Bücherverbrennung der Nazis vor 80 Jahren

"Begräbniswetter über der Stadt"

Vor 80 Jahren, am Abend des 10. Mai 1933, wurden in ganz Deutschland Zehntausende Werke verfemter Schriftsteller verbrannt. Es war der traurige Höhepunkt der Aktion "Wider den undeutschen Geist".

Bücherverbrennung 1933 (dpa)
Bücherverbrennung 1933 / ( dpa )

"Ich stand vor der Universität eingekeilt zwischen Studenten in SA-Uniform, sah unsere Bücher in die zuckenden Flammen fliegen und hörte die schmalzigen Tiraden des kleinen abgefeimten Lügners. Begräbniswetter hing über der Stadt." Mit diesen Worten beschreibt der vor allem für seine Kinderbücher berühmte Schriftsteller Erich Kästner ein Ereignis, das später als ein Symbol der kulturellen Barbarei des NS-Regimes in die Geschichte eingehen sollte - die Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933.

Eine Frau entdeckte Kästner schließlich in der Menschenmenge auf dem Berliner Opernplatz, rief: "Dort steht ja Kästner!". Dem Schriftsteller wurde es unbehaglich zumute, wie er später schreibt. "Doch es geschah nichts." Was der Schriftsteller vermutlich nicht wusste: Auch in 20 anderen deutschen Studentenstädten wie Bonn, Bremen oder Dresden wurden Werke verfemter Autoren auf den Scheiterhaufen geworfen. Dazu gehörten neben Kästners Werken auch Bücher von beispielsweise Kurt Tucholsky oder Irmgard Keun.

Die "Deutsche Studentenschaft" hatte zu der Aktion aufgerufen. Auch zahlreiche Professoren wie etwa der Philosoph Alfred Baeumler nahmen in Berlin teil, standen in Talaren vor den Flammen. Da der Scheiterhaufen im strömenden Regen nicht entzündet werden konnte, half die Feuerwehr mit Benzinkanistern nach. Vor den Augen Tausender Zuschauer verbrannten die Werke schließlich. Allein in Berlin sollen sich 70.000 Menschen eingefunden haben, um das Spektakel zu beobachten.

Buchhandel und Bibliotheken unterstützten die Aktion

Schon in den Wochen zuvor waren jüdische, marxistische und pazifistische Schriftsteller diffamiert worden. Büchereien wurden von den Studenten nach "schädlicher" Literatur durchforstet. Auch der Buchhandel und Bibliotheken unterstützten die Aktion. So verbreitete das "Börsenblatt des deutschen Buchhandels" etwa die Verbotslisten.

"In dem folgenden Jahrdutzend sah ich Bücher von mir nur die wenigen Male, die ich im Ausland war", erinnert sich Kästner weiter. "Es ist ein merkwürdiges Gefühl, ein verbotener Schriftsteller zu sein und seine Bücher nie mehr in Buchläden zu sehen. Nicht einmal an Weihnachten, wenn die Deutschen durch die verschneiten Straßen eilen, um Geschenke zu besorgen. Zwölf Weihnachten lang!"

Eine Ausnahme bildete die Deutsche Bücherei, die spätere Deutsche Nationalbibliothek, in Leipzig. 1933 dem NS-Propagandaministerium unterstellt, sammelte sie auch nach den Bücherverbrennungen alle Werke und legte Listen über die verbotene Literatur an, auch wenn sie nicht mehr öffentlich zugänglich war. Dafür griff die Bibliothek sogar auf Bücher zurück, die die Polizei zuvor beschlagnahmt hatte.

Mahnmale und Texttafeln

Heute erinnern in ganz Deutschland verschiedene Mahnmale und Texttafeln an die Bücherverbrennungen. So wurde auf dem Berliner Bebelplatz neben der Staatsoper eine Glasplatte ins Pflaster eingelassen, die einen Blick auf leere Bücherregale zulässt. Der israelische Künstler Micha Ullman hatte die Installation geschaffen.

Das Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien in Potsdam brachte 2008 die ersten zehn Bände einer "Bibliothek Verbrannter Bücher" mit Werken von Salomo Friedlaender, André Gide, Theodor Heuss und Franz Kafka heraus. In dieser Nachdruck-Edition mit Nachworten zur Neuauflage sollen bis zu 120 Bände vorgelegt werden.

Aber bis jetzt fehlen die Mittel dazu, sagt Direktor Julius Schoeps: "Da wünsche ich mir einfach mehr öffentliches Interesse."


Quelle:
epd