Porträt des neuen stellvertretenden Kölner Dombaumeisters

Ein Traum ist in Erfüllung gegangen

Seit einem Monat ist der stellvertretende Kölner Dombaumeister Dr. Ing. Albert Distelrath im Amt. Mit Baustellen kennt er sich als Architekt und Denkmalpfleger gut aus. Für seine neue Aufgabe ist er aber auch sonst bestens vorbereitet.

Stellv. Kölner Dombaumeister Distelrath / © Schippers
Stellv. Kölner Dombaumeister Distelrath / © Schippers

domradio.de: Herr Distelrath, seit einem Monat sind Sie im Amt, wie dicht ist Ihr Terminkalender?

Dr. Albert Distelrath (stellv. Kölner Dombaumeister): Nach vier Wochen ist er schon sehr dicht. Nach einer kleinen Eingewöhnungsphase, wo ich die Möglichkeit hatte auch mal alleine über das Gerüst zu gehen, um einen Eindruck von den Räumen und Dimensionen zu bekommen, hat sich der Terminkalender schon ganz gut gefüllt. Aber durch die Termine lernt man auch vieles kennen und kommt allmählich in die Aufgabe herein.

domradio.de: Haben Sie auch die Mitarbeiter in der Dombauhütte kennengelernt?

Distelrath: Ich bin sehr bemüht, alle Namen kennenzulernen und bin da auf einem guten Weg. Wir haben ja 65 Mitarbeiter in der Hütte, insgesamt sind wir fast 100 Mitarbeiter. Ich hoffe, dass ich ganz schnell alle Namen kennenlerne.  

domradio.de: Ist für Sie ein Traum in Erfüllung gegangen, für den Erhalt des Kölner Dom zu arbeiten?

Distelrath: Auf jeden Fall! Wenn man im Bereich Restaurierung und Denkmalpflege arbeitet, dann setzt der Dom die Maßstäbe. Ich habe schon als Student mit dem ehemaligen Dombaumeister Wolff (Anm.d.R.: Dombaumeister von 1972 bis 1999) auf dem Gerüst gestanden, wir haben kontrovers über die Ziegelplombe (Anm.d.Red.: Verkleidung von Kriegsschaden am Nordturm des Kölner Doms) diskutiert und die Kontakte sind eigentlich seitdem nie abgerissen. Seit 1997 bin ich Mitglied im Dombauverein. Es ist wirklich ein Traum, hier arbeiten zu können.

domradio: Und wie war Ihre Einstellung zur Ziegelplombe?

Distelrath: (lacht) Sie wissen, dass Sie da ein sensibles Thema ansprechen. Es gibt kein richtig und falsch in der Denkmalpflege. Ich hatte damals die Auffassung und habe sie auch heute noch, man hätte das als Zeugnis der Baugeschichte stehen lassen können. Ich meine, es war eine Leistung, den Dom nach dem Krieg in dieser Form zu retten. Es gibt aber auch die Ansicht, wie sie Herr Wolff vertreten hat, die Lücke zu schließen, weil es den Gesamteindruck des Bauwerks schädigt.

domradio: Der Dom ist hoch, es gibt viel zu klettern. Haben Sie eine Kletterausbildung gemacht?

Distelrath: Richtig. Ich habe im Mai meine Industriekletterausbildung abgeschlossen. Ich bin begeisterter Sportkletterer und mache aus dem Hobby ein bisschen Beruf und hoffe, dass ich bald meinen ersten Einsatz hier habe. Es ist auch sinnvoll, denn man kann vom Seil aus mal schnell irgendwo hinklettern, wenn irgendwelche Detailfragen schnell zu klären sind.

domradio: Sie sind in der Nähe von Ahrweiler geboren. Was lieben Sie mehr, den Ahrwein oder ein Glas Kölsch?

Distelrath: (lacht) Ich bin schon eher Weintrinker, eher Weißweintrinker, aber abends in der Kneipe trinke ich dann doch lieber Kölsch. Das passt dann besser.

domradio: Sie haben Wirtschaftswissenschaften und Architektur studiert, aber dann archäologische Denkmalpflege als Hauptaufgabe für sich entdeckt. Warum?

Distelrath: Ja, das ist ein zweites Steckenpferd von mir. Durch meine Lehrbeauftragung an der Fachhochschule Wiesbaden bekam ich den Auftrag an einem Pilotprojekt mitzuwirken. Es ging um ein Schutzkonzept für ein kleines, 250 Jahre altes türkisches Dorf, das mitten in einer antiken Stadt liegt. Die Frage war, wie können Leute dort weiter leben, ohne die antike Stadt zu zerstören. Ich habe da sehr viel gelernt rund um Schutzkonzepte und Präsentationen für Grabungen, und diese Erfahrung würde ich sehr gerne in die Domgrabung mit einbringen.

domradio: Ein ganz großes Projekt war die Bauleitung bei der Restaurierung des Schlosses Drachenburg. Lieben Sie romantische Schlösser des 19. Jahrhunderts?

Distelrath: Kann man schon so sagen. Es ist neben dem Dom schon ein sehr schöner Ort. Das 19. Jahrhundert wurde ja oft sehr belächelt. Aber wenn man, gerade bei der Innenrestaurierung, die unglaublich hohe Qualität gesehen hat, wo eigene Stile entwickelt worden sind, dann weiß man das auch zu schätzen. Aber das Problem hat auch der Dom mit dem 19. Jahrhundert, dass viele Leistungen einfach nicht so geschätzt werden. Ich habe höchsten Respekt vor Dombaumeister Zwirner (Anm.d.R.: Dombaumeister von 1833 bis 1853), der ganz eigene Lösungen gefunden hat, zum Beispiel bei der Südquerhausfassade.

domradio: Ich habe gehört, dass Sie mit Dombaumeister Füssenich schon mal rein äußerlich verwechselt wurden…

Distelrath: (lacht) Ach, dass ist mir noch nicht gesagt worden. Vom Alter liegen wir ja ganz eng beieinander, ich bin, glaube ich, sogar ein oder zwei Jahre älter, aber wir passen ganz gut zusammen. Es ist eine super angenehme Zusammenarbeit, sehr vertrauensvoll. Und ich denke, dass ist auch wichtig in dieser Funktion. Ich habe auch hohen Respekt, dass er seinen Job ohne Stellvertreter zwei Jahre geschafft hat. Das ist schon eine große Leistung gewesen.

Das Interview führte Birgitt Schippers


Quelle:
DR