In Herrenstrunden entsteht eine neue Kulturkirche

"Wir wollen, dass unsere Kirche weiter lebt"

Im Sommer bietet das Gemäuer wohltuende Kühle. Aber im Winter finden die Gemeindemessen in der größeren und helleren Eikamper Schwesterkirche statt. Für den vorübergehenden Leerstand von St. Johannes der Täufer gibt es eine neue Idee.

St. Johannes der Täufer in Herrenstrunden ist nun Kulturkirche / © Markus Bollen (privat)
St. Johannes der Täufer in Herrenstrunden ist nun Kulturkirche / © Markus Bollen ( privat )

Impressionen

Noch am vergangenen Samstag hat in dem bergischen Kleinod im Strundetal eine romantische Hochzeit stattgefunden. Auch für Tauffeiern bietet St. Johannes der Täufer, die Pfarrkirche von Herrenstrunden, regelmäßig eine willkommene Kulisse. Aber nicht nur der Historie halber, die bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht, oder wegen ihrer recht überschaubaren Ausmaße ist dieser Sakralraum für viele Menschen, die sich dort auch heute noch bewusst den kirchlichen Segen holen, so attraktiv. Die kleine Saalkirche – auf der Anhöhe und doch unmittelbar an der Straße gelegen – atmet Spiritualität. Das jedenfalls finden die Gemeindemitglieder am Ort. Sie lieben einfach ihr Kirchlein, in dem sie selbst zur Erstkommunion gegangen sind, Messdiener waren, geheiratet oder ihre Kinder über das Taufbacken gehalten haben. Die Menschen, die im Strundetal leben und seit Jahrzehnten zur heutigen Kirchengemeinde St. Joseph und St. Antonius mit ihren sechs Kirchen gehören – wozu eben auch St. Johannes der Täufer zählt – verbinden viele emotionale Erinnerungen mit diesem einzigartigen Gotteshaus an der Peripherie von Bergisch Gladbach.

Trotzdem treibt sie seit einigen Jahren um – 2011 wurde der eigenständige Pfarrverband Lerbach/Strunde aufgelöst – wie die Herrenstrundener Pfarrkirche dauerhaft mit Leben gefüllt werden kann. Denn seit geraumer Zeit, so erklärt Pastoralreferent Stephan Zinnecker, gebe es die Regelung, sie vorrangig nur noch in den Sommermonaten zu nutzen, wenn die Eikamper Schwesterkirche – ein moderner großer Kubus mit viel Glas – wegen der sich dann stauenden Hitze die Sonntagsgottesdienste mitunter unerträglich mache. "Von Mai bis September ist es dagegen hier, in den alten Mauern, sehr angenehm. Dafür wechseln wir von Oktober bis April wieder nach Eikamp. In dieser Zeit finden dann in der Herrenstrundener Kirche nur vereinzelt Messen statt."

Alle zur Planung an einen Tisch geholt

Das klimabedingte Umschwenkungen zwischen zwei Alternativen hört sich eigentlich nach einem schlüssigen Konzept an. Doch wie mit dem fast halbjährigen Leerstand in den kalten Monaten umgehen, wenn außer Wanderern unter der Woche kaum jemand Station in der Kirche am Wegesrand macht und die Eucharistie dann hier eben nur selten gefeiert wird? "Vor vier Jahren haben wir alle, die bei einer Neuausrichtung mitreden wollten, mal an einen Tisch geholt", erklärt Zinnecker. Da hätten sogar Fragen nach einer Umnutzung bis hin zur Schließung der Kirche im Raum gestanden. Zum Glück sei dann die zündende Idee, aus St. Johannes der Täufer eine Kulturkirche zu machen, aus den Reihen der Ehrenamtler in Herrenstrunden gekommen; ein Vorhaben, das in der Gemeinde mit Begeisterung aufgenommen worden sei und sich dann nach und nach weiterentwickelt habe.

"Wir wollten halt Kultur in die Kirche holen und diesen uns so wichtigen Raum auch jenseits seiner liturgischen Nutzung weiterhin für die Menschen offen halten", unterstreicht Susanne Filz, die Vorsitzende des Ortsausschusses. "Denn wir wollen, dass unsere Kirche lebt: wenn nicht mehr ausschließlich als liturgischer Raum, dann eben zusätzlich als Veranstaltungsraum mit Impulsen, die auch Kirchenfernstehende ansprechen sollen." Auch Gabi Berghaus, Pfarrsekretärin und ebenfalls Mitglied in diesem Gremium, stellt das Thema Lebendigkeit heraus. Überhaupt verständigen sich alle an dem neuen Nutzungskonzept Beteiligten – als wichtiger Partner vor allem auch Elmar Funken, Leiter des Katholischen Bildungswerkes Rheinisch-Bergischer Kreis – auf diesen Begriff, der nahe legt, dass in Herrenstrunden nichts zuende geht, sondern etwas Neues aufbricht.

Nicht Kultur um des Events willen

"Noch stehen wir ganz am Anfang; trotzdem haben wir es geschafft, bis einschließlich nächstes Frühjahr ein ansprechendes Kulturprogramm zusammenzustellen", sagt Funken, der sich von der Eigeninitiative der Gemeinde sehr beeindruckt zeigt. "Hier entsteht etwas aus einer Bewegung an der Basis, weil Menschen ihre Kirche nicht aufgeben wollen. Das ist schon toll!" Der Bildungsexperte legt Wert darauf, dass das, was demnächst im Kircheninneren angeboten wird, auch zum Raum und seiner ursprünglichen Bestimmung passt. Es gehe nicht um Kultur um des Events willen – darin ist er sich mit den Vertreterinnen des Ortsausschusses einig. Vielmehr betont er: "Unser Programm berührt existenzielle Fragen. Und diese Kulturkirche soll zu einem Ort werden, an dem wir den Menschen eine Idee von Transzendenz vermitteln." Trotzdem solle es keine Festschreibungen oder Verordnungen von oben herab geben. Offenheit und Kreativität mit Sinn für Überraschungen gehörten zur Experimentierfreude nun mal dazu. Letztlich stimmten auch die äußeren Rahmenbedingungen. "Diese schöne Dorfkirche liegt an einer Durchgangsstraße mit einem großen Parkplatz. Hier kann es nicht so schnell zu Engpässen kommen. Und ihre Beschaulichkeit lädt auch Besucher zum Verweilen ein, die nicht unbedingt eng mit Kirche verbunden sind."

Startschuss fällt mit Ausstellung

Ob die neue Idee aufgeht, kann schon am kommenden Wochenende getestet werden. Dann soll im Rahmen des Strundetal-Festes offiziell der Startschuss zur neuen Kulturkirche fallen: mit einer Ausstellung des Bensberger Fotografen Markus Bollen und der Rösrather Objektkünstlerin Beatrix Rey unter dem Motto "Wunder in der Kirche". Während Bollen analog erstellte Fotografien als großformatige Pigmentdrucke auf Bütten zeigt, hat sich Rey für Skulpturen aus Naturmaterialien entschieden, die sie als bearbeitete Fundstücke und Schwemmgut aus dem Rhein deklariert. Mit einer Ausnahme. Ihre Installation "Geborgenheit", ein Kunstwerk aus handgefilzten Streifen, in die feine Äste und Federn eingearbeitet sind, schwebt, an Fäden aufgehangen, als begehbarer "Raum im Raum" – zwischen Beichtstuhl und Muttergottes – in einem sonnendurchfluteten Lichtkegel. "Wir alle brauchen in der heutigen Zeit einen geborgenen Raum, in dem man in sich geht, zu sich selbst findet, mal runter kommt und still wird", erläutert Rey ihr Kunstwerk – und bringt dabei ganz nebenbei auf den Punkt, was auch eine Kulturkirche eigentlich will.


 

Die Kulturkirche Herrenstrunden ist in Teamarbeit und an der Basis entstanden - mit Elmar Funken (rechts) als Partner vom örtlichen Katholischen Bildungswerk.  / © Tomasetti (DR)
Die Kulturkirche Herrenstrunden ist in Teamarbeit und an der Basis entstanden - mit Elmar Funken (rechts) als Partner vom örtlichen Katholischen Bildungswerk. / © Tomasetti ( DR )


 

Die Künstlerin Beatrix Rey erklärt ihr Kunstwerk "Seelensucher". / © Tomasetti (DR)
Die Künstlerin Beatrix Rey erklärt ihr Kunstwerk "Seelensucher". / © Tomasetti ( DR )


 

Für Markus Bollen ist es bereits die zweite Ausstellung in St. Johannes der Täufer. / © Tomasetti (DR)
Für Markus Bollen ist es bereits die zweite Ausstellung in St. Johannes der Täufer. / © Tomasetti ( DR )


 

Die Pflanzenmotive der Fotografien von Markus Bollen stehen in Korrespondenz zu den Objekten aus Naturmaterialien von Beatrix Rey. / © Tomasetti (DR)
Die Pflanzenmotive der Fotografien von Markus Bollen stehen in Korrespondenz zu den Objekten aus Naturmaterialien von Beatrix Rey. / © Tomasetti ( DR )


 

"Urgestein" hat die Künstlerin Beatrix Rey dieses Wurzelstück genannt. / © Tomasetti (DR)
"Urgestein" hat die Künstlerin Beatrix Rey dieses Wurzelstück genannt. / © Tomasetti ( DR )


 

"Geborgenheit" heißt diese Installation von Beatrix Rey, die den Eyecatcher der Ausstellung "Wunder in der Kirche" bildet. / © Tomasetti (DR)
"Geborgenheit" heißt diese Installation von Beatrix Rey, die den Eyecatcher der Ausstellung "Wunder in der Kirche" bildet. / © Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR