Experten raten Kirchen zu mehr Multimedia

"Sie sollten sich nicht zu ernst nehmen"

"Kann Gott YouTube?" So ist eine Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz zu einem christlich inspirierten Videowettbewerb überschrieben. Fachleute geben eine eindeutige Antwort: Ja.

Sieger Christoph Peters (l.) und der Zweitplatzierte Paul Cossmer (r.) / © Letitia Witte (KNA)
Sieger Christoph Peters (l.) und der Zweitplatzierte Paul Cossmer (r.) / © Letitia Witte ( KNA )

Ein Kurzfilm über das Schicksal eines Flüchtlings hat den christlich inspirierten YouTuber-Nachwuchswettbewerb "1'31" gewonnen. Das Preisgeld von 5.000 Euro geht an den Freiburger Filmemacher Christoph Peters. "Die Themenwahl ist hochaktuell, und die Kraft der Inszenierung in einer Art 'filmischen Kammerstücks' hat die Jury überzeugt", erklärte Jurypräsident Matthias Sellmann bei der Preisverleihung bei den VideoDays in Köln.

Gut 500 junge Menschen zwischen 16 und 29 Jahren hatten nach Angaben der Veranstalter mehr als 100 Beiträge über "Glaube, Liebe, Hoffnung" eingereicht. Die Einsendungen seien aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Italien gekommen. Insgesamt wurden Preisgelder in Höhe von 11.000 Euro vergeben.

Glaube soll Kraft schenken

Er habe ein Stilmittel gewählt, das im Wettbewerb auffallen sollte, sagte Gewinner Peters der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Sein Beitrag ist mit einer einzigen Kameraeinstellung in einem Hochhaus gedreht worden. Ein Flüchtling rafft seine Habseligkeiten zusammen, stürzt mehrere Treppen nach oben, verliert Teile seiner Habe und landet schließlich im obersten Geschoss des Gebäudes, das Peters zufolge eine bessere Welt symbolisieren soll. Der Flüchtling wird dort festgenommen - das Ende bleibt offen.

Der zweite Platz ging an Paul Cossmer aus Berlin mit einer Art Glaubensbekenntnis als Rap. "Ich finde, Glaube wird oft als Drama dargestellt", sagte Cossmer der KNA. Dabei sei er etwas, das Kraft schenke. "Der Glaube gibt mir die Möglichkeit, mein Leben zu genießen."

Sellmann fordert "Frischzellenkur"

Die Wettbewerbsbeiträge sind für Experten aus dem kirchlichen Umfeld und der Videofilmbranche der sichtbare Beweis dafür, dass die Kirchen viel stärker auf Mittel der Internet-Videoplattform YouTube und andere multimediale Darstellungsformen setzen sollten. Wilder, expressiver, humorvoller - so wünscht es sich Jurypräsident Sellmann: "Die Glaubenskommunikation der Kirchen benötigt dringend die Frischzellenkur junger, unkonventioneller Leute", meint der Leiter des Bochumer Zentrums für angewandte Pastoralforschung. 

Auch wenn sich aus seiner Sicht die Kirche noch ein gutes Stück vorwärtsbewegen muss, betont Sellmann: "Da tut sich momentan sehr viel." Gute Beispiele kämen aus der Jugendarbeit, er lobt zudem die multimedialen Auftritte einiger Bistümer wie Osnabrück und Essen. Wichtig sei vor allem, allzu Betuliches und Bedächtiges hinter sich zu lassen, wenn Kirche ihre Botschaft erfolgreich auf digitalen Kanälen kommunizieren wolle.

Neue Ausdrucksformen und Formate

Das sei möglich, indem man dem Glauben ein Gesicht gibt - wie in dem Video mit dem rappenden Christen Cossmer. Sellmann hat viele Ideen für neue Formate: "Expressive Ansprachenfilme nach allen Regeln der Filmkunst", Streaming von Gottesdiensten wie bei der Übertragung von Musikkonzerten, die Nutzung jugendkultureller Ausdrucksformen wie etwa Comic-Design oder neue Interview-Formate.

Schon jetzt nutzt die katholische Kirche YouTube: Erst kürzlich hat sie dort die Hymne für das bevorstehende Heilige Jahr veröffentlicht. Im Zusammenhang mit dem "1'31"-Wettbewerb erklärte der Veranstalter der VideoDays in Köln, Christoph Krachten, er sei überzeugt davon, "dass Gott YouTube kann". Die Talente seien da. Die VideoDays sind den Angaben zufolge das größte YouTuber-Treffen Europas mit rund 15.000 Teilnehmern - das in diesem Jahr auch eine große Bühne für die christlichen Filmemacher rund um den "1'31"-Wettbewerb war.

"Mehr Selbstbewusstsein wagen"

Initiator Sellmann hatte dafür ein Netzwerk katholischer und evangelischer Medienmacher sowie eine Unternehmerfamilie als Stifterin des Preisgeldes gewonnen. "1'31" soll 2015/2016 fortgesetzt werden. Der katholische Theologe appelliert an die Kirche, mit mehr Selbstbewusstsein die multimediale Verbreitung ihrer Botschaft zu wagen. Man sei auf einem guten Weg. "Ich bin da sehr optimistisch geworden. In fünf Jahren werden wir die Öffentlichkeitsarbeit der katholischen Kirche nicht wiedererkennen."

Insgesamt wurden neun Preise vergeben. Die mehr als 100 Beiträge sind im Internet unter www.1-31.tv abrufbar. Unter den Nutzern seien zum Beispiel Religionslehrer, sagte Sellmann. Auch hätten sich kirchliche Entscheider schon an Kreative gewandt.


Quelle:
KNA