Jesuitensammlung im Kölner Museum Wallraf

Es geht um Emotionen

Zum ersten Mal zeigt das Kölner Museum Wallraf eine Auswahl von neunzig Bildern aus seiner Jesuitensammlung. Sie sind ein eindrucksvolles Zeugnis jesuitischer Frömmigkeit und Pädagogik.

Autor/in:
Birgitt Schippers
Hans Friedrich Schorer, Tanzende Kinder, Graphische Sammlung, Wallraf-Richartz-Museum (WRM)
Hans Friedrich Schorer, Tanzende Kinder, Graphische Sammlung, Wallraf-Richartz-Museum / ( WRM )

Die Kölner Jesuiten haben sich im 16. Jahrhundert auf den Weg gemacht, um Zeichnungen von Künstlern aus ganz Europa für ihr Dreikönigsgymnasium in Köln zu erwerben. Die künstlerische Qualität der Zeichnungen war für sie ein hoher Wert, sagt Stephan Kessler, Jesuitenpater der Kölner Gemeinde St. Peter. Doch es ging den Jesuiten nicht in erster Linie darum, eine kostbare Kunstsammlung aufzubauen, sondern diese Zeichnungen waren als Lehr- und Anschauungsmittel für ihre Schüler gedacht.

Fromme und weltliche Zeichnungen

Überraschenderweise haben die Kölner Jesuiten zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert nicht nur religiöse Zeichnungen gesammelt. Neben Bildern mit biblischen Motiven oder Darstellungen von Monstranzen und Heiligen wurden auch Landschaftsbilder, antike mythologische Motive bis hin zu Freundschaftsalben reicher Leute erworben. Diese breit angelegte Sammlung an Zeichnungen folgte dem spirituellen Weg des Ordensgründers Ignatius von Loyola: "In allem Gott finden."

Jesuitische Frömmigkeit …

Bilder stehen ganz im Zentrum jesuitischer Frömmigkeit, so Pater Kessler: "Man muss die Menschen durch Bilder bewegen, um sie zu lehren. Die Bilder sind wie Sprechhilfen, große Emotionen ins Wort zu bringen, um sich ein eigenes Bild zu machen – und dann als weltlich oder religiös gebildeter Mensch mit größerer Freiheit herauszugehen." So offenbart in der Ausstellung die 'Opferung von Isaak' von Daniel Lindtmayer aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts nicht nur die Dramatik der biblischen Geschichte, sondern ermutigt den Betrachter auch, das eigene Gewissen zu bilden. Durch Darstellungen von Freude und Leid werden die Menschen unmittelbar dazu bewegt, über die eigene Existenz nachzudenken.

und Pädagogik

Die Jesuiten verfolgten bei der Verwendung der Zeichnungen ein modernes pädagogisches Prinzip, so Kessler. Indem sie die Bilder zeitgenössischer Künstler genau studieren und dadurch lernen, wie diese die großen Themen des Menschseins umsetzen, können sie sich einen eigenen Standpunkt erarbeiten und individuelle Bildwelten schaffen. Dies diente nicht zuletzt auch der Bildung der Persönlichkeit.

Bewegte Geschichte der Jesuitensammlung

Mit der Auflösung des Jesuitenordens 1773 durch Papst Clemens XIV begann für die umfangreiche Jesuitensammlung, zu der auch naturwissenschaftliche Exponate gehörten, eine Odyssee. In den Wirren der Französischen Revolution kam sie nach Paris und wurde auf mehrere Museen verteilt. Nach der Neuordnung Europas 1815 konnte ein Teil der Sammlung wieder nach Köln geholt werden. Dank des Gymnasial- und Stiftungsfonds wurde sie 1880 in das Kölner Museum Wallraf aufgenommen und bildete zusammen mit der Zeichnungssammlung von Ferdinand Franz Wallraf den Grundstock für die Graphische Sammlung des Museums.

Für Pater Kessler vermittelt die Jesuitensammlung auch heute noch einen wichtigen Impuls im Umgang mit der Kunst: „Gott spricht zu uns auch heute durch die zeitgenössische Kunst, denn in ihr ist eine die Wirklichkeit übersteigende Dimension, die im Alltag so nicht drin ist.“

Hinweis:

Die Ausstellung Wir - Glauben - Kunst: Meisterzeichnungen aus der Kölner Jesuiten-Sammlung ist noch bis zum 18. August im Kölner Wallraf-Richartz-Museum zu sehen.


Landschaft mir Ziegenherde, Graphische Sammlung, Wallraf-Richartz-Museum (WRM)
Landschaft mir Ziegenherde, Graphische Sammlung, Wallraf-Richartz-Museum / ( WRM )
Quelle:
DR