Der Künstler Max Ernst wurde vor 125 Jahren geboren

Mit Ironie gegen die Hierarchie

Seine Erfahrungen im Ersten Weltkrieg machten ihn zum Gegner des Krieges. Mit seinen Bildern provozierte Max Ernst - auch die Kirche. Das Ölgemälde der "Jungfrau züchtigt das Jesuskind vor drei Zeugen" erregte großes Aufsehen. 

Autor/in:
Andreas Otto
Max Ernst und Bundeskanzler Willy Brandt  / © Bundesarchiv, B 145 Bild-F037597-0004 / Gräfingholt, Detlef (CC BY-SA 3.0 DE)
Max Ernst und Bundeskanzler Willy Brandt / © Bundesarchiv, B 145 Bild-F037597-0004 / Gräfingholt, Detlef ( CC BY-SA 3.0 DE )

Der Skandal kann nicht ausbleiben. Die Hand der Gottesmutter, die ihren Sohn übers Knie gelegt hat, geht auf den schon geröteten Allerwertesten nieder. Mit seinem 1926 gefertigten Ölgemälde "Die Jungfrau züchtigt das Jesuskind vor drei Zeugen" zieht der Maler Max Ernst (Nähere Informationen finden Sie auf der Seite des Max Ernst Museums Brühl)  heftigen Protest auf sich.

Das Bild passt zu dem Expressionisten, der auf provokante Weise die bürgerliche Logik und in diesem Fall auch noch die christliche Ikonographie aufs Korn nimmt. Der Künstler selbst liefert indes eine wenig ideologische und viel mehr biografisch geprägte Deutung. Vater Philipp nämlich, der selbst gern malte und diese Leidenschaft an Max weitergab, hatte seinen Sohn gerne als Jesuskind porträtiert. Diese sehr schmeichelhafte Verklärung bewahrte das Kind aber mitnichten vor der Strenge der Mutter. Diese erstreckte sich gelegentlich auch auf das Hinterteil, was das heute vom Kölner Museum Ludwig bewahrte Bild ausdrückt.

"Mäßiges Einkommen. Viele Kinder, viele Sorgen, viele Pflichten"

Max Ernst wird vor 125 Jahren, am 2. April 1891, in Brühl unweit des "heiligen Köln" geboren. Und 40 Jahre ist es her, dass er in Paris in der Nacht zu seinem 85. Geburtstag, am 1. April 1976, stirbt. Der Maler, Grafiker und Bildhauer gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des Expressionismus und Surrealismus, die mit ihrer Kunst den herrschenden Ordnungsrahmen infrage stellten.

Als drittes Kind des Taubstummenlehrers Philipp Ernst und seiner Frau Luise erblickt Max das Licht der Welt. Den Vater beschreibt er in seinen biografischen Notizen als "wohl gewachsen, streng katholisch, stets gut gelaunt", die Mutter trotz der gelegentlichen Prügel als "liebevoll" mit "Sinn für Humor und Märchen". Die soziale Situation der Familie spiegelt sich in den Stichworten "Mäßiges Einkommen. Viele Kinder, viele Sorgen, viele Pflichten".

Aufmucken gegen Konventionen

Schon als Schüler muckt Max gegen die strenge wilhelminische und katholische Erziehung, gegen Klerikalismus und bürgerliche Konventionen auf. Als Student in Bonn wählt er die Fächer Altphilologie, Psychologie und Kunstgeschichte und "vermeidet sorgfältig alle Studien, die zum Broterwerb ausarten könnten". Was ihm an Literatur in die Hände fällt, verschlingt er. Ähnlich ergeht es ihm mit der Malerei; "seine Augen trinken alles, was in den Sehkreis kommt", so Ernst über Ernst und seine Liebe zu van Gogh, Matisse, Macke oder Kandinsky.

Seine Kunst verbindet sich mit dem Streben, Surrealem, Fantasie und Unbewusstem Ausdruck zu verleihen. Ein Gefühl für Naturphänomene wie Wald oder Vögel spielt hier ebenso hinein wie die Fähigkeit, in Flecken und Muster auf der Tapete Bilder zu projizieren. Die Grenzen zwischen Traumwelt und Wirklichkeit verschwimmen. Es entstehen absurde bis ironische Bilder, in denen auch Mischwesen auftauschen.

"Degenerierte Kunst"

Für seine Kunst entwickelt Max Ernst verschiedene Techniken. Bei der Frottage etwa legt er Papierstücke auf Holzbretter und zeichnet die Maserung mit schwarzem Bleistift nach. Auch das "Farbdripping", bei der Farbe auf ein Bild getropft wird, geht auf ihn zurück.

Viele Werke von Max Ernst spiegeln seine politischen und gesellschaftskritischen Ansichten wider, so die Ablehnung des Krieges. Hierzu beigetragen haben eigene Erlebnisse als Soldat im Ersten Weltkrieg und später der Nationalsozialismus. Seine Werke gelten den Nazis als "degenerierte Kunst", weshalb Max Ernst vor ihnen erst nach Frankreich und dann mit Hilfe von Peggy Guggenheim (1898-1979) in die USA flieht. Mit der Kunstmäzenin ist er Anfang der 40er Jahre kurz verheiratet.

Documenta und Biennale 

Nach dem Krieg kehrt Max Ernst 1953 mit seiner vierten Ehefrau, der ebenfalls surrealistischen Künstlerin Dorothea Tanning, nach Frankreich zurück. In Europa beteiligt er sich an mehreren großen Ausstellungen wie der Documenta in Kassel und der Biennale von Venedig. Übrigens: Das Skandal-Bild mit der Gottesmutter erlebt in jüngster Zeit ein Revival - durch den Kabarettisten Jürgen Becker. Mit einer großformatigen Kopie des Bildes spießt er auf der Bühne das Thema Misshandlung und Missbrauch in der katholischen Kirche auf. Dem hierarchie- und kirchenkritischen Max Ernst dürfte es gefallen haben.


"Der Hausengel" von Max Ernst  / © Georgios Kefalas (dpa)
"Der Hausengel" von Max Ernst / © Georgios Kefalas ( dpa )
Quelle:
KNA