Ulrich Tukur über seinen Roman "Der Ursprung der Welt"

Die Liebe als göttliches Lebensprinzip

In seinem neuen Roman vibriert das Religiöse. Ulrich Tukur schickt seinen Helden in die Abgründe des Menschseins. Erlösung erfährt er durch die Liebe, die das Einzige sei, was uns rette, sagt der Autor.

Ulrich Tukur / © Arne Dedert (dpa)
Ulrich Tukur / © Arne Dedert ( dpa )

"Ich liebe Kirchenbesuche", sagt Ulrich Tukur im DOMRADIO.DE Interview. Für den Schauspieler und Schriftsteller sind Kirchen spirituelle, ruhige, friedvolle Orte. "Wenn man sich da ins Gestühl setzt und ist alleine, dann muss man nicht einmal beten, aber man betet doch innerlich", sagt er, "man nimmt Kontakt auf zu etwas Größerem, was ganz tief ist und was man sich eigentlich gar nicht, also wissenschaftlich auf jeden Fall nicht erklären kann".

In seinem Roman vibriert das Religiöse

Tukur ist evangelisch hat aber ein katholisches Franziskanergymnasium besucht. "Mich hat immer das Theatralische, das Dramatische der katholischen Kirche viel mehr fasziniert als die doch sehr karge, protestantische Kirche, so rechtschaffen sie ist, aber das war mir zu wenig Theater", sagt Tukur.

Im Franziskanergymnasium habe er eine gute Zeit gehabt. So ist es auch kein Wunder, dass in seinem neuen Roman "Der Ursprung der Welt" viel Religiöses vibriert. Tabernakel, Madonnen und Kirchenkuppeln dienen hier als Kulisse. Der Autor Tukur blickt in seinem Buch tief in den Brunnen der Vergangenheit. Er schickt seinen jungen Romanhelden auf die Reise in eine andere, vergangene Welt. Paul Goullet ist ein Mensch ohne Emotionen. Mit sechs Jahren hat er seine Mutter verloren. Sie hat sich umgebracht. Zudem trägt Goullet an einer düsteren Familiengeschichte. Erlösung erfährt er allein durch die Liebe.

Frieden und Demokratie sind zerbrechlich

Der Autor Tukur bezeichnet sich selbst als spirituell. "Ich glaube, dass die Liebe das göttliche Prinzip in unserem Leben ist", sagt er. "Die Liebe ist das Einzige, was uns rettet. Das Helle, das dem Leben zugewandte, das Höfliche". Das sei doch auch die Lehre von Jesus Christus, ist der Autor überzeugt.

Tukurs Roman spielt in der Zukunft, im Jahr 2033. In Deutschland herrscht Chaos. Frankreich verwandelt sich gerade in einen Überwachungsstaat. Ganz real schildert der Autor, wie zerbrechlich auch unsere Demokratie ist und unser Frieden. "Wir haben 75 Jahre Frieden in unserem Land erlebt. Das ist enorm", sagt Tukur.

"Wir haben jetzt Generationen, die mit einem Land leben, mit dem sie nicht mehr das verbinden, was die Generationen vorher mit diesem Land verbunden haben. Das sind alles Werte, die aus der Apokalypse des zweiten Weltkriegs entstanden sind und davor. Wenn diese Wertesysteme nicht mehr lebendig sind und wenn nicht mehr wertgeschätzt wird, wie unglaublich toll eine Demokratie ist und wie schnell sie auch vergehen kann – das haben wir doch 1933 gesehen – dann laufen wir Gefahr, es zu verlieren".

Ulrich Tukur geht in seinem packenden Roman dem Menschsein auf den Grund, in all seiner Widersprüchlichkeit und Ambivalenz. "Gut und Böse, Licht und Schatten, Hass und Liebe, das alles spielt in dem Buch eine riesige Rolle", sagt er, "und das hat ja alles sehr viel mit unseren Sehnsüchten nach Halt zu tun. Dem entspringt natürlich auch der religiöse Glaube, der Glaube an einen tieferen Sinn, an etwas, was unsere Existenz sinnhaft macht".


Ulrich Tukur im Gespräch mit DOMRADIO.DE / © privat (DR)
Ulrich Tukur im Gespräch mit DOMRADIO.DE / © privat ( DR )
Quelle:
DR