Umfangreiche Ausstellung nimmt Katholiken in den Blick

"Katholisch in Hannover"

Es kommt nicht häufig vor, dass Hannovers Katholiken im Mittelpunkt stehen. Anders in einer Ausstellung im Historischen Museum: Sie zeigt die Entwicklung des Katholizismus in der Region mit teils kuriosen Exponaten.

Madonnenstatue aus der Ausstellung "Katholisch in Hannover" (Historisches Museum Hannover)

Die Kirche - das ist für die Menschen in der Region Hannover vor allem die evangelisch-lutherische. Nur 15 Prozent der Bewohner des Umlands von Hannover sind Katholiken, in der Landeshauptstadt selbst ist ihr Anteil noch geringer. Um so bemerkenswerter, dass das Historische Museum der Stadt den Katholiken eine eigene Ausstellung widmet.

"Katholisch in Hannover - Menschen. Geschichten. Lebenswelten" zeigt ab Freitag, wie der römische Glaube das Leben in der Region prägte und immer noch prägt. Über 100 Leihgaben aus Kirchengemeinden und anderen Einrichtungen geben Einblick in Vergangenheit und Gegenwart.

Einwanderer prägen Gemeinden

Den Weg in die Ausstellung weist eine Statue der heiligen Hedwig. "Kriegsvertriebene brachten ihre Verehrung aus Schlesien mit in die Region", sagt der Museumsleiter und Kurator der Schau, Thomas Schwark. Das Beispiel zeige: "Die Geschichte der Katholiken in Hannover ist auch die Geschichte der Migrationswellen." Bis heute sind es Einwanderer, die das Leben in den örtlichen Kirchengemeinden prägen.

An die Blütezeit des Katholizismus im Mittelalter erinnern einige wenige Überbleibsel, etwa eine Papstbulle aus dem Landesarchiv und ein Weihwasserbecken aus dem 11. Jahrhundert. Im Zuge der Reformation wurde die Region überwiegend evangelisch, der "alte Glaube" verschwand fast vollständig. Erst im 17. Jahrhundert ließ Herzog Johann Friedrich wieder die Gründung einer katholischen Gemeinde zu.

Seinem Nachfolger Ernst August rang der italienische Bischof Agostino Steffani mit einem Trick das Versprechen ab, eine katholische Kirche in Hannover zur errichten: Der geschickte Diplomat sorgte dafür, dass der Fürst die Kurwürde erlangte, wie ein unscheinbares Dokument in der Ausstellung belegt.

Bräuche und Besonderheiten

Die Kirche Sankt Clemens wurde am 4. November 1718 geweiht und ist bis heute Hauptkirche der Katholiken der Region. Die Feier ihres 300-jährigen Bestehens in diesem Jahr gab Anlass zu der Schau. Ein Baumodell, das Baumeister Tommaso Giusti 1713 anfertigte, bildet den Mittelpunkt der Ausstellung.

Auf den insgesamt 15 Thementafeln werden auch Bräuche und Besonderheiten erklärt. "Die Ausstellung ist auch für Besucher gemacht, die der katholischen Kirche fernstehen", sagt Schwark. Ein Miniaturmodell setzt eine Fronleichnamsprozession in Szene, ein mobiler Beichtstuhl veranschaulicht das Sakrament der Buße.

Auch einige katholische Kuriositäten werden gezeigt, darunter ein Motorrad der Malteser, das 1987 beim Papstbesuch in Augsburg zum Einsatz kam, und eine Statue des "Fußballheiligen" Sankt Luigi aus einer Pfarrei, die sich besonders der Seelsorge von Spielern und Fans widmet.

Blick in die Gegenwart und Zukunft

Er freue sich, dass die Ausstellung nicht nur in die Vergangenheit blicke, sondern auch den Blick in die Gegenwart und Zukunft wage, sagt Hannovers katholischer Propst Martin Tenge. Als Regionaldechant ist er "Chef" der gut 150.000 Katholiken, die heute im ehemaligen Landkreis Hannover und der Landeshauptstadt leben.

Seiner Einschätzung nach bleibt die Zahl der Mitglieder wegen des starken Zuzugs in der Region momentan zwar konstant. Sinkende Einnahmen und Nachwuchsprobleme zwingen seine Kirche aber dennoch zum Sparen. So wurden die früher 59 Kirchengemeinden in den vergangenen Jahren zu 23 Pfarreien zusammengefasst. Eine Entwicklung, die nicht alle Gläubigen positiv beurteilen, wie die Ausstellung deutlich macht.

Impulse für Entwicklung katholischen Lebens

"Auch den kritischen Fragen weichen wir explizit nicht aus", sagt Kurator Schwark. Dazu zählt er auch die Frage nach einer Mahlgemeinschaft von evangelischen und katholischen Christen sowie den Umgang der Kirche mit Missbrauchsfällen. Kurze Texte dokumentieren die entsprechenden Entwicklungen.

Darüber hinaus laden Stift und Papier dazu ein, Stellung zu nehmen. Die persönliche Kritik der Besucher an der katholischen Kirche soll in einer Podiumsdiskussion zum Abschluss der Schau aufgegriffen werden. Die Macher der bis zum 30. September laufenden Ausstellung erhoffen sich Impulse für die weitere Entwicklung des katholischen Lebens. Schwark: "Wir machen Ausstellungen nicht um der Geschichte, sondern um der Zukunft willen."

Michael Althaus


Quelle:
KNA