Carsten Schmalstieg über seinen Traumberuf in der Kirche

Ein Kunsthistoriker mit besonderer Aufgabe

Kirche ist ein großer Arbeitgeber und beschäftigt neben Priestern die verschiedensten Berufsgruppen: Musiker, Architekten, Betriebswirte, Kunsthistoriker. Auch Carsten Schmalstieg hat seinen Traumberuf in der Kirche gefunden. Welchen denn?

Altarschellen gehören zum Inventar einer Kirchengemeinde / © Wolfgang Zwanzger (shutterstock)
Altarschellen gehören zum Inventar einer Kirchengemeinde / © Wolfgang Zwanzger ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie inventarisieren die historische Ausstattung in Gemeinden des Erzbistums Köln. Und das ist ein Beruf, der tatsächlich wie für Sie geschaffen ist, oder?

Carsten Schmalstieg (Kunsthistoriker): Das kann man so sagen. Ich bin da schon sehr affin, Kirchen haben mich seit meiner Kindheit fasziniert, deshalb auch ein einschlägiges Studium der Kunstgeschichte. Und dann habe ich mich über 20 Jahre lang als Kunstvermittler mit Kirchen, mit ihrer Architektur, aber auch mit ihrer Ausstattung befassen dürfen.

DOMRADIO.DE: Können Sie sagen, bei welcher Ausstattung Ihr Herz am schnellsten klopft?

Schmalstieg: Oh, das ist ganz unterschiedlich. Das sind manchmal ganz unscheinbare Dinge: ein schönes originell gestaltetes Gewand oder ein Fragment, zum Beispiel eine Fensterscheibe, wo niemand mehr weiß wo sie hingehört. Und für mich ist es dann ein großes Glück, wenn ich herausfinden kann, wo die eigentlich hingehört.

DOMRADIO.DE: Und die Gemeinden sind ja tatsächlich verpflichtet, diese Dokumentation in ihrer Kirche durchzuführen. Wieso genau macht man das überhaupt, die Ausstattung der Kirche zu inventarisieren?

Schmalstieg: Das geht auf das Kirchenrecht zurück, das fordert, dass jede Gemeinde auf der ganzen Welt so ein Inventar anlegen muss. Und das wäre für die Gemeinden natürlich ein Riesenaufwand, die haben ja nicht immer einen Kunsthistoriker vor Ort. Und deshalb hat das Erzbistum Köln das für seine Diözese zentral übernommen und wird das jetzt in den folgenden viereinhalb Jahren durchführen.

DOMRADIO.DE: Wie offen sind denn die Gemeinden? Wie werden Sie empfangen, wenn Sie da vor der Tür stehen?

Schmalstieg: Der Empfang ist immer wohlwollend. Ich habe bisher jedenfalls noch nichts anderes erlebt. Und wir kommen ja auch nicht unangemeldet, wir teilen das den Gemeinden vorher mit. Und die sind immer sehr gut vorbereitet, das ist eine Freude.

DOMRADIO.DE: Und dann ist da ja alles dabei, was Sie sich da anschauen: vom Messkännchen bis zur Altarschelle. Finden Sie da manchmal auch Schätze, mit denen Sie so nicht gerechnet haben?

Schmalstieg: Man muss den Begriff Schatz natürlich ganz anders fassen, als man das in der Umgangssprache tut. Man darf eben nicht nur an Edelmetalle denken, denn die Bedeutung der Gegenstände ist ja oft auch örtlich bedingt oder individuell. Da gibt es dann zum Beispiel eine wunderbare alte Prozessionsfahne, die zu einem Ort Bezug nimmt, zu einem Ereignis oder zu einer Gruppierung dort, das ist ganz unterschiedlich.

DOMRADIO.DE: Wenn es um Reliquiare, um Monstranzen geht, ist da auch manchmal Wertvolles dabei?

Schmalstieg: Da ist auch Wertvolles dabei und wir sichten das und können auch gleichzeitig Schäden feststellen und auch herausfinden, wo der jeweilige Gegenstand entstanden ist oder auch wer so etwas hergestellt hat.

DOMRADIO.DE: Ist das Ihr Traumberuf, den sie da jetzt haben?

Schmalstieg: Ja. Als ich 2018 die Stellenausschreibung gelesen habe, war ich sofort elektrisiert. Und ich habe interessanterweise von guten Freunden zeitgleich Nachrichten bekommen, Mails bekommen, mit dieser Stellenausschreibung mit der Aufforderung "Das ist doch was für dich, mach das doch", und da war ich schon längst dabei, mich zu bewerben.

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR