Zum 50. Todestag von Rocksängerin Janis Joplin

Das weiße Mädchen, das den Blues sang

Selbstbestimmt und lebensfroh, aber auch zutiefst unsicher: So wurde die Sängerin Janis Joplin beschrieben. Schon früh kämpfte sie gegen ihre Alkohol- und Heroin-Sucht an. Ihr früher Tod verfestigte ihren Status als Ikone.

Autor/in:
Paula Konersmann
Die US-amerikanische Sängerin Janis Joplin (M) (dpa)
Die US-amerikanische Sängerin Janis Joplin (M) / ( dpa )

Eine junge Frau aus gutbürgerlichem Haus, die sich für ein Leben als Bohemienne entscheidet. Eine Sängerin, die nicht wie ein Model aussieht. Eine weiße Musikerin, die Blues-Klassiker covert: All das erscheint heute kaum ungewöhnlich. Als Janis Joplin in den frühen 1960er Jahren ihre Karriere startete, sah die Welt noch etwas anders aus. Im Durchbrechen aller Erwartungen begründet sich Joplins Erfolg, vielleicht aber auch ihre Unsicherheit, ihr Drogenmissbrauch und ihr früher Tod. Er jährt sich am Sonntag zum 50. Mal.

Geboren 1943 im texanischen Port Arthur, las Janis als Kind viel, insbesondere Gedichte, und sang im Kirchenchor. Im Jugendalter entdeckte sie die Folk- und später die Blues-Musik für sich. In der Schule war sie eher unbeliebt, weil sie als nicht sehr hübsch galt. Wer heute Fotos der Musikerin betrachtet, mag über dieses Urteil ihrer Zeitgenossen den Kopf schütteln. Offenkundig bestärkte es aber das verzerrte Selbstbild, das Joplin mit Musikern wie Jim Morrison oder Kurt Cobain gemein hat. Sie alle wurden nur 27 Jahre alt.

Alkohol- und Heroin-Sucht

Ein Kunststudium brach Janis ab, tingelte durch Clubs - mit dem zentralen Ziel, ihre Heimat hinter sich zu lassen. Als Vorbild sah sie die Beatniks um den Schriftsteller Jack Kerouac, deren unkonventionelle, chaotisch-kreative Lebensweise sie faszinierte. 1966 schloss sie sich der Band "Big Brother & the Holding Company" an. Zwei Platten später wünschte sich die junge Frau mehr Professionalität und stellte die "Kozmic Blues Band" zusammen, mit der sie beim legendären Woodstock-Festival spielte.

Die Zusammenarbeit funktionierte allerdings nicht wie erhofft, was teils sicher Joplins Drogenkonsum geschuldet war. Ihre Plattenfirma verhinderte zunächst, dass eine Filmaufnahme aus Woodstock in einer Dokumentation gezeigt wurde, da sie dort alkoholisiert wirkte und ihre Stimme mehrfach versagte. Nach einer Europa-Tournee löste sich die Band Anfang 1970 auf, und Joplin reiste nach Brasilien, um von ihrer Alkohol- und Heroin-Sucht loszukommen.

Häufig mit Amy Winehouse verglichen

Das sollte ihr jedoch nie so ganz gelingen. Musikalisch war sie in ihren letzten Lebensmonaten offenbar zufriedener und feierte mit der "Full Tilt Boogie Band" ihre größten Erfolge, inzwischen als Ikone der Hippie-Bewegung. Warnungen vor ihrem ausschweifenden Lebensstil schlug sie in den Wind. "Ich bin auf dieser Erde, um Party zu machen, so gut ich kann", sagte sie einmal. Schon zwei Jahre vor ihrem Tod zeigten sich Bandkollegen und Freunde besorgt. Joplins Alkoholkonsum beeinträchtige neben ihrer Gesundheit auch die Auftritte, hieß es.

Seit dem frühen Tod von Amy Winehouse 2011 wurden sie und Janis Joplin häufig verglichen: einerseits als Frauen in einer männerdominierten Branche, andererseits im Hinblick auf ihr Wesen. Gefährten beschreiben beide als lebenslustig, hochintelligent und talentiert, aber auch als melancholisch, kindlich und unsicher. Beide scheinen sich dieses Zwiespalts und seiner Gefahren bewusst gewesen zu sein. Im Januar 1970 schrieb Joplin in einem Brief: "Ich habe meinen - uff! - 27. Geburtstag hinter mich gebracht, ohne es wirklich zu fühlen."

Joplin starb drei Tage nach Unterzeichnung ihres Testaments

Zu anderen Gelegenheiten erklärte sie, sie rechne nicht damit, ihren 30. Geburtstag zu erleben. Und manches Mal kokettierte sie mit dem Leben am Abgrund. So fragte sie bei den Produzenten des Likörs "Southern Comfort" an, ob sie nicht ein wenig Geld für die vielen Fotos bekommen könne, die sie mit einer Flasche zeigten - und erhielt tatsächlich 6.000 Dollar.

Am 1. Oktober 1970 unterzeichnete Joplin ihr Testament. Darin verfügte sie unter anderem, dass 200 Freunde zu ihrem Gedenken 1.500 Dollar vertrinken sollten. Zufall oder nicht: Drei Tage später starb sie an einer Überdosis Heroin. Ihr letztes Album "Pearl", das posthum erschien, wurde ein umso größerer Erfolg. Die Sängerin wurde kremiert, ihre Asche über dem Pazifik, nahe ihres letzten Wohnorts, verstreut. Während die Grabstätten anderer Berühmtheiten zu Pilgerstätten werden, ist es bei Janis Joplin die Suite 105 des heutigen "Highland Gardens Hotel" in Hollywood: Der Raum wurde seit ihrem Tod kaum verändert.


Quelle:
KNA