Kölner Oper stellt neue Spielzeit vor

Mix aus Altbewährtem und ganz Neuem

Die Kölner stehen hinter ihrer Oper – auch in der Interimsstätte Staatenhaus. Das belegen steigende Auslastungszahlen. Auch die Kinder der Dommusik sind an diesem Erfolg ab September wieder beteiligt. Sie wirken bei "Turandot", "Jeanne d’Arc" und Tosca" mit.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Turandot, Oper von Puccini / © Tomasetti (DR)
Turandot, Oper von Puccini / © Tomasetti ( DR )

Birgit Meyer lässt keinen Zweifel daran, dass die Kölner Oper europa-, wenn nicht gar weltweit Renommee genießt. Bei der Vorstellung der neuen Spielzeit 2018/19 sparte die Opernintendantin angesichts der geplanten zahlreichen Premieren und auch gänzlich neuen Projekte nicht mit Superlativen – erst recht nicht, als sie über die aktuelle Produktion "Die Soldaten" von Bernd Alois Zimmermann sprach, deren Vorstellungen seit langem restlos ausverkauft sind. Die Realisierung dieses zunächst unspielbar scheinenden Werks sei die Summe allen künstlerischen Vermögens, eine "grandiose Interpretation in Vollkommenheit", wie sie gleich zu Beginn der Pressekonferenz am Freitag aus einem Brief von Michael Gielen, dem Dirigenten der Uraufführung von 1965, zitierte, wobei sie sich hocherfreut über diese "Anerkennung von höchster Stelle" zeigte.

Dabei ist diese durchweg euphorisch gelobte, aber auch nicht leicht verdauliche Oper nur eines von vielen Wagnissen, die vom lokalen Opernpublikum begeistert gefeiert werden. Und so konnte Meyer – wenige Tage, nachdem auch Gürzenich-Kapellmeister Francois-Xavier Roth sein Programm für die neue Saison in der Philharmonie vorgestellt hatte – ebenfalls mit Zahlen überzeugen. Demnach gibt es bei der modernen und zeitgenössischen Oper eine Auslastung von 92 Prozent, während die Gesamtauslastung nur knapp darunter liegt, obwohl Inszenierungen wie die der Puccini-Oper "Turandot" sogar 100 Prozent erreichen und sich das Interesse an Abos um 10 Prozent gesteigert hat. Dass hinter diesem Erfolg ein ausgeklügeltes Konzept von künstlerischer Planung – eben der sorgfältig abgewogene Mix aus Altbewährtem wie Salieri, Beethoven, Puccini und Richard Strauss und Modernem – aber auch der Philosophie steckt, was Oper eigentlich will und wofür sie steht, machte die Opernchefin außerdem deutlich.

"Elitäre Form, die viel kostet" – trotzdem sinnvoll

Erst vor kurzem hat sie in Madrid am ersten Weltopernforum teilgenommen und dort als eine der beiden europäischen Vertreter darüber gesprochen, wie sich Oper – diese "elitäre Form, die viel kostet" – grundsätzlich trotzdem rechtfertigen lasse. Nämlich indem sie eine ganze Stadt und Region bereichere, auf pädagogische Vermittlung setze – dadurch auch viele junge Leute anziehe, aber auch alte Menschen mit Demenz anspreche – und im doppelten Wortsinn "nah ans Publikum" rangehe. "Hier im Staatenhaus, wo wir uns immer wieder neu den Raum erschließen, die Zuschauer unmittelbar am Operngeschehen dran sind", betonte die Intendantin, "sind wir am Puls. Wir tun viel dafür, dass das Genre Oper lebt. Dabei liegt unser Hauptaugenmerk immer auf der Kunst." Trotzdem müsse auch gefragt werden: Wo stehen wir hier in dieser Stadt? Geht unser Publikum da mit? Auf manches sperrige Thema, das auch gesellschaftliche Diskurse aufgreift, weiterentwickelt oder gar provoziert, reagiert Meyer jedenfalls mit dem Anspruch, "Oper zu machen, die Relevanz hat".

Sehr konkret zeigen die drei Hauptverantwortlichen – die Intendantin, Kölns Generalmusikdirektor Francois-Xavier Roth und Chefdramaturg Georg Kehren – mit ihrer Wahl für die nächste Spielzeit, welche Weichen sie mit einer bewussten Schwerpunktsetzung bei zeitgenössischer Musik stellen wollen. Los aber geht es zunächst mit eher Traditionellem: einer Wiederaufnahme von "Turandot" am 16. September, bei der wieder 46 Mädchen und Knaben der Kölner Domchöre mit von der Partie sein werden. Diese Inszenierung von letztem Jahr war ganz großes Kino gewesen und wurde der Publikumsrenner der Saison 2016/17. Dann gehört Mauricio Kagels Kammeroper "Mare nostrum" von 1975 am 23. September zu den acht Premieren im Deutzer Interimsquartier, wo es dann anlässlich des 10. Todestages des Komponisten schon mehr um die besagte Profilierung geht. Im Oktober dirigiert Roth seine erste "Salomé", ein Schlüsselwerk des frühen 20. Jahrhunderts, das 1905 uraufgeführt wurde. "Ich habe bisher schon viel Strauss gemacht, aber das ist meine erste Oper", sagt der Chef des Gürzenich-Orchesters und spricht von einem Herzensanliegen. Dann geht es am 25. November weiter mit "Peter Grimes" von Benjamin Britten, von den Programmmachern als "Meilenstein der Musiktheatergeschichte" ausgewiesen.

Zwei Kinderopern

Auch die vielen folgenden Produktionen, einschließlich der Kinderopern "Walküre" oder "Zauberflöte" sowie die Tanzgastspiele, zeitigen die ehrgeizigen Pläne der Verantwortlichen, weiterhin im Staatenhaus "aus der Not etwas Gutes zu machen", wie Intendantin Meyer sagte, und sehr unterschiedliche Musiktheater mit durchweg sehr angesehenen Interpreten in den Titelpartien, Dirigenten und Regisseuren auf die Bühne zu bringen; für sich genommen zweifelsohne jedes ein Highlight.

Auch Koproduktionen der Oper Köln mit den Opernhäusern in Madrid und Monte Carlo, wie bei der Opernrarität "Street Scene" von Kurt Weil, spiegeln etwas von der internationalen Akzeptanz, die die heimische Oper im Ausland genießt. Zwischen den Ländern vermitteln will – ein charmanter Nebeneffekt – auch Roths zweite Neuproduktion: Jacques Offenbachs "La Grande-Duchesse de Gérolstein" von 1867, mit der der 200. Geburtstag des Komponisten gewürdigt wird. Immerhin ist der Künstler am Kölner Griechenmarkt geboren; der Vater war Kantor in der Synagoge am heutigen Offenbachplatz, und der Sohn ging von Köln nach Paris, um sich dort als Schöpfer von Operetten einen Namen zu machen.

Die übrigen Premieren sind Neuinszenierungen: "Im weißen Rössl" von Ralph Benatzky, "Rusalka" von Dvorák, und Salieris "La Scuola de’ Gelosi". Zu den Wiederaufnehmen gehören dann – wie gesagt – Turandot, Ijob von Wilfried Hiller, geboren 1941, "La forza del destino" von Verdi, das Kreisler-Musical "Adam Schaf hat Angst" "Fidelio" von Beethoven sowie "My fair lady" von Frederick Loewe. Und zwei Opern, bei denen erneut eine Vielzahl von Kindern der Kölner Dommusik mitmacht, sind "Jeanne d’ Arc – Szenen aus dem Leben der Heiligen Johanna" von Walter Braunfels am 14. April 2019 und "Tosca", dieses beliebte Liebesdrama – aber erst zum Abschluss der Saison in mehr als einem ganzen, bestimmt mit viel guter Musik gefüllten Jahr.


Turandot, Oper von Puccini / © Tomasetti (DR)
Turandot, Oper von Puccini / © Tomasetti ( DR )