jeden Fall einen Bezug zur Marke Domspatzen sehen. "Es wäre ja Blödsinn, da auf einmal 'Domnachtigallen' einzuführen."


Christian Heiß, neuer Chef bei den Regensburger Domspatzen / © Christian Klenk (KNA)
Christian Heiß, neuer Chef bei den Regensburger Domspatzen / © Christian Klenk ( KNA )

Regensburger Domspatzen auf Tour (Archiv) (KNA)
Regensburger Domspatzen auf Tour (Archiv) / ( KNA )

Gymnasium der Domspatzen in Regensburg / © Armin Weigel (dpa)
Gymnasium der Domspatzen in Regensburg / © Armin Weigel ( dpa )
Quelle:
KNA
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