Klosterläden auf dem Weg zum spirituellen Shopping-Center

"Irgendwas mit Seele"

Bücher, Kerzen, CDs, Kalender und Dekoartikel aller Art – das Warenangebot wird auch in Klosterläden immer breitgefächerter und unspezifischer. Was unterscheidet den Klosterladen noch von "Manufactum"?

Autor/in:
Andreas Öhler
Souvenirgeschäft im Notre Dame in Jerusalem / © David Vaaknin (KNA)
Souvenirgeschäft im Notre Dame in Jerusalem / © David Vaaknin ( KNA )

So alt wie das Bürgertum selbst sind seine Aussteigerfantasien. Die Abgeschiedenheit in der Klausur, die Entsagung von allem Irdischen und der Verzicht auf materielle Güter waren das idealisierte Gegenmodell zur aufkommenden Warengesellschaft. Allenfalls mit den ärmeren Menschen blieben Nonnen und Mönche im sozialen Kontakt. Für eine Handvoll Vaterunser gab es an der Klosterpforte Almosen, die meist aus Nahrungsmitteln bestanden. Damals waren die Klöster, wenn sie nicht gerade einem Bettelorden angehörten, Selbstversorger. Daraus ein florierendes Geschäftsmodell zu machen, fiel den Ordensleuten nicht ein.

Fliegende Händler verkauften auf Wallfahrten die Devotionalien; das Handfeste, an dem sich der Volksglauben festhielt. Später kamen die Klosterbrauereien dazu, die – ganz im christlichen Sinne – für das Reinheitsgebot standen. Geblieben ist ein romantisches, um nicht zu sagen kitschiges Verhältnis zum monastischen Leben. Eines allerdings, bei dem es an nichts fehlen soll.

Die Klosterläden sind inzwischen ein Geschäftsmodell. Sie sind zu keinem geringen Erwerbszweig der Orden geworden, der das Überleben mancher Konvente sichert. Und das Gesetz von Angebot und Nachfrage macht auch vor den Pforten der Abteien nicht Halt. Die Läden werden immer mehr zu spirituellen Shopping-Centern, die sich, wie die Museumsshops, immer weniger voneinander unterscheiden. Das Warensortiment wird immer breitgefächerter und unspezifischer. Droht am Ende die "Tschiboisierung", analog zum Kaffeeröster, der sein Kerngeschäft auf den Verkauf von Haushaltswaren, Sportartikeln, Kleidern, Reisen und Freizeitausrüstung verlagerte?

In Münsterschwarzach arbeiten Laien im Verkauf

Julia Martin, Pressesprecherin der Benediktinerabtei Münster Schwarzach hält diese Befürchtung für abwegig. Alle Waren, die die Klosterabtei anbietet, haben eine benediktinische Anbindung. Schon in den Regeln des Ordensgründers ist angelegt, dass die Mönche von ihrer eigenen Hände Arbeit leben müssen. In Münsterschwarzach arbeiten Laien im Verkauf.

Im Eifelkloster Maria Laach kann man auch sonntags schon mal zwischen den Gottesdienstzeiten einen Bruder im Gartencenter an der Kasse stehen sehen. Mancher fromme Pilger mag sich da fragen, ob das nicht ein Verstoß gegen das 3. Gebot ist, wonach man den Feiertag heiligen soll. Neben den Pflanzen gehen am besten die Klosterspezialitäten.

Und viele Pilger kommen nun mal sonntags. Mit einem klösterlichen Gütesiegel versehen, schmecken die in Plastik eingeschweißte Wildschweinsalami, der Hildegard-von-Bingen-Honig im mundgeblasenen Glas oder die Liköre mit gotischer Etikettverzierung einfach himmlisch gut.

Von der Bibel bis zum Dalai Lama

Die Bücherecke mancher Klosterläden zeugt von einem sehr weit gefassten Begriff von Spiritualität. Dalai Lama steht neben Anselm Grün, Anleitungen von Yoga und Zen schlossen hier einen Religionsfrieden. Die opulent aufgemachten Kochbücher und Bildbände über Gartenkunst laufen so gut wie die Dauerbrenner-CDs mit gregorianischen Gesängen. Besteht da nicht die Gefahr eines esoterischen Wühltisches unter dem Label "Irgendwas mit Seele"? Julia Martin beteuert, dass man da zumindest in Münsterschwarzach sehr bedacht vorgeht.

Doch die Anmutung täuscht wohl nicht, dass "Landlust"-Leser und "Manufactum"-Kunden sich in diesen Läden wohlfühlen. Ästhetische Nostalgiker kommen hier auf ihre Kosten. Dass "Manufactum" seinerseits einen eigenen Warenkatalog mit dem Titel "Gutes aus Klöstern" vertreibt, zeigt, wie abgekoppelt Kloster und Produkt schon voneinander sind. Sie wollen nichts mehr wissen von harter Fron, Kasteiung und dem ewig gleichen rituellen Ablauf des Tages. Stattdessen herrscht überall Fülle.

Einstmals waren die Klöster mehr als spirituelle Erfrischungscenter, wo man in Instantdosen Nahrung für die Seele zu sich nimmt. Das Kostbarste, das in den Klöstern zu haben ist, ist Stille. Eine Stille, die über die irdische Abwesenheit von Lärm hinausgeht. Ob es die wohl bald auch in Gläsern gibt?


Julia Martin / © Charlotte Künne (KNA)
Julia Martin / © Charlotte Künne ( KNA )
Quelle:
KNA