Ausstellung über Lascaux in der Kleiner Münchner Olympiahalle

Die "Sixtinische Kapelle" der Höhlenmalerei

Oft war Zufall im Spiel, wenn bedeutende Kulturfunde gemacht wurden. Dies gilt auch für die Höhle von Lascaux mit ihren bedeutenden Wandmalereien. Eine Schau in der Kleinen Münchner Olympiahalle gewährt nun Einblicke.

Autor/in:
Karl Honorat Prestele
Höhlenmalereien von Lascaux / © SC Exibitions/MCC/Colorized by Jordan Lloyd (dpa)
Höhlenmalereien von Lascaux / © SC Exibitions/MCC/Colorized by Jordan Lloyd ( dpa )

Es war der 12. September 1940. Im französischen Departement Dordogne ließen sich vier Jugendliche beim Spielen in ein unscheinbares Erdloch in der Nähe von Montignac hinab. Mit ihrer Abenteuerlust stießen sie auf eine menschheitsgeschichtliche Sensation: die besterhaltenen prähistorischen Malereien Europas.

Auf rund 250 Metern Länge prangten in den Höhlengängen von Lascaux mehr als 2.000 Tierbilder und rätselhafte Zeichen. Neuesten Untersuchungen zufolge dürften sie 20.000 Jahre alt sein.

Die Originale können seit 1963 nicht mehr bewundert werden. Zu groß war der Publikumsansturm, so dass der damalige französische Kulturminister Andre Malraux die Höhle für die Allgemeinheit schloss, um die Bilder vor der Zerstörung durch Kondenswasser und Schimmel zu schützen. 1979 wurde die Höhle von Lascaux zum Unesco-Weltkulturerbe ernannt.

Seitdem sind die Kunstwerke nur noch als Nachbildungen zu bewundern.

1983 wurde Lascaux 2 für die Allgemeinheit eröffnet - eine exakte Nachbildung wichtiger Teile der Höhle, nur 200 Meter von den Originalen entfernt. Eine Wanderausstellung tourt seit 2012 um die Welt, die nun erstmals Station in Deutschland macht.

Nachstellung dank modernster 3-D-Technik

In der Kleinen Münchner Olympiahalle ist die geheimnisvolle Bilderwelt bis 8. September zu sehen. Mit aufwendigen 3-D-Laser-Scans wurde der Raum nachgebildet, verwendet wurden authentische Farben und Materialien, wie sie einst auch die Eiszeitkünstler verwendet haben.

Zu sehen sind Auerochsen, Bisons, Hirsche, Kühe und Pferde - und sogar eine menschliche Figur, ein Mann mit Vogelkopf, der von einem verletzten Bison angegriffen wird. Solche Menschendarstellungen aus der prähistorischen Zeit sind eine große Rarität.

Zwischen die Tierdarstellungen mischen sich in einer rätselhaften Anordnung geometrische Zeichen. Je nach Untergrund sind die Bilder in die Wand geritzt oder mit gelben, roten, braunen und schwarzen Farbtönen aufgemalt. In der "Halle der Stiere" misst die größte Tierfigur sagenhafte fünf Meter.

Künstlerischer Schöpfungsprozess von 6.000 Jahren

Schon früh wurde Lascaux die "Sixtinische Kapelle der Höhlenmalerei" genannt: wegen ihrer erhabenen Größe und Monumentalität, wegen ihrer spirituellen Magie und der staunenswerten Kunstfertigkeit der Bilder.

Der größte Unterschied zu Michelangelos Meisterwerk aber ist, dass Lascaux das Werk vieler Künstler ist, die über Generationen hinweg tätig waren: in einem Zeitraum von rund 6.000 Jahren (18.000 bis 12.000 vor heute).

Noch immer stehen die Wissenschaftler vor großen Rätseln: Was war der Zweck dieser Malereien? Warum haben die Künstler gerade diese Tiere dargestellt? Hatte Lascaux eine besondere Bedeutung? Sicher ist nur, dass die Schöpfer aus der Kultur der Cro-Magnon-Menschen stammen, den Nachfahren der Neandertaler, die als die ersten Vertreter der Spezies "Homo Sapiens" gelten.

Die als Halbnomaden umherziehenden Jäger und Sammler waren keine "Höhlenmenschen", sondern lebten unter abgedeckten Felsvorsprüngen. Sie entwarfen raffinierte Werkzeuge wie etwa eine Nähnadel und Jagdwaffen, stellten wärmende Kleidung her und - sie malten.

Videofilme und interaktive Medienstationen erklären, wie die Menschen im Paläolithicum gelebt haben und wie ihre Kunstwerke entstanden sind. Wie lange aber die Cro-Magnon-Menschen sich bei Lascaux aufhielten, wie oft und in welchen zeitlichen Abständen sie die Höhle besuchten und malerisch ausgestalteten, bleibt ungewiss.

Heute sind weltweit hunderte Höhlen und Felsüberhänge in Spanien, Frankreich, Deutschland, Italien, Russland, Rumänien, Indonesien, Myanmar, Borneo und Australien bekannt, in denen sich Malereien oder von Menschen hergestellte Artefakte finden. Sie offenbaren ein schier unerschöpfliches Reservoir menschlicher Kunstfertigkeit.

Als 1869 im spanischen Altamira die ersten Höhlenmalereien aus der Eiszeit entdeckt wurden, hielt man diese jahrzehntelang für Fälschungen. Die auf die griechisch-römische Antike fixierte Altertumsforschung konnte sich damals nicht vorstellen, dass schon die Steinzeitjäger die Fähigkeit besessen haben sollen, solche Kunstwerke zu schaffen.


Quelle:
KNA