Hexensabbat, Maibäume und Krawalle - Die Walpurgnisnacht naht

Über die Stränge schlagen

Kein Monat des Jahres wird wohl von so vielen Festen und Bräuchen begleitet wie der Mai. Oft steht der Maibaum dabei im Mittelpunkt. Aber auch die Hexen tanzen wieder.

Walpurgisnacht / © Matthias Bein (dpa)
Walpurgisnacht / © Matthias Bein ( dpa )

Jetzt tanzen sie wieder, die Hexen und Teufel. In der Walpurgisnacht auf den 1. Mai feiern jedes Jahr rund um den Brocken im Harz Tausende Menschen ein karnevalistisch angehauchtes Volksfest mit Märkten, Feuerzauber und Tanz. Da der 1. Mai als gesetzlicher Feiertag in diesem Jahr auf einen Dienstag fällt, dürfen sich viele Bundesbürger auf ein langes Wochenende freuen.

1896: Erste Walpurgisnacht im Harz

Die erste organisierte Walpurgisfeier auf dem Brocken ist aus dem Jahr 1896 überliefert. Auch anderes Brauchtum ist mit dieser Nacht verbunden: Hunderte Hexenfeuer lodern in der sorbischen Oberlausitz - und begrüßen den Frühling. In Göda bei Bautzen findet wieder das traditionelle Hexengericht statt: Eine "Stara Jeba" (alte Hexe), verkörpert durch eine Strohpuppe, wird in einer Gerichtsverhandlung für alles Schlechte im vergangenen Jahr angeklagt und muss dafür im Feuer büßen.

Im Rheinland gibt es wieder Maibäume: Junge Männer stellen am Haus ihrer Angebeteten bunt verzierte Birkenstämme auf. Eine romantische Liebeserklärung - die allerdings von immer mehr jungen Männer an professionelle Lieferservice-Unternehmen übertragen wird. Maibaum-Taxis liefern bunt geschmückte Bäume in unterschiedlicher Ausstattung und Preislage. In vielen Regionen Deutschlands werden außerdem riesige Maibäume auf Markt- und Dorfplätzen errichtet.

Ursprung sind heidnische Frühjahrsbräuche

In Berlin haben die Walpurgnisnacht und der 1. Mai seit einigen Jahren einen anderen Klang: Seit 1987 gibt es in Kreuzberg teilweise gewaltsame Proteste und Demonstrationen, die sich gegen Kapitalismus, Rassismus und soziale Ausgrenzung richten. In diesem Jahr erwartet die Polizei wieder heftigere Ausschreitungen als im vergangenen Jahr.

Eine linksalternative Spaß-Guerilla mit dem Namen "Hedonistische Internationale" hat zudem eine alternative Demoroute angekündigt - durch das Villenviertel Grunewald. Unter dem Motto "Heraus zum Tag der sozialen Arbeit. Rein in den Problembezirk Villenviertel" wollen Aktivisten durch den Edel-Kiez ziehen.

Ihre Wurzel hat die Walpurgisnacht in heidnischen Frühjahrsbräuchen, bei denen die Ankunft des Frühlings mit nächtlichen Freudenfeuern gefeiert wurde. Nach altem Volksglauben vertreiben in dieser Nacht die germanischen Götter Wotan und Freya die Winter-Dämonen und zeugen den Frühling. Hexen reiten auf Besen, Mistgabeln, Schweinen oder Böcken zum Hexensabbat.

Keine Verbindung zur Heiligen Walburga

Die Volkskundler des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) sind sich allerdings sicher, dass die Walpurgisnacht ursprünglich nichts mit Hexen zu tun hatte. Nach ihren Recherchen wurde der 1. Mai seit dem 8. Jahrhundert als Tag der Waffenschau der Wehrfähigen begangen, schreibt der Volkskundler Alois Döring. Mit diesem Musterungstermin könnte das Recht zusammenhängen, vor dem Eintritt in den Militärdienst noch einmal ausgiebig §über die Stränge zu schlagen".

Fest steht, dass die Nacht zum 1. Mai zwar ihren Namen von der heiligen Walburga bekam, sonst aber nichts mit ihr zu tun hat. Die aus England stammende und 779 oder 780 gestorbene Heidenheimer Äbtissin Walburga, deren Gebeine in Eichstätt bestattet sind, wurde durch Papst Hadrian II. (867 bis 872) heiliggesprochen.

Erst der Gedenktag der Übertragung ihrer Gebeine am 1. Mai stellte die Verbindung zum Hexenbrauchtum her. Walburga gilt auch als Patronin für das Gedeihen der Feldfrüchte; sie wird gegen Hungersnot und Missernte, Hundebiss, Tollwut, Pest, Seuchen, Husten, Augenleiden und Sturm angerufen.

Bis zu 60.000 Opfer des Hexenwahns

Richtig populär wurde die Walpurgisnacht durch Goethes "Faust". Darin überredet Mephisto Faust, an einer Hexenfeier teilzunehmen. "Dort strömt die Menge zu dem Bösen; da muss sich manches Rätsel lösen", hofft der verzweifelte Forscher. Tatsächlich war die vermeintliche Teilnahme an solch einem "Hexensabbat" ein Hauptanklagepunkt bei zahlreichen Hexenprozessen der frühen Neuzeit.

Nach heutigen Schätzungen fielen dem Hexenwahn bis zu 60.000 Frauen, Männer, sogar Kinder zum Opfer, fast die Hälfte davon in Deutschland. Heute gibt es mancherorts Initiativen, die Opfer zu rehabilitieren.

Christoph Arens


Quelle:
KNA