Kölner Ausstellung zeigt beeindruckende Bilder von Flüchtlingskindern

"Schau mir in die Augen, Kleines..."

Porträt-Fotos aus einem Flüchtlingslager in Jordanien stehen neben Bildern, die Kinder in einer Aachener Flüchtlings-Erstaufnahmestelle gemalt haben. Die Schau "Eye Contact" wirbt dafür, in Geflüchteten unsere Nächsten zu erkennen.

Autor/in:
Hilde Regeniter
Schau "Eye Contact" / © Manar Bilal (privat)
Schau "Eye Contact" / © Manar Bilal ( privat )

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Sie blicken den Betrachter direkt und aus wachen Augen an: Die Mädchen und Jungen, die der Fotograf Manar Bilal auf seinen Bildern festgehalten hat. Selbst vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen, fand er eine neue Heimat in Frankreich und engagierte sich bald für unterschiedliche Hilfswerke. In Zaatari in Jordanien, einem der größten Flüchtlingslager der Welt, arbeitete er mit geflüchteten syrischen Kindern. Sie sind die Protagonisten auf seinen Porträts.

Mit Unbehagen, erzählt Manar Bilal, habe er erlebt, wie Journalisten in Zaatari auf Bilderjagd für gute Geschichten zur Flüchtlingskrise gingen. Sie lichteten die Leute ab und verkauften die Stories. "Da dachte ich: ‚Ich will auch Fotos machen, aber keine kommerziellen. Ich will Fotos machen von den Kindern für die Kinder. Und so habe ich Aufnahmen gemacht, sie ausgedruckt und den Kindern geschenkt."

Kinder im Mittelpunkt

Da ist der kleine Schwarzhaarige im Superman-Shirt, der die Finger zum Victory-Zeichen in die Luft streckt; Ali springt mit grünen Gummistiefeln über eine Pfütze; das Mädchen im Kunst-Leopardenfell-Jäckchen tollt ausgelassen über den Sand. Manche dieser Momentaufnahmen kommen ganz ohne Hinweis darauf aus, wo sie entstanden sind. In anderen spiegeln Zelte und Zäune im Hintergrund die Lagerwirklichkeit. Was sie alle vereint: "Ich wollte zeigen, wie diese Kinder auch hier glücklich sind, wie sie alles um sich herum vergessen. Weil auch im Lager die Zeit nicht stehen bleibt, weil das Leben weitergeht."

Genau darum ging es auch den Machern der Ausstellung "Eye Contact", die noch bis Ende Mai in der Halle der Alten Feuerwache in Köln läuft und die von der Aktion "Neue Nachbarn" des Erzbistums Köln gefördert wird: Dass die Kinder im Mittelpunkt stehen. Sie und ihr Mit-Kurator Jabbar Abdullah, so formuliert es Mirjam Knapp, wollten dafür Raum schaffen, "dass die Besucher diesen Kindern begegnen, sich berühren lassen von ihrem Lächeln und  ihrem Optimismus."

Deutsche Flagge als Motiv

Schöne Bilder also, die ein Fotograf allen Widrigkeiten zum Trotz in einem Flüchtlingslager in Jordanien von Kindern gemacht hat – sie bilden den einen Teil der Ausstellung. Der andere Teil sind Bilder, die Kinder im so genannten Flüchtlingssommer 2015 in einer Erstaufnahmestelle in Aachen gemalt  haben, betreut vom irakischstämmigen Künstler Mohammad Ahmad.

Über 100 Kindern unterschiedlicher Herkunft waren damals bei der Kunstaktion dabei und hielten mit Wasserfarben auf Zeichenblock ihre ersten Eindrücke fest. Zu Beginn, hat Ahmad beobachtet,  malten auffällig viele die deutsche Flagge: "Nach den Strapazen der Flucht war Deutschland für sie die Rettung. Das haben sie im Schwarz-Rot-Gold ausgedrückt." Dann tauchten andere Motive auf den Bildern auf – Menschen, Natur, Alltägliches. Immer wieder blitzen in den Darstellungen aber auch beängstigende Fluchterfahrungen auf – manchmal abstrakt in tiefschwarzem Dunkel oder aber ganz unverhohlen figürlich in einem Nussschalen-Boot, das übers Wasser schaukelt.

Schönes trotz Tragik

Ein Junge aus Syrien, erinnert sich Ahmad,  habe einen großen zähnefletschenden Fisch gemalt und erzählt, wie er bei der Überfahrt übers Meer Angst hatte, ins Wasser zu fallen und von Haien gefressen zu werden: Nur eines der vielen DIN-A-4-Blätter mit Kunst von Kindern, die gerade die Stirnwand der Ausstellungshalle in Köln dominieren. Dass sie jetzt im Zusammenspiel mit Manar Bilals Fotos zu sehen sind, findet Mohammad Ahmad stimmig.

Viele der Kinder auf den Fotos, kommentiert er, lebten bis heute in Zaatari. Die Kinder in der Erstaufnahme hätten es immerhin nach Europa geschafft und das in ihren eigenen Bildern ausgedrückt - zwei verschiedene Perspektiven also auf und über die Situation geflüchteter Kinder.  Er selbst, sagt Mohammad Ahmad, hat das Kunstprojekt als bereichernd erlebt: "Ich als Erwachsener unter diesen geflüchteten Kindern, das war einmalig. Trotz aller Tragik konnte ich das Schöne erkennen: Dass sie so lebendig sind, sich ausdrücken, sich austoben."

Hinweis

Ausstellungsdauer: bis 31. Mai 2019
Öffnungszeiten: täglich von 14.00 bis 20.00 Uhr
Alte Feuerwache Köln / Halle Melchiorstr. 3, 50670 Köln
Finissage: 31. Mai 2019, 19 Uhr, Diskussion und Musik
Bilinguale Führungen auf Deutsch und Arabisch: 
24., 25., 29. Mai, 18 Uhr offene Führung
Mai, 15 Uhr offene Führung

Eintritt frei – Spenden erbeten

 


Mohammad Ahmad vor den gemalten Bildern / © Fulvio Zanettini (laif)
Mohammad Ahmad vor den gemalten Bildern / © Fulvio Zanettini ( laif )

Manar Bilal vor einem seiner Porträts / © Fulvio Zanettini (laif)
Manar Bilal vor einem seiner Porträts / © Fulvio Zanettini ( laif )

Schau "Eye Contact" / © Manar Bilal (privat)
Schau "Eye Contact" / © Manar Bilal ( privat )

Schau "Eye Contact" / © Manar Bilal (privat)
Schau "Eye Contact" / © Manar Bilal ( privat )

Schau "Eye Contact" / © Manar Bilal (privat)
Schau "Eye Contact" / © Manar Bilal ( privat )
Quelle:
DR
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