Katholische Kirche verteidigt Rundfunkbeitrag - mit Abstrichen

"Bestimmte Formate nicht zumutbar"

Das Bundesverfassungsgericht beschäftigt sich mit Beschwerden gegen den Rundfunkbeitrag für öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Die katholische Kirche will den Beitrag erhalten – kritisiert aber auch bestimmte Radio- und TV-Formate.

Bundesverfassungsgericht verhandelt zu Rundfunkbeitrag  / © Uli Deck (dpa)
Bundesverfassungsgericht verhandelt zu Rundfunkbeitrag / © Uli Deck ( dpa )

DOMRADIO.DE: Man hat ja das Gefühl die Debatte um den Rundfunkbeitrag wird sehr emotional geführt. Da heißt es, die öffentlich rechtlichen Sender befördern regierungstreue Meinungen. Auf der anderen Seite heißt es, die Öffentlich-Rechtlichen seien besonders wichtig für die Demokratie. Und da könnte man jetzt fragen, warum die Aufregung um 17 Euro 50 pro Monat?

Pfarrer Dr. Antonius Hamers (Direktor des Katholischen Büros Nordrhein-Westfalen und Mitglied des WDR Rundfunkrats): Der öffentlich rechtliche Rundfunk nimmt einen öffentlichen Auftrag wahr, nämlich eine möglichst ausgewogene, vielfältige Berichterstattung über Politik und Kultur. Und er bringt gerade die Formate noch mal nach vorne, die vielleicht im privaten Rundfunk keine Chance haben. Also Dinge, die manchmal vielleicht nur einen kleinen Anteil von Menschen interessieren. Es geht um eine ausgewogene und gute politische Berichterstattung. Auf diese Art und Weise soll eben auch den Menschen unser politisches System, unsere Demokratie, näher gebracht werden. Deswegen wird ja der Rundfunkbeitrag auch als Demokratieabgabe bezeichnet. Das ist vielleicht etwas hoch gegriffen, aber es zeigt an, in welche Richtung das Ganze geht.

DOMRADIO.DE: Finden Sie sich denn da in der Kritik wieder? Wie sehen Sie zum Beispiel die Abgabepflicht auch für diejenigen, die gar keine öffentlichen Sender anschalten?

Hamers: Es ist ja ausdrücklich als Beitrag gestaltet und ein Beitrag impliziert, dass jeder, der die Möglichkeit hat auf dieses öffentliche Angebot zuzugreifen, diesen Beitrag bezahlen muss. Es ist nur eine sehr kleine Gruppe, die nicht darauf zugreift oder nicht darauf zugreifen kann. Und insofern glaube ich, dass das unter den vielleicht insgesamt ungerechten Lösungen die gerechteste ist. Man muss irgendwie eine handhabbare Lösung finden, wie man eine solche Kofinanzierung, eine Finanzierung durch die Hörer und Zuschauer, gewährleistet. Und ich glaube, dass das unter den Möglichkeiten die gerechteste Möglichkeit ist, die es gibt.

DOMRADIO.DE: Jetzt fordern die Ministerpräsidenten seit geraumer Zeit Reformen von den Öffentlich-Rechtlichen. Kann denn diese Debatte jetzt vielleicht ein bisschen den Reformwillen der Sendeanstalten anschieben?

Hamers: Der Reformwille ist ja bei vielen Sendeanstalten schon da. Gerade beim WDR wird schon sehr intensiv über Personalabbau oder Einsparungen diskutiert und das wird auch umgesetzt. Insofern ist es ja nicht so, als wenn die großen Sender bislang völlig phlegmatisch da säßen und sich selbstgerecht jeder Reform verweigern würden.

Aber sicherlich wird diese Debatte nochmal weiter dazu führen, auch zu überlegen, wie sich die Sender insgesamt aufstellen. Was ich sehr wichtig finde, ist, dass man auch darüber nachdenkt, wie man das Programm aufstellt. Denn man muss schon sagen, dass bei manchen Formaten nicht unbedingt der öffentlich-rechtliche Auftrag abgedeckt wird. Manche Formate könnten genauso gut private Sender machen. Aber dafür sind natürlich auch wir in den Aufsichtsgremien, in den Rundfunkräten und in den Programmausschüssen da, um darauf zu achten und nach Möglichkeit Einfluss auszuüben. Wir weisen dann z.B. auf sehr, sehr teure Sportformate oder sehr teure Unterhaltungsformate hin. Oder auch auf Unterhaltungsformate, bei denen man sich über die Qualität durchaus auch streiten kann. Das ist schon wichtig, dass man da eben sagt, es gibt mitunter Formate, die nicht von dem öffentlich-rechtlichen Auftrag gedeckt sind und insofern auch den Menschen nicht zuzumuten ist, dass sie durch ihren Beitrag das alles mitfinanzieren müssen.

DOMRADIO.DE: Kommt denn nach ihrem Dafürhalten genug Kirche in den Öffentlich-Rechtlichen vor?

Hamers: Ich glaube, dass wir nach wie vor eine sehr gute Beziehung zu den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben. Es gibt sowohl die Verkündigungsendungen als auch die Berichterstattung über Religion insgesamt. Das ist ja eine Berichterstattung, die von den Häusern selbst gemacht wird und zwar über alle Religionen. Da ist es ganz wichtig, dass es eine qualitätsvolle und gute Berichterstattung über Religion gibt. Dass da auch eine Sachkompetenz da ist, halte ich für uns für unverzichtbar, weil Religion insgesamt eine große Rolle spielt. Ob ich das nun mag oder nicht, Religion ist ein wichtiger gesellschaftlicher und politischer Faktor. Und darüber hinaus gibt es eben diese Verkündigungssendungen, die die Kirchen ja in eigener Verantwortung gestalten können. Ich bin der Meinung, dass eine ganze Menge und auch ganz gute Dinge vorkommen. Insofern bin ich mit dieser Situation ganz zufrieden.

Das Interview führte Tobias Fricke.

 


Pfr. Dr. Antonius Hamers / © Achim Pohl
Pfr. Dr. Antonius Hamers / © Achim Pohl
Quelle:
DR