Alexander von Schönburg über Keuschheit und Treue

"Die Kunst des lässigen Anstands"

Es wird gepöbelt und gehetzt. Anstand und Benimmregeln scheinen im Internet ausgehebelt. Der Autor Alexander Graf von Schönburg fragt sich, warum hier alle zivilisatorischen Errungenschaften nicht mehr zählen.

Alexander von Schönburg / © Peter von Felbert (Piper)
Alexander von Schönburg / © Peter von Felbert ( Piper )

Das Kaugummi wird auf die Straße gespuckt, die Tür wird einem vor der Nase zugeknallt und erwachsene Familienväter laufen in Turnhosen und Schlappen durch die Stadt. Alexander von Schönburg beobachtet in unserer Gesellschaft ein Sich-gehen-lassen und eine Rücksichtslosigkeit, die sich auch im Großen spiegelt – wenn ganze Meere zugemüllt werden und Menschen sich laut pöbelnd zusammenrotten. "Wo sind da noch unsere zivilisatorischen Maßstäbe?", fragt er im DOMRADIO.DE Interview. Sein Buch ist ein Plädoyer für 'altmodische Tugenden'.

Johannes Paul II. und der Sex

Über 'Humor, Mut und Geduld' aber auch über so sperrige Tugenden wie 'Demut, Zucht, Treue, Gehorsam oder Keuschheit' denkt von Schönburg klug und unterhaltsam nach. '27 altmodische Tugenden für heute' listet der Autor in seinem Buch 'Die Kunst des lässigen Anstands' auf. "Die Kapitel Treue und Keuschheit haben mir besonders viel Spaß gemacht, weil ich mit diesen Kapiteln voll gegen den Zeitgeist anrenne," sagt von Schönburg. Mit Zeitgeist meint er unter anderem die entfesselt ausgelebte Sexualität als eine überdrehte Auswirkung der sexuellen Revolution.

Ein Beispiel: Auf dem Smartphone kann man mit einer entsprechenden Sex-App one-night-stands bestellen. Abgekoppelt von der personalen Begegnung wird Sexualität so zur Konsumware. Von Schönburg führt hier einen prominenten katholischen Kronzeugen an, der schon früh vor solchen Entwicklungen gewarnt hat. "Johannes Paul II. hat in seinen Mittwochsaudienzen immer wieder über Sex gesprochen", sagt der Autor. "Eros war sein großes Thema. Für einen Papst ist es doch sehr ungewöhnlich, dass er Anleitungen für einen Orgasmus gibt. Das Klischee, die Kirche sei leibfeindlich, hat er wirklich widerlegt".

Alexander von Schönburg ist im guten Sinne konservativ-katholisch und bekennt sich auch dazu. Es macht viel Freude mit ihm über die Aktualität der 'altmodischen Tugenden' zu diskutieren und er diskutiert gern. Was er allerdings nicht leiden kann ist, wenn man ihm nicht zuhört. Erst vor kurzem sei er einer Journalistin begegnet, erzählt er, die ihm gegenüber sehr feindselig aufgetreten sei und sich im Interview nur ihre feindselige Meinung bestätigen lassen wollte.

Katholisch gegen Selbstsucht und Beliebigkeit

Von Schönburg beobachtet da einen gewissen Konsensdruck in unserer Gesellschaft. Abweichende Meinungen werden oft lächerlich gemacht und katholische Stimmen schnell in Vorurteils-Schubladen gesteckt. Wenn es um Selbstsucht, Ich-Optimierung, um Konsumismus und dauernden Lustgewinn gehe, dann seien Tugenden wie Demut und Dankbarkeit eben nicht gefragt.

Und wer nicht jedes beliebig gewordene Lebensmodell jubelnd begrüße, werde als altmodisch abgestempelt. "Was mich stört", beklagt er, "dass man schon suspekt wird, wenn man nicht alle gesellschaftlichen Veränderungen bejubelt. Ich finde, es müßte schon genügen, sie mitzutragen. Ich gehe nicht gegen die Homo-Ehe auf die Straße, ich trage das mit. Aber in der Talk-Show, wo ich neulich eingeladen war, habe ich gemerkt, alles andere als enthusiastischer Jubel und Conchita Wurst toll finden und Transsexualität toll finden, alles, was darüber nicht enthusiastisch jubelt, gilt heute schon als suspekt".

Alexander von Schönburg bürstet mit seinem Plädoyer für '27 altmodische Tugenden' gegen den Zeitgeist der Spaß- und Spielgesellschaft. Mit großem Vergnügen liest man sein Buch und denkt, ja, so altmodisch sind sie gar nicht, sondern sehr aktuell, die guten alten Tugenden.


Quelle:
DR