Andreas Englisch über sein Franziskus-Portrait

"Er war immer das Gegenteil von einem Papst"

Er hat eines der ersten Bücher über Franziskus geschrieben: Andreas Englisch, lange Vatikan-Reporter der "Bild". Im domradio.de-Interview erklärt er, was ihn am neuen Papst fasziniert und wie er das Pontifikat Benedikts bewertet.

Papst Franziskus (KNA)
Papst Franziskus / ( KNA )

domradio.de: Wie haben Sie auf den neuen Papst Franziskus reagiert?

Englisch: Ich habe mich sehr gefreut. Das war eine Revolution, die ich nicht für möglich gehalten habe.

domradio.de: Sie bezeichnen die Wahl in Ihrem Buch als Schicksalswahl. Warum?

Englisch: Weil das eine so radikale Änderung der Richtung der Kirche war, die ich einfach für unmöglich gehalten habe. Ein Phänomen wie Franziskus hat es vorher nicht gegeben: das Gegenteil der Kirchenregierung, die Antikurie. Er hatte lange mit der Kurie nicht außer Ärger, weil er als Erzbischof seine besten Priester immer in die Armenviertel geschickt hat, statt sie in den Vierteln der Reichen die Ehe schließen zu lassen. Er war immer das Gegenteil von einem Papst, von einem Mann, der in einem Palast wohnt. Benedikt stand in einer langen Tradition vieler Päpste zuvor.

domradio.de: Wie bewerten Sie die Amtszeit Benedikts XVI.?

Englisch: Er hat vorher immer wieder gesagt: Ich will dieses Amt nicht. Und im Laufe seiner Amtszeit hat er dann auch viel Macht abgegeben und wurde zu einem schwachen Papst. Und das führte zu keinem guten Ende: Zum Schluss tanzten die Mäuse einfach auf dem Tisch. Der Rücktritt war so etwas wie ein Befreiungsschlag von dem Amt. Am Ende ging Benedikt als trauriger Mann, der merkte, dass der Großteil der Kurie nicht mehr hinter ihm stand.

domradio.de: Noch hat Franziskus nicht viel geändert im Vatikan. Was erwarten Sie für die Zukunft?

Englisch: Einiges hat er schon getan. Was ich für revolutionär halte: Es soll einen neuen Kurs geben für Menschen, die sich haben scheiden lassen und dann wieder geheiratet haben. Bisher waren die von den Sakramenten ausgeschlossen. Ratzinger wollte, dass die nicht mal mehr zur Beichte gehen können. Und das soll sich jetzt ändern. Aber die wirkliche Revolution sind nicht nur diese kirchenpolitischen Entscheidungen, entscheidend ist der neue Stil, ein Lebensstil ohne Haushälterinnen. Er lebt noch in einem kleinen Zimmer im Haus der Heiligen Martha. Das ist ein Mann, der die Botschaft Christi absolut ernst nimmt. Jesus war ein Mann, der an der Seite der Armen war.

Das Gespräch führte Christian Schlegel.


Quelle:
DR