Zum 70. Geburtstag von Rockmusiker Bruce Springsteen

Musikalischer Chronist des modernen Amerika

Sein wohl bekanntestes Lied wird noch immer häufig missverstanden: "Born in the USA" von Bruce Springsteen ist keine platt-patriotische Stadionhymne. An diesem Montag wird der Musiker mit katholischen Wurzeln 70 Jahre alt.

Autor/in:
Paula Konersmann
Bruce Springsteen / © J.P.Gandul (dpa)
Bruce Springsteen / © J.P.Gandul ( dpa )

Star-Fotografin Annie Leibovitz machte dieses Foto: die Rückansicht eines Mannes mit kräftigen Armen, in weißem Shirt und Bluejeans, aus der Hintertasche ragt ein rotes Basecap. Lässig und hemdsärmelig wirkt er, und vor allem: amerikanisch. Das Plattencover von "Born in the USA" erlangte ab 1984 schnell Kultstatus. Neun Jahre nach seinem Durchbruch festigte Bruce Springsteen mit dem gleichnamigen Song seinen Status als König des "Heartland Rock". Das Werk des Musikers, der am Montag 70 Jahre alt wird, ist allerdings wesentlich vielschichtiger.

Geprägt vom strengen Katholizismus seiner Mutter

Geboren 1949 in New Jersey, war die Welt seiner Kindheit geprägt vom strengen Katholizismus seiner Mutter und dem Arbeiterethos seines Vaters. Springsteen besuchte eine von Franziskanerinnen geleitete Schule und fühlte sich dort, wie er später erzählte, als Außenseiter.

Daraus sollte sich eine Skepsis gegenüber organisierter Religion entwickeln. Andererseits erklärte Springsteen auch, Gottesdienste seien der Ort gewesen, an dem er erstmals Musik gehört habe.

Als Teenager entdeckte er die Rockmusik für sich - auch als Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen. In seinem Song "No Surrender" heißt es: "We learned more from a three minute record than we ever learned in school" - "Wir haben von einer dreiminütigen Aufnahme mehr gelernt als jemals in der Schule". 1965 trat er seiner ersten Band bei, 1972 nahm er sein erstes Album auf. Drei Jahre später stellte sich mit "Born to Run" auch der kommerzielle Erfolg für den "Boss" ein.

Stets politisch engagiert

Springsteen gehört zu jenen Musikern, die sich neben ihrer künstlerischen Karriere stets politisch engagierten. Er beteiligte sich an Konzerten gegen Atomkraft und Benefiz-Touren für Amnesty International. Sein größter Live-Auftritt fand 1988 vor 160.000 Menschen im Osten des noch geteilten Berlin statt, 1994 erhielt er einen Oscar für "Streets of Philadelphia", den Titelsong zum ersten Hollywood-Film, der sich kritisch mit dem gesellschaftlichen Umgang mit aidskranken Menschen befasste.

Gescheiterte und gebrochene Figuren stehen im Mittelpunkt vieler Springsteen-Songs. Immer wieder griff er auch konkrete Ereignisse auf, etwa in "American Skin (41 Shots)" den Fall des Immigranten Amadou Diallo, der 1999 von Polizisten erschossen wurde. Das Album "The Rising" entstand unter dem Eindruck der Anschläge vom 11. September 2001; auf der dazugehörigen Tour kritisierte der Superstar den Irak-Krieg von Präsident George W. Bush. Er sei dann am besten, wenn er eine Verbindung zu dem habe, was in der Welt geschehe, erklärte der Musiker einmal.

Religiöse Themen aufgegriffen

Das betrifft auch religiöse Themen: In manchen Stücken finden sich kraftvolle, bisweilen alttestamentarische Bilder, andere haben Anklänge an Gospelmusik. Zu seinem Glauben äußerte Springsteen sich allerdings meist zurückhaltend. Er habe eine "persönliche Beziehung" zu Jesus, schreibt er in seiner 2016 veröffentlichten Autobiografie.

"Ich glaube zutiefst an seine Liebe, seine Kraft, zu retten - aber nicht zu verdammen." In dem Buch thematisierte Springsteen auch seine Depressionen in ungewöhnlich offener Form.

Anerkennung findet der Musiker, der als Chronist des modernen Amerika gilt, jenseits von unzähligen Auszeichnungen und einer weltweiten Fangemeinde auch von weniger erwartbarer Seite: Im Juni druckte die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" auf der Titelseite - anstelle des Herausgeberkommentars - die Zeilen seines Songs "Matamoros Banks" über einen sterbenden Immigranten. Anlass des Abdrucks war der Tod von Oscar Martinez Ramirez, der mit seiner kleinen Tochter am Rio Grande ertrunken war.

Nicht weniger legendär als das Albumcover von "Born in the USA" ist das von "Born to Run". Zunächst ist Springsteen darauf allein zu sehen, angelehnt an den Rücken einer anderen Person. Wer das Cover aufklappt, sieht den schwarzen Saxophonisten Clarence Clemons, Mitglied von Springsteens legendärer E-Street-Band. Ein frühes Statement gegen Rassismus - und das Bekenntnis, dass der größte Star nicht alleine strahlen kann. Er sehe sich selbst nicht als Idol, erklärte Springsteen damals. Seine "Jungs" spielten jeden Abend, als ginge es um Leben und Tod: "Weil es ihnen etwas bedeutet. Es ist der Grund zu leben."


Quelle:
KNA