Eine Tagung vergleicht die Geschichten von Hiob und Faust

Wenn Gott und der Teufel um den Menschen wetten

Frank Elstner und später Thomas Gottschalk stürzten mit "Wetten, dass..?" eine ganze TV-Nation ins Wettfieber. Auch in Literatur und Bibel wird gern gewettet. darum ging es bei einer Veranstaltung der Katholischen Akademie in Bayern. 

Autor/in:
Barbara Just
Denkmal bei Leipzigs Auerbachs Keller, auf dem Faust und Mephisto dargestellt sind / © Harald Oppitz (KNA)
Denkmal bei Leipzigs Auerbachs Keller, auf dem Faust und Mephisto dargestellt sind / © Harald Oppitz ( KNA )

Jede Wette, dass es jetzt gleich wieder um Johann Wolfgang von Goethes "Faust" gehen wird? Richtig, denn in München läuft derzeit das Faust-Festival, an dem sich auch die Katholische Akademie in Bayern beteiligt. Auch zu ihrer zweiten Veranstaltung in der Reihe strömten am Dienstagabend wieder die Besucher. Sie wollten mehr wissen über "Eine Wette zu dritt?", die da zwischen Gott und dem Teufel in Bezug auf den Menschen läuft. Doch es ging nicht nur um den großen Gelehrten im literarischen Drama, sondern auch um den biblischen Hiob.

Im normalen Sprachgebrauch werden gerne Wettvergleiche gemacht, ohne sofort für die Konsequenzen einzustehen, wie Julian Werlitz sagte. Denn wer hätte je wirklich seine Ankündigung wahr gemacht, den sprichwörtlichen Besen zu fressen, wenn denn eine Sache stimme? Der Mitarbeiter am Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Augsburg erinnerte auch an Sportwetten, die übrigens schon in der Antike beliebt waren, bis hin zu einer berühmten Reise. So tritt bei Jules Verne bekanntlich Phileas Fogg den Beweis an, dass sich die Welt in 80 Tagen umrunden lässt.

In der Regel ist bei Wetten eine pragmatische Abwägung gefragt, ob das, was der Mensch vermutet, auch tatsächlich in der Zukunft eintreten wird. Das sieht jedoch bei Sachverhalten, soviel sei gesagt, ganz anders aus als letztlich bei Glücksspielen wie Lotto.

Gespaltenes Verhältnis zum Katholizismus

Beim Augsburger Literaturprofessor Mathias Mayer wurde es wieder spezifischer. Er spürte der Frage nach, wie "katholisch" denn diese Wette in Goethes "Faust" nun sei. Dabei muss nüchtern konstatiert werden, dass der Geheimrat ein gespaltenes Verhältnis zum Katholizismus hatte. Die "mythologischen Figuren" gefielen ihm durchaus, wie er in seiner "Italienischen Reise" anmerkte.

Ansonsten urteilte er eher negativ, wie Mayer berichtete. Die Katholiken, so Goethe, seien eine Meute von Hunden und sich nur einig in der Jagd auf Protestanten. Dennoch scheint ihm das entsprechende Gedankengut bei seinem jahrzehntelangen Arbeiten am Faust-Stoff eine Hilfe gewesen zu sein, so der Germanist. Denn Goethe führe den "Prolog im Himmel" ein, und Gretchen werde am Ende des ersten Teils nicht nur "gerichtet", sondern "gerettet". Im zweiten Teil des Dramas lege die geläuterte Sünderin sogar Fürbitte bei Gott für ihren Heinrich ein, um Gnade vor Gerechtigkeit zu erflehen.

Unterschiedliche Kandidaten

Auf alle Fälle aber kannte der Dichter die Geschichte des Hiob aus dem Alten Testament. Denn Parallelen, wie Gott mit dem Satan beziehungsweise mit Mephisto spricht, seien vorhanden, erläuterte Ludger Schwienhorst-Schönberger. In beiden Erzählungen werde Gott "der Herr" genannt und in Bezug auf Hiob und Faust von "meinem Knecht" gesprochen, erklärte der Wiener Bibelwissenschaftler. Gemeinsam sei auch, dass Gott die Erlaubnis zum Experiment erteile, einen Menschen, der davon nichts weiß, auf die Probe zu stellen.

Im "Faust" kommt es noch zu einer zweiten Wette, die der Gelehrte dem Mephisto bietet. Mit "Topp!" willigt dieser ein und "Schlag auf Schlag" ist man sich einig, dass Faust zugrunde gehen wolle, wenn er zum Augenblicke sage "Verweile doch! du bist so schön!". Die Kandidaten seien eben gänzlich unterschiedlich, so der Experte. Hier der zerrissene, verzweifelte Gelehrte, der Suizid begehen wolle, und den Mephisto nun die Fülle des irdischen Daseins genießen lassen wolle, um von Gott abzulassen - dort der fromme Hiob. Dieser lebte bisher nach dem Prinzip, gottesfürchtig sein, dann kommt der Erfolg.

Doch Misserfolge, Todesfälle und Krankheiten stellen den Glauben Hiobs auf die Probe. Entgegen den Ratschlägen seiner Frau (Verwirf den Glauben) und seinen Freunden (Es muss Erklärung geben für die Lage) hadere er zwar, gehe aber den Weg des Glaubens weiter, bis er letztlich «Gott schauen» könne. Dieses "Schauen" sei eine Metapher für eine innere Gotteserfahrung, so Schwienhorst-Schönberger, und die Lösung, die Gott dem Menschen letztlich anbiete.


Quelle:
KNA