Die Kardinäle bereiten die Papstwahl vor

Viele Namen, viel zu klären

Vier Tage nach dem Amtsverzicht von Benedikt XVI. beginnen im Vatikan die Vorbereitungen zur Wahl eines neuen Papstes. Eine Frage, die sie bald klären werden: Beginnt das Konklave früher? Ein deutscher Kardinal ist dagegen.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Auf Einladung von Kardinaldekan Angelo Sodano traten die Kardinäle am Montag zu ihrer ersten Generalkongregation zusammen. Gegen 12.30 Uhr endete die erste Konferenz der in Rom anwesenden Würdenträger. Nähere Angaben zu Inhalt und Verlauf des ersten Gesprächs wollte anschließend keiner der Kardinäle machen.

Bis zum Beginn des Konklaves müssen die Kardinäle bei täglichen Sitzungen die laufenden Amtsgeschäfte der Kirche erledigen und die Papstwahl vorbereiten - organisatorisch wie inhaltlich. Noch ziehen die Touristenscharen durch die Sixtinische Kapelle. Vermutlich aber werden die Kardinäle offiziell den Auftrag geben, den Ort der Papstwahl vorzubereiten. Und dann wird die Zone weiträumig "off-limits".

Ebenfalls in einer ihrer ersten Sitzungen müssen die Kardinäle über den Beginn des Konklaves entscheiden. Die Papstwahl muss laut Statut zwischen dem 15. und 20. Tag nach Beginn der Sedisvakanz (28. Februar) beginnen, könnte dank eines Erlasses von Benedikt XVI. jedoch vorgezogen werden, wenn die Kardinäle dies mehrheitlich wünschen.

Kasper gegen Vorziehen

Der deutsche Kardinal Walter Kasper hat sich dagegen ausgesprochen, das Konklave zur Wahl des neuen Papstes vorzuziehen. "Sich kennen lernen braucht Zeit, die Papstwahl sollte man nicht übers Knie brechen", sagte er der "Stuttgarter Zeitung" am Montag. Das Konklave bestehe nicht aus Hinterzimmergesprächen, wie es oft dargestellt werde.

Wichtiger als organisatorische Details und Formalien werten die Kardinäle aber die inhaltliche Vorbereitung des Konklaves. Pannen und Probleme an der Kurienspitze, eine mögliche Kurienreform, die Vatileaks-Affäre und der geheimnisumwitterte Bericht der drei Kardinal-Kommissare über angebliche Abgründe an der Kurie dürften zur Sprache kommen. Wichtiger als Vatileaks sollte für die Kirche jedoch die zeitgemäße Glaubensverkündigung sein, die Neuevangelisierung, betonte unterdessen der kolumbianische Kardinal Ruben Salazar Gomez.

Noch kein starker Kandidat

Die unterschiedliche Gewichtung von Prioritäten und Kirchenproblemen bringt in den Medien immer neue Spekulationen und immer längere Namenslisten von möglichen Papstkandidaten hervor. Überraschend plädierte jetzt eine italienische Zeitung für einen alten, erfahrenen und durchsetzungsstarken Kandidaten wie etwa die «Kommissare», die emeritierten Kurienkardinäle Julian Herranz (82) oder Jozef Tomko (88), denen man die Umsetzung einer radikalen Kurienreform zutrauen könnte. Beide sind über 80 und dürfen deshalb nicht mitwählen, könnten aber theoretisch gewählt werden.

Dann steht die Frage im Raum, ob nach zwei «Ausländern» nicht wieder ein Italiener die Kirche und den römischen Bischofssitz leiten sollte. Wobei die 28 italienischen Papstwähler keinesfalls als geschlossener Block erscheinen. Dem renommierten Theologen Angelo Scola aus Mailand lasten Kritiker seine frühere Nähe zur Laienbewegung «Communione e liberazione» an. Dann werden Mauro Piacenza von der Kleruskongregation, der Bischofskonferenzvorsitzende Angelo Bagnasco, oder der Jurist Francesco Coccopalmerio genannt - bei denen man fehlendes Charisma, ungenügende Sprachkenntnisse oder mangelnde internationale Erfahrungen erkannt haben will.

Ob das für einen Nord- oder für einen Lateinamerikaner spricht, ist offen. Allein drei US-Kardinäle werden von italienischen Medien als papabel bezeichnet: New Yorks volkstümlicher und konservativer Oberhirte Timothy Dolan, Donald William Wuerl aus Washington oder Sean Patrick O'Malley von Boston. Wuerl selbst hält einen US-amerikanischen Papst für unwahrscheinlich, da dessen Botschaft in der Weltmeinung nie rein geistlich, sondern immer auch politisch gewertet würde. Zum Kapuziner O'Malley heißt es, er sei beispielhaft gegen den Pädophilie-Skandal vorgegangen, sein Name werde daher aber zu eng nur mit diesem Problemkomplex verknüpft.

Unter den Lateinamerikanern wird derzeit Odilo Scherer von Sao Paolo als möglicher Papstkandidat genannt, aber auch Jorge Mario Bergoglio aus Argentinien oder Ruben Salazar Gomez aus Bogota. Auch sie gelten nicht als geschlossene Gruppe, von der ein einheitliches Wahlverhalten zu erwarten wäre. Nicht von ungefähr brachte ein Lateinamerikaner unlängst den Kanadier Marc Ouellet ins Gespräch, der neben Erfahrungen als Kurienkardinal auch Kolumbien aus mehrjähriger Tätigkeit kennt.

Inwieweit die Chancen für einen Europäer steigen, sei es für den Ungarn Peter Erdö, den Österreicher Christoph Schönborn oder den Kroaten Josip Bozanic, ist eine andere Frage. Zu Beginn des Prä-Konklaves kursieren in italienischen Medien mehr als zwei Dutzend Namen von Papabili. Aber der eine überzeugende und starke Name scheint bislang noch nicht darunter.


Quelle:
KNA