Der YouTube-Kanal "Religion zum Frühstück" will Lücke füllen

Zwischen Missionierung und Hass

Religion auf YouTube ist ein Thema für Gläubige - oder für Atheisten. Dazwischen gibt es fast nichts. Diese Entdeckung inspirierte Andrew Mark Henry zu seinem Channel "Religion zum Frühstück". Eine Erfolgsgeschichte.

Frühstück (shutterstock)

Der junge Mann ist ein Wanderer zwischen den Grenzen. "Sie denken vielleicht, dass ich versuche, Sie zu bekehren", nimmt der Religionswissenschaftler potenziellen Kritikern im Trailer zu seinem YouTube-Kanal gleich den Wind aus den Segeln. "Oder vielleicht denken Sie, dass ich versuche, Religion als das Schlimmste aller Zeiten niederzumachen."

Nichts dergleichen ist seine Absicht. Andrew Mark Henry ist der etwas andere Botschafter religiöser Themen. Er will Menschen erreichen, egal ob sie an Gott glauben oder mit Religion auf Kriegsfuß stehen. Das Videoportal YouTube scheint dafür gut geeignet, da es im Allgemeinen wie eine Suchmaschine funktioniert. 

Henry selbst ist Christ - doch sein Anspruch ist, "neutral" über Religionen zu informieren und die Lücke zwischen Missionierung und Hassattacken auf Religionen zu füllen. Das scheint ihm zu gelingen, denn sein YouTube-Kanal "Religion zum Frühstück" erfreut seit Jahren eine immer größer werdende Netzgemeinde.

Vom Islam zum Buddhismus

Henry produziert seit rund fünf Jahren Videos zu klassischen wie leicht kuriosen Themen rund um Religion und Glauben. Die Spannbreite reicht von einer 15-minütigen Einführung in den Islam bis hin zu der These, dass die japanischen Religionen Shintoismus und Buddhismus Pokemon beeinflusst haben.

2018 schauten sich rund 50.000 Abonnenten seine häufig lehrreichen, aber locker präsentierten Clips an, die gelegentlich auch von Lehrern im Unterricht eingesetzt werden. Mitte 2019 wuchs seine YouTube-Gemeinde auf 90.000 User an; inzwischen folgen ihm 113.000 Abonnenten. Pro Monat erzielt Henry 250.000 Abrufe. Sein erfolgreichstes Video schauten sich mehr als 1,3 Millionen Nutzer an.

Nebenbei arbeitet Henry in Boston derzeit an seiner Promotion im Fachbereich Religionswissenschaften. Sein besonderes Interesse gilt dem frühen Christentum, Mitbewohner im akademischen Elfenbeinturm wollte er jedoch nie werden. Schon während seines Studiums entdeckte er die Verbreitungsmöglichkeiten und die Wirkung des Internets. Er ging Kooperationen mit gemeinnützigen, akademischen und staatlichen Organisationen ein und produzierte schon 2017 Videos für das "Religious Freedom Center".

Mit "Sacred Writes", einer Initiative für die Zusammenarbeit mit Medien, die an nuancierteren Inhalten über Religion interessiert sind, fand er einen idealen Partner. Vor allem weil sie Wissenschaftler gewinnen wollen, die sich in einer klaren Sprache an religionsinteressierte Laien wenden. Videos über Rassentrennung in US-Glaubensgemeinschaften oder eine Einführung in indigene Religionen sind daraus entstanden.

Hilfestellung für Lernbegierige

Das Besondere an Henrys YouTube-Initiative ist sein großes Engagement, Religion nicht als Nischenthema für Eingeweihte anzubieten, sondern buchstäblich unters Volk zu bringen und in den Kontext der Gesellschaft zu stellen. "Wo du auch hinschaust, du findest immer ein Einfluss von Religion", sagt er. Henry verkündet in seinen Videos keine letzten Wahrheiten, sondern gibt Hilfestellung für Lernbegierige. Und das immer wissenschaftlich fundiert und witzig in der Präsentation. Es ist sein Markenzeichen: "Religion zum Frühstück" eben.

Die Nachteile des für alle zugänglichen Internets bekommt Henry allerdings auch zu spüren. Das Löschen von Hass-Kommentaren beschäftigt ihn jeden Morgen direkt nach dem Aufstehen. Harmlosere Zeitgenossen werfen ihm entweder vor, den Glauben zu rechtfertigen oder aber die Religion zu zerstören. Schlimmer sind Hassattacken gegen Juden und Muslime.

Seine inzwischen mehr als 100 Videos kann Henry nicht allein über die Werbeeinnahmen von YouTube finanzieren. Einige Hundert Nutzer greifen ihm regelmäßig mit Spenden unter die Arme. Die sind auch nötig, um seine Reisekosten zu Experten und Originalschauplätzen zu decken.


Quelle:
KNA