Abschluss des Beethoven-Jahres im Kölner Dom

Besonderes Aha-Erlebnis mit Stockhausen und Beethoven

Schon zweimal musste das Abschlusskonzert des Beethovenfestes pandemiebedingt verschoben werden. An diesem Freitag führen Stardirigent Nagano, Concerto Köln und die Kölner Dommusik nun Beethovens "Missa Solemnis" auf.

Beethovens "Missa solemnis" dirigierte Metternich zuletzt beim Großen Domkonzert 2016 / © Beatrice Tomasetti (DR)
Beethovens "Missa solemnis" dirigierte Metternich zuletzt beim Großen Domkonzert 2016 / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Normalerweise wären die Feiern zu Beethovens 250. Geburtstag längst vorbei. Doch coronabedingt wurde das Festjahr verlängert. Mit dem Kölner Domkonzert an diesem Freitag endet auch Nike Wagners Intendanz beim Beethovenfest Bonn. In diesem Zusammenhang spricht die Urenkelin von Richard Wagner von "Schlusslicht" oder "Nachzügler".

Doch was Nike Wagner im Kölner Dom vorbereitet hat, ist mehr als eine verspätete Zugabe - eher ein Paukenschlag. Denn im allerletzten Akt ihrer siebenjährigen Intendanz beim Beethovenfest Bonn wird die "Missa solemnis" erklingen, allerdings ergänzt um den "Gesang der Jünglinge" von Karlheinz Stockhausen (1928-2007). 65 Jahre nach der Kölner Uraufführung markiert es zusammen mit der weltberühmten Missa den Schlusspunkt des Festjahres zum 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens (1770-1827).

Coronabedingt wurde das Jubiläumsjahr verlängert

Geplant war das so nicht. Denn der Ausflug des Bonner Festivals in Deutschlands bedeutendste Kirche hätte bereits vor gut einem Jahr erfolgen sollen. Doch dann kam Corona. Die Beethoven-Jubiläumsgesellschaft BTHVN 2020 entschied - auch dank der Zusagen von Förderern -, das Festjahr und damit auch Wagners Intendanz bis Ende Oktober zu verlängern.

Geleitet wird das Konzert für Chor, Solisten, Orchester und Orgel von Stardirigent Kent Nagano. Es wird auf Arte, im Internet sowie auf den Domplatz übertragen. Es singt das Vokalensemble Kölner Dom. Der Kammerchor der Kölner Dommusik tritt etwas vergrößert mit etwa 60 Sängerinnen und Sängern an - die Einstudierung der berühmten "Missa Solemnis" nahm Domkapellmeister Eberhard Metternich vor.

Mit dem Concerto Köln spielt ein eher kleines Ensemble, doch dies sei für die Akustik der gotischen Kathedrale besser geeignet als ein komplettes Sinfonieorchester, meint Nike Wagner. Von dem eklatanten Kontrast zwischen der 1823 vollendeten D-Dur-Messe und dem modernen Meisterwerk der elektronischen Musik von 1956 verspreche sie sich ein besonderes "Aha-Erlebnis", so die Intendantin.

Abschied von Nike Wagner als Intendantin

Auf solche kühnen Kombinationen setzte die 76-Jährige immer wieder in ihrer Bonner Zeit ab 2014. Und eckte mitunter an; gelegentlich wünschten sich Kritiker für die drei Festivalwochen im Spätsommer mehr Traditionelles und weniger Experimentelles. Wagner focht das nie an. "Das Schöne an einem Rückblick ist, dass er alles verklärt", sagt sie mit etwas Abstand im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Die Misshelligkeiten, Probleme und Alltagsmühen versinken, es hat sie nie gegeben."

So hatte sie auch damit zu kämpfen, dass Bonn eine große Spielstätte fehlt. Die Sanierung der Beethovenhalle dürfte auch ihren Nachfolger, den Kammermusiker und Kulturmanager Steven Walter (35), noch Jahre beschäftigen. Das Beethovenfest gestalten zu dürfen, sei sowohl Privileg wie Herausforderung gewesen, sagt Wagner der KNA. "Ich hatte viel Freude an der Neubestimmung dieses Festivals und ich denke, sie ist mir und meinen Mitarbeitern auch gelungen."

Hier kann sie auf eine Familientradition verweisen: Schon ihr Ururgroßvater Franz Liszt initiierte in Bonn eine Konzerthalle, ein Denkmal und ein Fest zu Ehren Beethovens. Das war zu dessen 75. Geburtstag, hundert Jahre vor ihrer eigenen Geburt.

Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus

Nike Wagner wurde am 9. Juni 1945 in Überlingen am Bodensee geboren und wuchs in der «Villa Wahnfried» ihres Urgroßvaters Richard Wagner in Bayreuth auf. Ihre Eltern waren die Choreografin Gertrud Reissinger (1916-1998) und der Regisseur Wieland Wagner (1917-1966).

Gemeinsam mit seinem Bruder Wolfgang (1919-2010) wollte er die Bayreuther Festspiele neu erfinden und auch Verquickungen mit dem Nationalsozialismus aufarbeiten - ein Thema, mit dem sich Nike Wagner in ihren Büchern "Wagner Theater" und "Über Wagner" befasst.

Nach dem frühen Tod Wielands führte Wolfgang Wagner allein das Zepter auf dem "Grünen Hügel". Zu einer Beteiligung an der Festspielleitung kam es für Nike Wagner nicht; sie schlug eigene Wege ein. Von 2004 bis 2013 als Intendantin des Kunstfestes Weimar "Pelerinages" (Pilgerfahrt), das sie Liszt widmete. Für ihre Dramaturgie, die im Zusammenspiel von Musik, Tanz, Bild und Wort künstlerische Maßstäbe gesetzt habe, erhielt sie 2013 den Thüringer Verdienstorden.

Nach ihrer Bonner Zeit beschäftige sie im Moment die Neuordnung ihres Lebens zwischen Wien und Berlin, so Nike Wagner. Eine neue offizielle Aufgabe gebe es derzeit zwar nicht. "Aber das Private und das Öffentliche waren bei mir immer miteinander verknüpft, also bleibe ich dem Kulturbetrieb wohl erhalten."

Hinweis: Einlasskarten für das Konzert im Kölner Dom sind bereits vollständig vergriffen.


Nike Wagner, Intendantin des Beethovenfestes / © Harald Oppitz (KNA)
Nike Wagner, Intendantin des Beethovenfestes / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA , DR