Projekt "Freundschaft fürs Lesen" unterstützt geschlossene Buchläden

"Ohne die Buchhandlungen können Bücher nicht leben"

Die Agentur Literaturtest will Buchhandlungen unterstützen, die wie viele andere Geschäfte in diesen Tagen schließen mussten. Das Projekt heißt "Freundschaft fürs Lesen" und lädt Buchliebhaber ein mitzumachen.

Bücher sind eine besondere Hilfe in schweren Zeiten / © P jii Jane (shutterstock)
Bücher sind eine besondere Hilfe in schweren Zeiten / © P jii Jane ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Viele Buchhandlungen in Deutschland sind geschlossen. Bei Ihnen in Berlin sind sie noch geöffnet, brauchen sie trotzdem Unterstützung?

Mathias Vogt (Geschäftsführer Literaturtest): Alle Buchhandlungen brauchen gerade Unterstützung. Natürlich brauchen auch alle anderen Laden- und Restaurantsbesitzerinnen Unterstützung. Aber die Buchhandlungen brauchen es aus unserer Sicht auch ganz stark.

Ohne die Buchhandlungen können die Bücher nicht leben. Im Moment können die Autorinnen nicht lesen. Das ist eine wichtige Einnahmequelle für die Autorinnen neben ihren Honoraren. Die Verlage haben Schwierigkeiten, Literatur an die Leute zu bringen, deshalb sind die Buchhandlungen so wichtig.

Tatsächlich ist das mit Berlin eine absolute Ausnahme, dass dort Buchhandlungen noch öffnen dürfen. Im gesamten Bundesgebiet mussten die Buchhandlungen leider schließen. Darauf zielt unsere Kampagne, die auch tatsächlich bundesweit angelegt ist.

DOMRADIO.DE: Die Kampagne heißt "Freundschaft fürs Lesen": Wie wird diese Freundschaft gelebt?

Vogt: Wir möchten, dass einerseits die Leserinnen den Impuls bekommen, eine "Freundschaft fürs Lesen" mit den Buchhandlungen zu initiieren, und auf der anderen Seite den Buchhandlungen Ideen und Materialien an die Hand geben, mit denen sie wiederum diese Freundschaft initiieren können. Das heißt, wir haben auf unserer Kampagneseite "Freundschaft fürs Lesen" viele Materialien, die man downloaden kann. Plakate zum Beispiel, die die Buchhandlung, die schon schließen mussten, in ihre Schaufenster hängen können, um so auf die Gutscheinaktionen aufmerksam zu machen.

Umgekehrt können die Leserinnen aber auch zu ihren Lieblingsbuchhändlern und -buchhändlerinnen gehen und sagen: Wir möchten, dass ihr eure Geschäfte wieder aufmacht, wenn es denn wieder möglich ist. Auf dem Weg dorthin wollen wir euch unterstützen, weil euch jetzt die Einnahmen fehlen. Es gibt keine Umsätze, Mitarbeiterinnen mussten in Kurzarbeit gehen. Es ist eine wirklich schwierige Situation.

DOMRADIO.DE: Es geht darum, jetzt schon Geld fließen zu lassen, damit die Buchhandlungen überleben. In welcher Höhe gibt es die Gutscheine und wo bekomme ich sie?

Vogt: Die Buchhandlung initiieren das tatsächlich komplett selbst. Das heißt, Sie greifen unsere Anregung auf. Sie bekommen den Impuls vielleicht durch Medienberichte. Vielleicht hilft da unser Interview dabei. Sie können dann sagen: Okay, ich präsentieren das jetzt meiner Buchhändlerin oder meinem Buchhändler.

Die Situation ist natürlich auch so, dass viele stationäre Buchhandlungen mittlerweile Online-Shops betreiben. Auch da könnten sie die Gutscheine anbieten, können sich aus unseren Grafiken, aus unserem Material bedienen und könnten die Leserinnen und Leser animieren, jetzt Bücher zu kaufen.

Die andere Geschichte ist, den Gutschein dann später einzulösen, wenn die Geschäfte wieder öffnen. Das ist tatsächlich ein Vertrauensvorschuss. Das wäre so ungefähr, wie wenn ich sagen würde, ich gehe zu meinem Lieblingsrestaurant und sage: Ich habe so ein großes Interesse daran, dass du später deinen Laden wieder aufmachen kannst, damit ich wieder bei dir essen gehen kann, dass ich jetzt einen Gutschein kaufe für später.

Auf der Kampagneseite präsentieren wir auch die Buchhandlung, die schon mitmachen. Wir präsentieren dort die Medien, die über die Aktion berichtet haben. Im DOMRADIO.DE-Sendegebiet gibt es zum Beispiel eine kleine Buchhandlung in Oerlinghausen, die auch schon mitmacht und diese Gutscheinaktionen für sich nutzt.

Wir wissen von den Buchhändlerinnen, dass das funktioniert. Die Kampagne ist ja erst vor wenigen Tagen gestartet und wir haben schon die ersten Rückmeldungen, dass sich die Leute aufgrund dieser Aktion im Laden oder über die Internetseite melden und sagen: Ja, da wollen wir mitmachen, wir wollen euch unterstützen.

DOMRADIO.DE: Bücher lesen hilft ja auch, diese Zeit jetzt zu überstehen. Welches Buch lesen Sie denn gerade?

Vogt: Oh, das ist eine gute Frage. Hier in der Agentur haben wir natürlich auch sehr viel mit dieser Situation zu tun und arbeiten wirklich tatsächlich rund um die Uhr und auch am Wochenende. Ich lese gerade von Ingo Schulze "Die rechtschaffenen Mörder". Es gibt ein anderes, fantastisches Buch, was ich mit viel Spaß lese. Das ist eine Kulturgeschichte Italiens mit wirklich ganz tollen Geschichten: "Die Macht der Schönheit". Es gibt ein skurriles Buch, als drittes genannt, eigentlich skurrile kleine Dinge im Stadtraum von dem Architekturhistoriker Lampugnani: "Bedeutsame Belanglosigkeiten". Es geht darum, Dinge in den Vordergrund zu stellen, an denen wir vielleicht sonst achtlos in der Stadt vorbeilaufen: ein Straßenpoller oder ein Straßenschild. So geht es durch die Geschichte und durch ganz Europa. Man kann darüber sehr interessante Geschichten nachlesen. Also ich lese gerade drei Bücher gleichzeitig.

Das Interview führte Heike Sicconi.


Quelle:
DR