Purple Schulz spricht über seine Sehnsucht

„Sehnsucht bleibt“

Er hat die Sehnsucht zum Hit gemacht. Und gerade eine neue Version auf seinem Doppelalbum "Der Sing des Lebens" veröffentlicht. Seine Autobiographie heißt „Sehnsucht bleibt“. Der Musiker Purple Schulz im domradio.de-Interview.

Purple Schulz (r.) mit Tommy Millhome / © Tommy Millhome (DR)
Purple Schulz (r.) mit Tommy Millhome / © Tommy Millhome ( DR )

domradio: Könnte eine neue Version des Klassikers "Sehnsucht" das Original austauschbar machen?

Purple Schulz: Ich bin ja mit dem Song seit den frühen 80er Jahren auf Tour. Ich verändere ihn auf der Bühne und habe die neue Version jetzt für das Neujahrsevent vor 85.000 Zuschauern in Warnemünde komponiert.

domradio.de: Die neue Version ist noch intensiver als das Original.

Schulz: Das geht mir auch so.

domradio.de: Sehnsucht - können Sie dieses Gefühl heute besser ausdrücken als damals?

Schulz: Der Text ist ja immer noch der gleiche. Ich verbinde heute aber ein anderes Gefühl mit Sehnsucht. Ehrlich gesagt mochte ich das Wort gar nicht. Es klang so nach Freddy Quinn, nach fernen Häfen und der Taiga...

Heute habe ich ein anderes Verhältnis zum Begriff "Sehnsucht". Sehnsucht begegnet uns mittlerweile überall. Vielleicht liegt das daran, dass die Menschen wirklich eine Sehnsucht haben. Weil sie merken, dass unsere Welt aus den Fugen gerät. Wir haben uns jahrzehntelang wohlgefühlt und sprachen immer von unserem Reichtum, ohne zu hinterfragen, wo der überhaupt herkommt und auf wessen Kosten wir ihn haben. Ich versuche, das im Bewusstsein zu halten.

domradio.de: Würden Sie verraten, welche Sehnsüchte Sie haben?

Schulz: Meine Sehnsucht nach Wärme, Nähe und Familie ist mit drei Kindern, vier Enkeln und einer wunderbaren Frau mehr als gestillt. Was geblieben ist, ist diese Sehnsucht nach Wahrheit. Die hat mich schon mein Leben lang begleitet, schon als junger Mann.

domradio.de: Ein Zitat aus der neuen Version: "Sehnsucht ist dieses Gefühl, das uns von Zeit zu Zeit packt und in Richting Zukunft zieht." Ist das auch eine Sehnsucht nach Gott, in einer oft scheinbar gottlosen Welt?

Schulz: Es wäre für mich ein ganz, ganz tröstlicher Gedanke. Aber vor allem ist es eine Sehnsucht danach, Erklärungen zu finden, warum wir uns das alles gegenseitig antun. Gerade mit dem, was wir lieben, gehen wir oft so unglaublich verantwortungslos um. Zum Beispiel mit den Tieren. Auch Tiere sind Teil dieser Schöpfung. Einerseits werden sie vergöttert. Andererseits werden sie in der Massentierhaltung gequält bis zum Abwinken.

domradio.de: Mit dem Begriff "Sehnsucht" verbinden Menschen ganz Unterschiedliches. In der DDR hatte der markante Schrei aus Sehnsucht "Ich will raus" eine ganz andere Bedeutung, nicht wahr?

Schulz: Ich war sehr glücklich, dass wir den Song auf Tourneen durch die DDR singen durften. Du musstest ja jedes Lied anmelden, jeder Text wurde durchgeguckt. Wahrscheinlich hat man ihn uns singen lassen, um zu zeigen, wie schlecht es den jungen Leuten im Westen geht.

domradio.de: In Wirklichkeit wollten wohl die Menschen aus der DDR "raus". Der Song wurde dort gefeiert.

Schulz: Das war ein bewegender Moment, das Lied im Palast der Republik zu singen, wo sonst der SED-Parteitag stattfand.

Das Interview führte Tommy Millhome

 

Info: Das neue Album von Purple Schulz heißt "Der Sing des Lebens" und beinhaltet auf der Bonus-CD die neue Version von "Sehnsucht".


Quelle:
DR