Münsterbaumeisterin zur Bewerbung um immaterielles Kulturerbe

"Bauhütten sind ein Wert an sich"

Die Münster- und Dombauhütten wollen ihre alten Techniken zum Erhalt der Kathedralen als "immaterielles Kulturerbe" anerkennen lassen. Neben Ulm und Köln beteiligt sich auch Freiburg. Warum, erklärt die dortige Münsterbaumeisterin.

Sanierung des Freiburger Münsterturms / © Harald Oppitz (KNA)
Sanierung des Freiburger Münsterturms / © Harald Oppitz ( KNA )

KNA: Warum setzen Sie sich dafür ein, die Traditionen und Arbeitsweisen der Münster- und Dombauhütten als "immaterielles Kulturerbe" anzuerkennen?

Yvonne Faller (Freiburger Münsterbaumeisterin): Wir wollen deutlich machen, dass die Bauhütten seit dem Mittelalter Großes geleistet haben. Über die Jahrhunderte wurde hier das Wissen um den Erhalt der Kirchen weitergeben. Ohne sie wäre sehr vieles verloren gegangen.

KNA: Das hört sich nach einem melancholischen Blick in die große Zeit Ihrer Vorgänger an?

Faller: Keineswegs. Natürlich stehen wir auf den Schultern unserer Vorgänger. Aber wir entwickeln uns weiter. Es geht bei den komplexen Arbeitsabläufen der Bauhütten nicht nur um die klassische Fertigkeit, Steine hauen zu können. Wir schauen auch immer nach der bestmöglichen Technik für neue konservatorische Probleme. Ich bin überzeugt, dass diese komplizierten Herausforderungen nur innerhalb der Bauhütten bewältigt werden können. Nur hier ist der Transfer der Erfahrungen auch an die künftigen Generationen gewährleistet.

KNA: Eine Aufnahme in die deutsche Liste des immateriellen Kulturerbes bringt keine finanziellen Vorteile. Was also ist Ihr Antrieb für den Antrag?

Faller: Die Unesco würde zeigen: Die Bauhütten sind ein Wert an sich, und den gilt es zu erhalten. Es wäre eine unabhängige Bestätigung. Und ein Signal gegen drohende Sparmaßnahmen oder Rationalisierungen. Heute sind wir immer schnell bei der Frage: Lohnt sich das überhaupt, könnte man Aufgaben nicht mit freien Betrieben billiger erledigen? Aber uns geht es darum, die Kulturdenkmäler dauerhaft und bestmöglich zu erhalten. Das schaffen und wollen Billiganbieter nicht.

KNA: Könnte der Antrag auch ein Schritt sein, um das Freiburger Münster als Einzelbauwerk in die Weltkulturerbeliste aufzunehmen?

Faller: Nein, das ist ein völlig anderes Verfahren, was mehrere Jahre dauern und viel wissenschaftliche Vorarbeit erfordern würde.

Das Interview führte Volker Hasenauer.


Quelle:
KNA