Blockflötenvirtuosin Oberlinger über Bachs Musik und Frauen als Dirigenten

"Die Vision von einem besseren Leben"

Dorothee Oberlinger begeistert als Blockflötenvirtuosin die Klassik-Welt. Geprägt wurde die evangelische Pfarrerstochter durch ein musikalisches Elternhaus. Im Interview spricht sie über ihre Karriere, Frauen als Dirigenten und das Fasten.

Autor/in:
Mathias Peter
Brilliert mit ihrem Instrument: Dorothee Oberlinger (Dorothee Oberlinger)

"Am Karfreitag gab es immer dieses schreckliche Dörrobst" – Dorothee Oberlinger muss lachen, wenn sie an das Essen in der Karwoche in ihrem Elternhaus denkt. Das war entsprechend dem Trauercharakter von Gründonnerstag und Karfreitag nicht besonders lecker – die Familie ist lutherisch geprägt, freitags gab es das ganze Jahr über nur Fisch.

Die Musik spielte für die 48jährige schon während ihrer Kindheit in Simmern im Hunsrück eine große Rolle. Sie sang im Kirchenchor mit, musizierte mit ihrer Schwester im Gottesdienst – die Musik von Johann Sebastian Bach begeisterte sie schon als Kind: "Wenn ich diese Musik höre, dann empfinde ich eine große Gnade, man fühlt sich dann wirklich angenommen, so wie man ist und das drückt diese Musik für mich sehr stark aus."

Längst auch Dirigentin

Beim Konzert am Samstag in den Balloni-Hallen in Köln-Ehrenfeld spielt Dorothee Oberlinger nicht nur ihr Paradeinstrument, sondern leitet auch ihr Ensemble "1700". In den letzten Jahren hat sie komplette Dirigate übernommen, zum Beispiel bei der Oper "Lucio Cornelia Silla" von Georg Friedrich Händel: "Beim Dirigieren von Opern reizt mich vor allem die Verbindung von Text und Musik, es ist eine wunderbare Arbeit mit den Sängern, mit ihnen zu überlegen, wie sie die Charaktere ihrer Rollen ausfüllen können."

Als Operndirigentin gehört Oberlinger als Frau im Moment eher zu einer Minderheit. Dass Frauen noch relativ selten dirigieren, liegt ihrer Meinung auch an den gesellschaftlichen Strukturen, da habe es wenige Identifikationsfiguren und Vorbilder in der Vergangenheit gegeben. Doch sie sieht eine Wende zum Besseren: "Mittlerweile gibt es in der Klassik doch viele Dirigentinnen an Konzerthäusern oder Orchestern."

Auch wenn ihr Dirigieren große Freude macht, auf Auftritte mit der Blockflöte möchte sie nicht verzichten – dafür bereitet ihr das eigene Musizieren mit anderen Instrumentalisten viel zu viel Spaß – und den wird sie sicher auch bei ihrem Konzert "What a peaceful day" am Samstag in Köln haben.

Die Vision von einem besseren Leben

Eigentlich sollte sie dafür ein Programm zum Thema Krieg zusammenstellen. Denn "Krieg und Frieden" ist die Überschrift zum diesjährigen Kölner Fest für Alte Musik. "Aber Krieg passt nicht zu meinem Instrument. Die Blockflöte ist vom Ursprung her ein Schäferinstrument, sie wird eher eingesetzt, wenn es um Liebe geht", erklärt Oberlinger.

Jetzt steht beim Konzert eben der Frieden und nicht der Krieg im Mittelpunkt. Musikalisch geht es um Arcadien, eine legendäre griechische Landschaft. Die steht in der Vorstellung der Barockzeit für eine idyllische Vision von Mensch und Natur, in der es keinen Krieg gibt, in der Schönheit und Liebe dominieren.  Diese Vision von einem besseren Leben möchte die Virtuosin mit ihrem Ensemble im Konzert hörbar machen.

Im Gespräch mit Dorothe Oberlinger spürt man ihre Begeisterung und die Energie, die sie in die Musik steckt. Als Instrumentalistin ist sie viel unterwegs, außerdem ist sie Musik-Professorin am renommierten Mozarteum in Salzburg. Bleibt da in der Fastenzeit Gelegenheit für Besinnung oder gar fürs Fasten? "Also Fasten, das hab ich einmal in meinem Leben versucht, das ist mir leider gar nicht bekommen", gesteht die gebürtige Aachenerin lachend. "Aber vielleicht hab ich das auch schlecht angefangen".

Information: Konzert von Dorothee Oberlinger beim Kölner Fest für Alte Musik: Sonntag, 11.03.2018, 20 Uhr, Balloni-Hallen in Köln-Ehrenfeld, Karten ab 16 Euro.


Quelle:
DR