Warum ein Pfarrer gegen die Corona-Folgen Bier brauen lässt

Keine Schnapsidee

Ludwig Waldmüller ist Pfarrer in Memmingen. Seine Vorgänger wurden früher von den Kreuzherren gestellt, einem Orden, der auch Bier braute. Warum Waldmüller nun ausgerechnet in der Pandemie an diese Tradition anknüpft.

Autor/in:
Christopher Beschnitt
Ludwig Waldmüller mit Kreuzherrnbier / © Christopher Beschnitt/ (KNA)
Ludwig Waldmüller mit Kreuzherrnbier / © Christopher Beschnitt/ ( KNA )

Der Bischof ist schon mal begeistert: "Ich habe es genossen", sagt Bertram Meier auf Nachfrage. "Schön prickelnd", ergänzt der katholische Oberhirte von Augsburg, "wirklich schön prickelnd." Meier spricht von einem neuen Bier, das seit wenigen Tagen in Holzgünz bei Memmingen gebraut wird - dem Kreuzherrnbier.

Die ersten sechs braunen Bügelflaschen davon hat er just bei einem Besuch in der Allgäu-Stadt bekommen, von Dekan Ludwig Waldmüller, von dem der Anstoß zu diesem Getränk stammt.

Motivation mit ernstem Hintergrund

Eine Schnapsidee ist das Kreuzherrnbier nicht, und zwar nicht nur deshalb, weil es bloß 4,7 Volumenprozent Alkohol hat. Nein, Waldmüllers Motivation hat einen ernsten Hintergrund.

"Zwar habe ich schon länger über das Kreuzherrnbier nachgedacht, weil dahinter eine alte Geschichte steht", erzählt der 45-jährige Chef der katholischen Pfarreiengemeinschaft Memmingen. "Aber konkretisiert hat sich die Idee erst jetzt wegen Corona." Denn die Pandemie sorge für Einnahmeausfälle, in der Kirchenkollekte ebenso wie in der Gastronomie. Also habe er sich überlegt, diese alte Geschichte könnte doch für etwas Geldfluss gut sein, und sich an einen ihm bekannten Brauer gewandt.

Was es denn nun mit der Historie auf sich hat? Waldmüller erklärt's: "Bis zu seiner Auflösung 1803 gab es bei uns den Orden der Hospitaliter vom Heiligen Geist, auch Kreuzherren genannt. Die Ordensleute waren gewissermaßen meine Vorgänger, weil sie einst die Pfarrer von Memmingen stellten. Und sie hatten eine eigene Brauerei."

An diese Tradition anzuknüpfen, dafür sei nun die passende Zeit gekommen. "Denn auf diese Weise gibt es Aufmerksamkeit dafür, dass die Pandemie viele Menschen auch in finanzielle Bedrängnis bringt." Außerdem sei doch gerade jetzt jeder dankbar, wenn es zwischendurch auch mal gute Nachrichten gebe. Und die Kirche könne positive Schlagzeilen ohnehin gebrauchen. Noch ein Letztes: Waldmüller will nach eigenem Bekunden auch die Geselligkeit wieder anschieben - "natürlich coronakonform, also zum Beispiel so, dass man sich bei schönem Wetter draußen mit Abstand gegenseitig zuprostet".

Wer das tut, hat dann im Glas nicht etwa etwas Dunkles, Schweres - daran denkt man bei einem Klosterbier ja landläufig. Doch Waldmüller sagt: "Unser Bier ist frisch, leicht und hell." Der Pfarrer bietet noch ein weiteres Adjektiv auf: "Gigantisch!" So sei der Geschmack des Gebräus. "Es hat eine richtig schöne schlanke Hopfennote."

"Herr Max & Frau Hopfen"

Ab sofort ist diese Note im Memminger Pfarrbüro ebenso zu bekommen wie bei "Herr Max & Frau Hopfen". So heißt die Gasthausbrauerei, die das Bier im Schloss Holzgünz produziert, dem ehemaligen Sommersitz der Memminger Kreuzherren. Die dortige Braugeschichte reicht bis ins Jahr 1580 zurück; nach der Säkularisation führten noch bis 1915 Privatleute die Tradition der Ordensleute fort. Nun macht damit "Herr Max & Frau Hopfen" weiter. Die Brauerei verkauft das Bier direkt am Ort und nimmt auch Bestellungen übers Internet entgegen. Der Erlös kommt sowohl ihr als auch der Pfarreiengemeinschaft zugute.

"Obergärig und naturtrüb", zählt Braumeister Max Berchtold die Attribute seiner jüngsten Kreation auf, für die er sich an der alten Chronik der Kreuzherren orientiert hat. Das Bier werde vor allem mit Gerstenmalz gebraut, weil das früher auch die Kreuzherren so gemacht hätten. "Weizenmalz war nämlich dem Adel vorbehalten." Im neuen Kreuzherrnbier sei dennoch etwas Weizenmalz drin. "Weizen rundet den Geschmack ab, macht das Bier samtiger und den Schaum stabiler."

Vom Absatz ist Berchtold schwer begeistert. "Das neue Bier könnte uns zwischenzeitlich kurz ausgehen, so sehr wird es nachgefragt." Aber keine Sorge: "Es wird nachgebraut, und zwar unbefristet."

Künftig könnte es sogar noch mehr Varianten geben als nur die aktuelle in "frisch, leicht und hell". Pfarrer Waldmüller denkt nämlich schon weiter: "Die Leute sind angetan, wir haben schon viele Hundert Flaschen verkauft. Warum sollten wir es also zum Beispiel nicht auch noch mit einem dunklen Kreuzherrn probieren?" Der Bischof würde es bestimmt auch wieder verkosten.


Menschen mit Biergläsern in einer Kneipe / © Thomas Soellner (shutterstock)
Menschen mit Biergläsern in einer Kneipe / © Thomas Soellner ( shutterstock )
Quelle:
KNA
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