Startschuss für Deutsches Chorzentrum in Berlin

Ein Haus für den Gesang

Bald beginnen die Bauarbeiten am neuen Deutschen Chorzentrum in Berlin. Auf dem Weg dahin musste sich der Verband allerdings nicht nur gegen Mitglieder aus den eigenen Reihen behaupten.

Autor/in:
Rebecca Barth
Notenblatt eines Chorsängers / © Jörg Loeffke (KNA)
Notenblatt eines Chorsängers / © Jörg Loeffke ( KNA )

"Wir sind ganz Chor" steht auf einem großen Plakat an dem sanierungsbedürftigen Altbau in Berlin-Neukölln, der in Zukunft das neue Deutsche Chorzentrum beherbergen soll. Christian Wulff, seit Kurzem Präsident des Deutschen Chorverbandes (DCV), nahm am Mittwoch in Berlin die offizielle Baugenehmigung entgegen.

In unmittelbarer Nähe zum Theater Heimathafen Neukölln sollen in dem Zentrum nicht nur der bundesweite Chorverband, sondern auch der Chorverband Berlin, die "neue musikzeitung" und eine Kindertagesstätte Platz finden. Der 2005 gegründete DCV ist mit mehr als einer Millionen Mitgliedern in rund 15.500 Chören nach eigenen Angaben die weltweit stärkste Organisation der Amateurmusik.

Als nationales Aushängeschild gedacht

Das Chorzentrum sei als nationales Aushängeschild und Treffpunkt der Chormusik gedacht, erklärte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). Es solle deutschlandweit als Forum für Austausch, Weiterbildung und gemeinsames Musizieren dienen. "Mit seinem Bau setzen wir ein klares Zeichen für die Amateurmusik." Gerade die Musik könne dazu beitragen, Vorbehalte und Ängste abzubauen und Verständnis und Toleranz füreinander zu wecken.

Die Sanierung wird mit knapp 2,7 Millionen Euro aus dem Haushalt von Grütters und einer Stiftung gefördert. Eine Million Euro übernimmt der Chorverband selbst. Weitere knapp drei Millionen Euro sollen über einen Kredit finanziert werden. "Bei Bauprojekten in Berlin wird man immer etwas nervös", scherzte Wulff. Doch das "Jahrhundertprojekt" des Verbands sei "solide geplant und finanziert", so der Altbundespräsident weiter.

Nervös wurden die Verbandsmitglieder im vergangenen Jahr jedoch nicht nur wegen des geplanten Zentrums. Der Chorverband Bayerisch-Schwaben und acht weitere Mitglieder hatten den Dachverband zum Jahresende hin verlassen, wie der Bayerische Rundfunk berichtete. Schon länger warfen sie dem DCV ausufernde Personalkosten und eine defizitäre Haushaltsführung vor. Über jährlich steigende Mitgliederbeiträge sollte nun auch das Chorzentrum finanziert werden, so der Vorwurf aus den Regionalverbänden.

Wulff wies die Anschuldigung zurück. "Das Zentrum geht nicht zulasten des Deutschen Chorverband." Sanierung und Bau würden über eine Gesellschaft finanziert, so dass das wirtschaftliche Risiko nicht unmittelbar beim Verband liege und die Mitgliedsverbände nicht belastet würden, sagte Wulff.

Sprachrohr der Chöre

Der Chorverband Bayerisch-Schwaben hatte im März 2017 gegenüber der "Augsburger Allgemeinen" das Gebäude zudem als "Bruchbude" bezeichnet. Das Projekt sei kaum finanzierbar und werde den Verband auf Jahre verschulden. Der Deutsche Chorverband widersprach am Mittwoch auch diesem Vorwurf. "Drei Gutachter haben uns bestätigt, dass dies keine Schrottimmobilie ist. Man kann das Haus sanieren", sagte Vizepräsidentin Petra Merkel.

Knapp anderthalb Jahre sollen die Baumaßnahmen dauern. Neben einem neuen Dach wird das Gebäude um einen Holzbau, und somit eine ganze Etage, erweitert. Über Mieteinnahmen, so die Hoffnung des DCV, wolle man das Gebäude in 25 Jahren schuldenfrei bekommen.

Drei Jahre hatte der Altbau leer gestanden und war in Besitz einer arabischen Großfamilie, bevor er zwangsversteigert wurde. Dabei sei es zu Einschüchterungsversuchen gekommen, sagte Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Der anonyme Käufer, von dem man das Gebäude später erwarb, sei unter Polizeischutz gestellt worden. "Das ist ein ganz besonderes Haus und ein Symbol dafür, dass wir gewonnen haben", so Giffey.

DCV-Präsident Wulff möchte nun die Beziehungen zu den Regionalverbänden wieder verbessern. In seiner kurzen Zeit seit Amtsantritt habe es bereits einige Sitzungen diesbezüglich gegeben.

"Wir wollen das Sprachrohr der Chöre sein und die Lobbyarbeit verbessern. Chor ist ein Bereich, der viel besser ist, als sein Image", so Wulff.


Christian Wulff / © Felix Kästle (dpa)
Christian Wulff / © Felix Kästle ( dpa )
Quelle:
KNA