Jan Wagner über "Regentonnenvariationen“ und über Gedichte und Gebete

„Ein Gedicht schafft eine ganz kleine Ewigkeit“

"Ein Gedicht ist die größtmögliche Freiheit auf engstem Raum“, sagt Jan Wagner. Mit seinen "Regentonnenvariationen“ hat er in diesem Frühjahr den Preis der Leipziger Buchmesse gewonnen. Im domradio spricht er über Gedichte, die die Welt verwandeln, und über die Ähnlichkeit zwischen einem Gedicht und einem Gebet.

Jan Wagner / © Villa Massimo/Alberto Novelli
Jan Wagner / © Villa Massimo/Alberto Novelli

"Die Schönheit eines Gedichts kann trösten“, sagt Jan Wagner: "Der kleine Raum eines Gedichts ist ein Raum voller Möglichkeiten, die einem die Gewissheit geben, dass sich immer neue Wege auftun können.“ Denn ein Gedicht sei eine kleine Kapsel voller Anarchie und Wildheit, sagt der Autor. Und wie bei einem Gebet reflektiere der Leser eines Gedichts in aller Stille auch über sich selbst und über sein Leben. Jan Wagner spricht von Parallelen zwischen Gebeten und Gedichten. "Allerdings muß man beileibe nicht religiös sein, um ein Gedicht zu schreiben", sagt Wagner: "Man muss aber ein feines Gespür haben, ein Sensorium für die Fragen, die uns umtreiben, für alle menschlichen Fragen und dazu gehören auch die metaphysischen und die letzten Fragen – natürlich“.

Über den Preis der Leipziger Buchmesse für sein Buch "Regentonnenvariationen“ hat sich Wagner auch deswegen besonders gefreut, weil dieser Preis erneut zeige, dass Gedichte uns alle angehen. "Lyrik kann zum Leben der Leser beitragen und ist nicht etwas aus einer längst vergangenen Epoche“, sagt der Autor. Ein Gedicht verführe zum Staunen über die Welt, es halte die Zeit an, es sprenge Raum und Konventionen, es schaffe eine ganz kleine Ewigkeit. "Ein Gedicht ist die größtmögliche Freiheit auf engstem Raum“, sagt Wagner.