Eine Ausstellung über Spiel, Spaß und Spiritualität im Kloster

"Reise in die Ewigkeit"

Dieses Spiel hat es in sich: Auf Feld Nummer 47 lodert das Höllenfeuer. Wehe dem, der dort landet: Er wird nicht erlöst. Eine Ausstellung in Beuerberg beleuchtet die spielerischen Seiten des Klosterlebens.

Autor/in:
Von Christoph Renzikowski
 (DR)

Die "Reise in die Ewigkeit" führt, wenn sie denn gut geht, über 100 Felder in den Himmel. Wer sich dank günstiger Würfel in Tugenden wie "Bescheidenheit" oder "kindlicher Einfalt" übt, rückt vor, "Zanksucht" und "Eigensinn" führen dagegen zur Strafversetzung. Vorsicht also vor den gelb unterlegten Feldern wie "Trägheit". Sonst geht es von 63 zurück auf 1.

Das gut katholische Gesellschaftsspiel, erfunden zu Beginn des 20.
Jahrhunderts vom Münsteraner Fabrikanten Ludwig August Brinckmann, wurde erst Ende der 1960er Jahre vom Markt genommen. Diese und andere fromme, teils noch viel ältere Varianten vom Klassiker "Spiel des Lebens" gibt es in einer Ausstellung des Diözesanmuseums Freising zu sehen, die zu Pfingsten in Kloster Beuerberg im oberbayerischen Pfaffenwinkel eröffnet wurde.

"Keine spaßfreie Zone"

Museumsdirektor Christoph Kürzeder und sein Team laden unter dem Motto "Das Spiel beginnt!" zu einem neuen Blick auf das Leben im Kloster ein, in dem eben nicht nur in Weltabgeschiedenheit gebetet und gearbeitet wird. Ein Kloster sei "keine spaßfreie Zone", sagt der Museumschef. Auch wenn die Freizeit lateinisch vornehm Rekreation heißt.

Freilich: Glücksspiel, Karten und Würfel galten als sündhaft und waren daher verboten - offiziell. Dennoch finden sich im Beuerberger Fundus auch diese Versionen des Zeitvertreibs, die "kleine Fluchten" aus dem ansonsten strikt regulierten Alltag ermöglichten. "Maßvolle Fröhlichkeit" sollte das Miteinander prägen, so hatte es der Ordensgründer bestimmt.

Besonderheit: Brettspiele

Eine Domäne der Beuerberger Schwestern waren spirituell-erbauliche Brettspiele mit lehrhaftem Zweck, die sie teils selbst
anfertigten: Mit ihnen kann man seine Spielfigur durchs Kirchenjahr oder durchs Neue Testament wandern lassen. Zur Kollektion zählt auch eine gebetbuchartige Schwarte mit einer geistlich-allegorischen Ausdeutung von Spielkarten. Da steht die Schellen-Zehn für die ersten zehn Könige Israels. Ältere werden sich an den 70er-Jahre-Hit "Das Kartenspiel" des niederländischen Missionarssohns und Schlagersängers Bruce Low erinnern.

Der Dreikönigstag war ein spielerischer Höhepunkt für die Beuerberger Salesianerinnen, die ihr Kloster vor vier Jahren altersbedingt aufgeben mussten. In Filminterviews erzählen einige Schwestern, welche Freude herrschte, wenn sie dank einer im Kuchen versteckten Bohne für einen Tag zur Königin gekürt wurden, auf einem Thron Platz nehmen durften, einen Hofstaat zugeteilt bekamen und sich von ihren Mitschwestern in Lied und Gedicht huldigen ließen. An diesem Tag musste sich selbst die Oberin unterordnen.

Drei Wünsche

Die Königin hatte drei Wünsche frei. Einer, der fast immer geäußert wurde, so erzählen es die Schwestern, war der Entfall eines "Schuldkapitels": Das öffentliche Bekennen eigener Verfehlungen vor der Gemeinschaft scheint nicht sonderlich beliebt gewesen zu sein.

Reichlich Gelegenheit, in andere Rollen zu schlüpfen, boten auch Theaterstücke zu Festtagen wie Professjubiläen oder zum Schuljahresende. Für die Aufführungen, die gemeinsam mit den Schülerinnen des Mädchenpensionats einstudiert wurden, nähten die Nonnen prachtvolle Kostüme. Zwei Schränke voll können die Ausstellungsbesucher bestaunen. In der Hutablage lagert eine Papstkrone neben einem Eselskopf.

Ein fester Platz für Losverfahren

Einen festen Platz im Kalender der Ordensfrauen hatten Losverfahren.
So wurden an Silvester Zellen, Brustkreuz und Rosenkranz neu verteilt. Auch diese Methode geht auf den heiligen Franz von Sales zurück, hat aber mit "Spiel" im engeren Sinne nichts zu tun. Vielmehr wurde so per Zufallsprinzip die Organisation des Klosters der göttlichen Vorsehung überlassen.

Höhepunkt der Ausstellung ist zweifellos die dramaturgische Inszenierung der "Reise in die Ewigkeit". Für den Besucher verwandelt sich die Schwesternkapelle in ein Welttheater, das Bühnenmaler effektvoll mit kräftigen Farben ausgestaltet haben. Nun gilt es, sich selbst zwischen Himmel und Hölle hindurch zu bewegen.

Im Museumsshop gibt es neben allerlei weiteren Kuriositäten eine wiederaufgelegte Variante des Brettspiels zu erwerben - leider ohne Kulisse.


Quelle:
KNA