Klostermuseum Dalheim zeigt Schau zu Verschwörungstheorien

"Fake News" gab es schon vor 900 Jahren

Wenn zu einer Ausstellungseröffnung der Bundespräsident anreist, lohnt es sich, die Sache näher unter die Lupe zu nehmen. Das Museum für Klosterkultur in Dalheim widmet sich "Verschwörungstheorien - früher und heute".

Autor/in:
Sabine Just und Johannes Schönwälder
 (DR)

Der Nachhall in der leeren Klosterkirche im nordrhein-westfälischen Lichtenau-Dalheim beträgt elf Sekunden. Das ist länger als die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne des postmodernen Internet-Users. Diese paar Sekunden genügen aber auch, um auf der Reise durch die Weiten des Webs auf "Fake News" zu stoßen. Auf "Alternative Fakten". Auf Verschwörungstheorien.

Die wiederum sind kein genuines Phänomen der Moderne oder Postmoderne, wie die Ausstellung zeigt, die ab Samstag in den Museumsräumen neben der Klosterkirche zu sehen ist. Die offizielle Eröffnung fand bereits am Freitag statt - mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als Ehrengast, der auch Schirmherr der Schau ist.

Rundumschlag zu 900 Jahre Verschwörungsdenken

"Verschwörungstheorien - früher und heute" ist ein Rundumschlag zu 900 Jahre Verschwörungsdenken. Das älteste Exponat, das der Direktor des Landesmuseums für Klosterkultur, Ingo Grabowsky, sichtlich stolz präsentiert, ist eine Anklageschrift von 1308. In der bezichtigt der französische König Philipp IV. den Templerorden, mit dem Satan im Bunde zu stehen.

"Der eigentliche Grund war aber, dass die Templer den französischen Staatsschatz hüteten", erklärt Grabowsky. Und an diesen wollte der Monarch irgendwie rankommen. Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit wurde gerne einmal Kollaboration mit dem Teufel unterstellt, um Menschen zu schaden oder sie ins Abseits zu stellen - siehe die Hexenverfolgung.

Juden hatten über die Jahrhunderte immer wieder damit zu kämpfen, dass ihnen Verschwörungen unterstellt wurden: Traten Krankheiten auf, so hatten sie angeblich die Brunnen vergiftet. Man warf ihnen vor, Hostien zu schänden, um so den Leib Christi erneut zu töten. "Hier traten oft wirtschaftliche Interessen im Vordergrund", so der Historiker Grabowsky. Schließlich standen viele Zeitgenossen bei den oftmals wohlhabenden Juden in der Kreide. Und in gesellschaftlich unruhigen Zeiten war und ist es üblich, einen Sündenbock zu finden.

Verschwörungstheorie zur Mondlandung

Beispiele für Verschwörungstheorien gibt es auch aus der jüngsten Vergangenheit: etwa die Mondlandung 1969. Von dem italienischen Schriftsteller und Philosophen Umberto Eco stammt das Bonmot, auch er könne nicht belegen, dass die Amerikaner die ersten auf dem Mond gewesen seien.

Aber dass die Russen nicht versucht hätten, das Gegenteil zu behaupten, könne wiederum eine Art Beweis "ex negativo" für den Erfolg der US-Raumfahrt sein. In Dalheim kann jeder Besucher sich selbst ein Bild machen: in der Ausstellung steht alles bereit für ein Selfie auf dem Mond.

Eines der "interessantesten und schauderhaftesten Exponate", wie Grabowsky es nennt, ist einer der verkohlten Aufzugmotoren aus dem zerstörten World Trade Center. Welche Verschwörungstheorien sich um den Terroranschlag vom 11. September 2001 ranken, etwa die Beteiligung des amerikanischen und israelischen Geheimdienstes - auch das wird in der Ausstellung erklärt. Und sie greift auf, wie solche Theorien überhaupt zustande kommen.

Museen hätten heute auch den Auftrag, zum gesellschaftlichen Diskurs beizutragen, sagt die Vorsitzende des Stiftungsvorstands von Kloster Dalheim, Barbara Rüschoff-Parzinger. "Wir haben die Exponate, die die Wirklichkeit zeigen." Die Besucher seien eingeladen, ihre eigene Meinungsbildung zu reflektieren.

Zeitmaschine für Papstreisen?

Wie und ob das gelingt, erforscht das Museum gleich selbst. Am Ausgang soll jeder Besucher über den vermeintlichen Wahrheitsgehalt von drei Theorien abstimmen: Sind Handys asiatischer Hersteller heimliche Spione? Lenkt eine geheime Elitegruppe die Weltpolitik? Und: Gibt es im Vatikan eine Zeitmaschine für Papstreisen in die Vergangenheit?

Wer nachdenkt, der zweifelt wohl schon. Davon abgesehen rechnen die Macher rechnen durchaus damit, dass auch der ein oder andere überzeugte Verschwörungstheoretiker den Weg in das ehemalige Kloster nahe Paderborn findet. Wer mag, kann im Anschluss an die Ausstellung noch einen Moment in der Klosterkirche verweilen, die mangels Interieur mehr als genügend Raum bietet, um innezuhalten und die Eindrücke nachhallen zu lassen - sicherlich länger als elf Sekunden.


Kloster Dalheim (dpa)
Kloster Dalheim / ( dpa )

Papst Paul VI. verfolgt am 20. Juli 1969 in der Sternwarte der Päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo die Landung der Mondlandefähre Eagle auf dem Mond / © N.N. (KNA)
Papst Paul VI. verfolgt am 20. Juli 1969 in der Sternwarte der Päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo die Landung der Mondlandefähre Eagle auf dem Mond / © N.N. ( KNA )
Quelle:
KNA