Sonntagsgottesdienst mit Orchestermusikern

Mit Freude musizieren

Kulturschaffende sind von der Corona-Krise in besonderem Maße betroffen. Konzerte sind - wenn überhaupt - nur unter strengen Auflagen möglich. Doch ab Sonntag dürfen Musiker des Gürzenich-Orchesters den Gottesdienst im Kölner Dom unterstützen.

Blick ins Hauptschiff des Kölner Doms während des Karfreitagsgottesdienstes / © Henning Schoon (Kirchenzeitung Koeln)
Blick ins Hauptschiff des Kölner Doms während des Karfreitagsgottesdienstes / © Henning Schoon ( Kirchenzeitung Koeln )

DOMRADIO.DE: So langsam kehren wir in die Normalität zurück, auch der Kölner Dom. Es werden wieder Gottesdienste gefeiert – mit Online-Anmeldung und den mittlerweile bekannten Corona-Sicherheitsmaßnahmen. Das gilt auch für die Gottesdienste am Sonntag um 18.30 Uhr im Kölner Dom. Doch ab Sonntag gibt es ein musikalisches Sahnehäubchen. Drei Musiker des Gürzenich-Orchesters werden auch da sein und den sonntäglichen Abendgottesdienst musikalisch unterstützen. Jörg Steinbrecher, Sie spielen zu Dritt: zwei Mal Fagott, einmal Bassklarinette – eine ungewöhnliche Kombination von Instrumenten. Wie kommt das denn zu Stande?

Jörg Steinbrecher (Fagott / Kontrafagott im Gürzenich-Orchester): Es gab vor zwei Wochen eine Videokonferenz von unserem Orchester, wo Ideen gesammelt wurden: Was kann man tun? Wie beschäftigen wir uns? Ich muss sagen, wir haben ja seit Mitte März im Orchester nicht mehr zusammen musizieren können. Da gab es damals unser letztes Konzert, das haben wir schon Geisterkonzert genannt, weil es schon ohne Publikum war, das wurde nur gestreamt.

Und jetzt sind wir also lange Zeit untätig gewesen und dann kam der Gedanke auf, man könnte ja im Dom etwas machen. Zumal jetzt in den Corona-Zeiten im Dom nicht gesungen werden darf. Da haben wir gesagt, irgendwie sollte Musik doch dabei sein. Und dann hat mein Kollege Thomas Adamsky, der Bassklarinette spielt, Diana Rohnfelder und mich gefragt, ob wir Lust haben da mitzumachen. Und da waren wir sofort dabei.

Ich persönlich - und ich glaube, da spreche ich für alle meine Kollegen - spiele wahnsinnig gerne im Kölner Dom und nutze eigentlich jede Gelegenheit dabei zu sein. Sei es als Orchester oder in Form von Musik-Veranstaltungen, ich versuche immer, die Termine möglich zu machen, weil die Aura und die Atmosphäre im Dom einfach etwas ganz Besonderes sind. Das ist jedes Mal ein Erlebnis, da zu spielen.

DOMRADIO.DE: Aber jetzt ist es nochmal etwas anders, weil alles unter Corona-Bedingungen stattfindet. Was heißt das genau? Spielen Sie mit Abstand, oder wie sieht da die Situation aus?

Steinbrecher: Wir sitzen auf dem Podest - mit Abstand tatsächlich. Wir müssen, wenn wir durch den Dom gehen, auch die Maske aufziehen. Wenn wir spielen, brauchen wir die natürlich nicht. Das geht ja auch gar nicht. Und dann schauen wir mal, wie das ist.

DOMRADIO.DE: Aber Musik ist ein Risikofaktor. Das wird ja immer wieder angesprochen. Gerade beim Singen. Ich würde mir vorstellen, dass es bei Blasmusik auch etwas ist, was man bedenken muss.

Steinbrecher: Es gibt dazu verschiedene Studien mittlerweile. Erst hieß es, vor Blechbläsern zum Beispiel müssen sechs Meter Abstand gehalten werden. Inzwischen gibt es andere Studien, unter anderem eine von der Bundeswehr, die mit Nebel gearbeitet hat, wo um die Instrumente Kunstnebel erzeugt wurden. Und dann haben die geschaut, wie weit fliegen die Tröpfchen oder wie weit wird die Luft bewegt durch die Blasinstrumente. Da hat man festgestellt, das sind so um die 50 Zentimeter. Das ist also nicht ganz so tragisch, wie es anfangs schien.

DOMRADIO.DE: Das ist eine gute Nachricht. Im Dom konnten Sie noch nicht proben. Sie sind mit Ihren Orchesterkollegen hauptsächlich online zusammengekommen in letzter Zeit. Kann man sich da überhaupt auf so ein Konzert richtig vorbereiten?

Steinbrecher: Wir haben für dieses Konzert unter normalen Bedingungen geprobt. Wir spielen nur drei relativ kurze Stücke. Da hätte man sich normalerweise mal ein Stündchen zusammengesetzt, hätte gesagt, okay, das sprechen wir mal ab, spielen das mal durch, dann ist das erledigt.

Doch nach diesen über zwei Monaten Pause haben wir uns in der vergangenen Woche getroffen und wirklich fünfeinhalb Stunden lang zusammengesessen und zusammen gespielt, weil wir einfach so froh waren, dass wir wieder mit echten Menschen zusammen Musik machen dürfen. Wir haben nur eine kurze Kaffeepause mal dazwischen gemacht, aber wirklich fünfeinhalb Stunden einfach nur aus Spaß zusammen musiziert.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR
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