Woher die Bräuche zu Silvester kommen

Bleigießen, Feuerwerk, Sekt

In vielen Ländern werden um null Uhr Feuerwerke in die Luft geschossen. Andere gießen Blei und andere wiederum waschen keine Wäsche. "Guten Rutsch" und Glücksbringer. Woher diese Bräuche kommen, erklärt domradio.de.

Autor/in:
Melanie Trimborn
Silvesterbrauch Bleigießen / © Patrick Pleul (dpa)
Silvesterbrauch Bleigießen / © Patrick Pleul ( dpa )

Um null Uhr blicken wir fast alle in den Himmel und schauen uns das Feuerwerk an. Das ist nicht nur in Deutschland so. Zu Silvester gibt es einige Bräuche – also Rituale, die traditionell von vielen immer wieder angewendet werden.

Silvester ist der letzte Tag des Jahres. "Die Zeit zwischen den Jahren, wenn das Alte aufhört und was Neues beginn, da ist immer ein Spalt, eine Dimension in eine Welt hinein die nicht unsere ist", erklärt Brauchtumsforscher Manfred Becker-Huberti im domradio.de-Interview. Solch ein Tag sei ein Nährboden für Traditionen und Bräuche. Allerdings sind Bräuche auch nicht unumstößlich. "Bräuche sind nicht einbetonierte. Sie entwickeln sich in ihrer Benutzung weiter. Man kann sie nicht festhalten. Dann zerbröseln sie", sagt der Brauchtumsforscher. Daher, müssen die Bräuche gepflegt und immer wieder angewendet werden. "Wenn man es nicht tut, muss man in Kauf nehmen, dass andere diese Bräuche ändern."

Antoine de Saint Exupéry schrieb in seinem "Der kleine Prinz": "Was heißt 'fester Brauch?'", fragte der kleine Prinz und der Furchs antwortet: "Auch etwas in Vergessenheit Geratenes. Es ist das, was einen Tag vom anderen unterscheidet, eine Stunde von den anderen. Sonst wären die Tage alle gleich."

Feuerwerk

Das Feuerwerk ist ein Brauch, der sich in vielen Ländern etabliert hat. In der heutigen Zeit sind Feuerwerke etwas Ästhetisches geworden. Rhein in Flammen oder Kölner Lichter sind längst kunstvolle Veranstaltungen, zu denen Touristen anreisen. Ursprünglich war das Feuerwerk und sein Lärm dafür da, böse Gestalten zu vertreiben. "Die Menschen hatten immer Angst, dass bei solchen Gelegenheiten Dämonen oder Geister auftauchen, die uns bedrohen könnten. Da war man sich sicher, dass man sie mit Lärm vertreiben kann", erklärt Manfred Becker-Huberti. Angefangen habe dies mit Peitschenhieben, Schießerei, wie sie heute noch in Berchdesgaden in Bayern zu finden ist, oder eben dann mit Feuerwerk. Heute sei es vor allem "einfach Spaß an der Freud", so Becker-Huberti.  

Bleigießen

Das Bleigießen, das schon in der Antike praktiziert wurde, kommt aus der Kategorie "Orakelbrauch". Orakelbräuche sollen die Zukunft vorhersagen. Beim Bleigießen werden Bleistückchen in einem Löffel über einer Kerze erhitzt, bis sie geschmolzen sind und anschließend in kaltes Wasser gekippt. Es wird schnell wieder hart und erstarrt zu seltsam Figuren, die für zukünftige Ereignisse stehen.

Ein anderer Orakelbrauch ist zum Beispiel das Bibelstechen. Hier öffnet man die Bibel seitlich mit dem Daumen. Die Textstelle, bei der man stehen geblieben ist, wird zur Weissagung verwendet.

Ein Brauch, der noch aus der Zeit stammt, in der eine Heirat zukunftsweisend war, ist das Apfelorakel! Dabei wird ein Apfel mit einer langen Schale geschält und diese über die linke Schulter geworfen. Der Buchstabe der Schale auf dem Boden, war der Anfangsbuchstabe des Menschen, der der Zukünftige sein sollte.

Aberglaube

Bloß nicht zwischen den Jahren waschen. Diesen Spruch kennen viele. Doch was steckt dahinter? Mancherorts werde die Tage vom 25. Dezember bis zum 6. Januar auch als zwölf heilige Tage oder als Rauhnächte bezeichnet. Arbeiten wie das Spinnen, Weben oder Dreschen waren in dieser Zeit verboten. Genauso eben das Waschen. Wer sich nicht daran hält, dem drohte Unheil, so heißt der Aberglaube. Demnach, fliegen die bösen Geister umher und sehen sofort die aufgehängte Wäsche. Heute sind es eher die Nachbarn, die sehen, dass gewaschen wurde.

Rutsch ins neue Jahr

Eine alte gemeinschaftliche Tradition ist, dass zusammen ins neue Jahr gesprungen wird. Dazu steigen Freunde oder Familien um 23.59 Uhr auf Stühle und springen um null Uhr zusammen runter. "Hier wird demonstriert, wir sind eine Schicksalsgemeinschaft. Dieser Zusammenhalt schützt uns auch", so Becker-Huberti.

Jeder wünscht sich einen guten Rutsch ins neue Jahr. Dass damit ursprünglich nicht das rüber rutschen gemeint war – sondern Rutsch vom Begriff "Rosch ha-Schana", das auf hebräisch "Anfang des Jahres" meint, ist nicht jedem klar.

Glückssymbole

Schornsteinfeger, Kleeblätter, Schweinchen. Zu Neujahr wird gerne ein Glücksbringer verschenkt. "Glück, dass man käuflich erwerben kann", so Becker-Huberti. Das käme vom Heiligen Augustinus, der sagt: "Aller Anfang geht mit." Das symbolisiert die Vorstellung, wer etwas Neues beginnt, der müsse sich so verhalten, dass es nachher nicht schief geht, so der Brauchtumsforscher.

Essen

Der Karpfen landet oft auf den Tischen an Silvester: er ist Symbol der Fruchtbarkeit, denn der Karpfen produziert unheimlich viel Nachwuchs, und das beudeutet Reichtum. Das wird sich für eine neues Jahr häufig gewünscht.

Wer im neuen Jahr also ein volles Portemonnaie haben will, der steckt sich eine Schuppe in den Geldbeutel. Diese Schuppe  soll viele andere Schuppen anlocken, also Geld. Daher wird auch oft ein Cent verschenkt. Das Prinzip ist das gleiche.

Vorsätze

Ein Brauch aus der jüngeren Tradition ist sich Vorsätze zu fassen. Es entstand durch die Trennung von Religion und Staat. Der Brauch zielt darauf ab, gewisse Unarten wie Rauchen, Trinken, oder auch zu viel zu essen aufzugeben. Anstoß ist dabei ein bestimmter Termin. Auch wenn die Rückfallquoten relativ hoch ist, so gibt es doch einzelne, die es vormachen. „Gute Vorsätze, das Gute erreichen, Schlechtes lassen“, das ist ein Ziel, so der Brauchtumsforscher.  Vorsätze sind auch nicht von Geistern beeinflusst, sondern meist nur durch eigene Anstrengung – also gut lösbar.

 


Quelle:
DR