Entertainer Harald Schmidt wird 60

Die katholische Seite von "Dirty Harry"

Harald Schmidt hat das Talent des Lästermauls. In der Kirche hat er es entdeckt - und zelebriert es weiterhin. "Egal, was ich heute beruflich verwerte, fast alles hat seinen Ursprung in der Sankt Johannes-Gemeinde", bilanzierte Schmidt einmal.

Autor/in:
Andreas Otto
Harald Schmidt / © Christoph Schmidt (dpa)
Harald Schmidt / © Christoph Schmidt ( dpa )

Mit Kriminaloberrat Gernot Schöllhammer im Schwarzwald-"Tatort" ist es dann doch nichts mehr geworden. Die Rolle hat Harald Schmidt vor wenigen Monaten kurz vor Drehbeginn abgesagt.

Dabei hatte er klare Vorstellungen von der Figur, die er gerne als "eine Art Thomas de Maiziere in Uniform" und "heterosexuellen, katholischen Familienvater" angelegt hätte. Denn: "Unsere Gesellschaft ist reif, ein derart radikales Lebensbild am Sonntagabend anzuschauen."

Da blitzte sie mal wieder auf, die katholisch-religiöse Seite von "Dirty Harry". Man mag es gar nicht glauben: Aber der Late-Night-Talker und Schauspieler, der an diesem Freitag 60 Jahre alt wird, hat seine Läster-Karriere in einer schwäbischen Pfarrei begonnen.

Zivildienst im Pfarramt

Schmidt wurde am 18. August 1957 in Neu-Ulm geboren und wuchs 70 Kilometer weiter in Nürtingen auf, in einem sehr katholischen Elternhaus. Er lernte sogar das Orgelspiel und machte im Pfarramt seinen Zivi. Mit Schwester Hildegard sei er zum Großhandel gefahren, um 120 Kilo Pfirsich-Kompott, 100 Kopfsalat und 150 Büchsen Thunfisch für die Seniorenfreizeit einzukaufen, so Schmidt. Und als Hilfsorganist sei er eine "Art Berufskatholik" geworden. Er sei in dieser Art Maschinerie drin gewesen, "Sonntag für Sonntag".

Seinen "Darstellungszwang" entwickelte der Wahl-Kölner im Kirchenmilieu. "Erst habe ich viel den Priester gespielt, mir ein Badetuch umgehängt und gepredigt, Oblaten als Hostien verteilt. Und später habe ich dann bei Kaffeerunden angefangen, die Nachbarn nachzumachen oder den Lehrer zu imitieren." In der Kirche sei er früh mit Inszenierung konfrontiert worden: "Die Liturgie, der strenge, verworrene Ablauf, die Kostüme, der Weihrauch, die Musik, das Klingeln am Altar und die Choreographie der Ministranten - das alles macht ja den Erfolg der Kirche aus, wenn sie noch einen hat."

"Der größte Verehrer des Papstes auf Erden"

Seine Herkunft, "dass da doch ein Fundament da ist", sei ihm lange selbst gar nicht bewusst gewesen. Im Kabarett sei eigentlich "antikatholisches Denken Pflicht", doch er habe beschlossen, "der größte Verehrer des Papstes auf Erden zu sein". Was indes nicht bedeutet, mit ihm immer dieselbe Meinung zu haben. "Ich glaube, die katholische Kirche funktioniert so, dass der Papst diese hohe ethische Messlatte vorgeben muss und es danach wieder Möglichkeiten gibt für den einfachen Gläubigen, subjektiv zu handeln."

Aber für die, wie Schmidt formuliert, "beste Kirche der Welt" zahlt der TV-Star gerne Kirchensteuer. Insgesamt schätzt sich das Multitalent als konservativen Menschen ein, dem eine intakte Familie, gute Ausbildung und "im Groben" auch die Orientierung am Christentum wichtig ist.

Über die jüngsten Päpste hat sich der Entertainer ebenfalls so seine Gedanken gemacht. An Johannes Paul II. bewundere er dessen quasi-öffentliches Sterben. Der Papst habe eindrucksvoll demonstriert, dass Krankheit, Leid und Tod dazugehörten. "Das ist mir eine Lehre. Vielleicht ist Dahindämmern ja schön." Den Wechsel von Benedikt XVI. zu Franziskus kommentierte er so: "Der Großes-Latinum-Papst geht - Vorhang auf für den Gesamtschulen-Papst." Unter dem nun emeritierten Benedikt XVI. habe "jedes Taschentuch einen historisch aufgeladenen Hintergrund" gehabt. Der neue Papst dagegen wolle "eher was Verbeultes", eine Art "SPD-Kirche", in der es "laut ist, brodelt und stinkt".

Keine Suche nach Gott

Gegenüber domradio.de betonte Schmidt, dass er Gott nicht suche. "Aber ich glaube doch daran, dass es etwas gibt, was größer ist als wir." Und an das ewige Leben, so der Entertainer, der sechs Jahrzehnte hinter sich gebracht hat. "Wir sind ja gerade in der katholischen Kirche gewohnt, von Ewigkeit zu Ewigkeit zu denken. Da sollte man sich nicht mit allzu viel belasten - für die Jährchen, die wir hier auf Erden wandeln."


Quelle:
KNA