Live-Übertragung des zweiten Konzerts der Orgelfeierstunden

Spätromantische Tonmalerei auf der Domorgel

Nach dem gelungenen Auftakt vor einer Woche mit Domorganist Winfried Bönig ist diesmal ein evangelischer Kollege zu Gast: Kreuzorganist Gehring von der berühmten Dresdner Kreuzkirche spielt Werke von Mendelssohn, Lubrich, Merkel und Landmann.

Ansicht auf die Domorgel im Nordquerhaus vom Triforium aus / © Mathias Peter (DR)
Ansicht auf die Domorgel im Nordquerhaus vom Triforium aus / © Mathias Peter ( DR )

Auch bei diesem Konzert an diesem Dienstag ab 19.45 Uhr sind nur wenige Besucher im Dom zugelassen. Die Orgelfeierstunde wird aber wie alle Konzerte in Ton und Bild bei DOMRADIO.DE, den Facebook-Seiten von DOMRADIO.DE und der Kölner Dommusik sowie bei Youtube und dem Fernsehsender EWTN übertragen.

Schwerpunkt des zweiten Konzertes sind Werke aus der Romantik und Spätromantik. Felix Mendelssohn Bartholdy war im 19. Jahrhundert auch als Organist bekannt und geschätzt, seine sechs Orgelsonaten stehen beispielhaft für die damalige Orgelmusik – im Kölner Dom erklingt die dritte Sonate.

In Anlehnung an Mussorgkis berühmten "Bilder einer Ausstellung" vertonte der schlesische Komponist und Organist Fitz Lubrich drei Bilder des Malers Arnold Böckling – eins der Bilder trägt den Titel "Toteninsel" – Lubrich fasst es in spätromantische Musiksprache und verwendet dabei laut Holger Gehring eine "geheimnisvoll-stimmungsvolle Tonmalerei".

Merkel bei der Orgelfeierstunde

Der dritte Komponist des Abends, Gustav Adolf Merkel, war auch Kreuzorganist und seinerzeit als Komponist und Virtuose sehr geschätzt, seine Kompositionen waren die "meist gespielten Werke" des 19. Jahrhunderts, wie Gehring im Programmheft erklärt – Merkels Sonate Nr. 2 erklingt im Kölner Dom.

Der letzte Komponist des Konzerts ist Arno Landmann, der u. a. von Karl Straube und Max Reger ausgebildet wurde. 1911 trat er das Organistenamt an der Christuskirche in Mannheim an und erarbeitete sich einen hervorragenden Ruf als Komponist und Orgelvirtuose – seine Variationen über ein Thema von Georg Friedrich Händel op. 29 erklingen beim zweiten Konzert der Orgelfeierstunden durch Holger Gehring an der Kölner Domorgel.

Der reguläre Dienstort von Gehring ist die traditionsreiche Kreuzkirche in der sächsischen Hauptstadt. Bekannt sind natürlich auch die katholische Hofkirche oder die aufwändig rekonstrurierte Frauenkirche mit der berühmten Kuppel. Die Kreuzkirche aber ist die evangelische Hauptkirche der Stadt und beeindruckt mit ihrer langen Geschichte von Zerstörung und Wiederaufbau.

Beeindruckende Geschichte der Kreuzkirche

Nachdem 1234 ein Splitter vom Kreuz Christi nach Dresden gelangt war, zog die aufkommende Verehrung dieser kostbaren Reliquie Wallfahrten nach sich. 1319 wird eine Kapelle an der Nikolaikirche als Aufbewahrungsort der Reliquie erwähnt. Dieses Kirchengebäude wurde 1491 bei einem großen Stadtbrand zerstört und anschließend bis 1499 als dreischiffige Hallenkirche neu errichtet. Im Siebenjährigen Krieg wurde sie 1760 zerstört. Mehrfache Planänderungen beim Neubau führten zu klassizistischen Formen und einer verspäteten Fertigstellung 1792. Die äußere Gestalt existiert bis heute. Im Inneren gab es mehrere Veränderungen – das betraf auch die Orgeln der Kirche.

1897 fiel der gesamte Innenraum einem verheerenden Brand zum Opfer. Nur die Umfassungsmauern und der Turm blieben erhalten. Die Neugestaltung im Innenraum im Jahr 1900 fiel wiederum der verheerenden Bomben-Zerstörung Dresdens im Februar 1945 weitgehend zum Opfer - die Kirche brannte au, blieb aber immerhin in der Grundsubstanz erhalten.

Kirchenmusik reicht ins 14. Jahrhundert zurück

Die heutige Innengestaltung mit Rauputz ist eher herb und karg - spiegelt so die Veränderungen der Jahrhunderte wider. Die Geschichte der Musik an der Kirche ist lang und eindrucksvoll, der Kreuzchor ist bis heute berühmt und geschätzt, Persönlichkeiten wie Gottfried August Homilius oder Rudolf Mauerberger wirkten an der Kirche, sowohl das Amt des Kreuzkantors als auch des Kreuzorganisten haben eine lange Tradition und lassen sich bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen.

Die gegenwärtige Orgel der Kreuzkirche ist die größte Kirchenorgel Dresdens. Sie hatte ursprünglich 76 Register und wurde 2008 um vier Register im Schwellwerk ergänzt. Das Instrument hat Schleifladen, eine mechanische Spieltraktur, elektrische Registertrakturen und elektrische Koppeln.

Gewaltige Orgel

Die Orgel beim Neubau 1792 wurde durch das Feuer 1900 zerstört, auch das Nachfolgeinstrument wurde 1945 ein Raub der Flammen. Das gegenwärtige Instrument wurde 1963 von den Gebrüder Jehmlich fertiggestellt, dann aber mehrfach überarbeitet und erweitert – so zum Bespiel 2005 als die Orgel nach erheblichen Veränderungen wiedereingeweiht wurde.

Seit 2004 ist Holger Gehring Kreuzorganist. Er ist einer der profiliertesten Organisten seiner Generation, der gebürtige Bielefelder studierte Kirchenmusik an den Musikhochschulen in Lübeck und Stuttgart. Anschließend studierte er künstlerisches Orgelspiel bei Daniel Roth an der Musikhochschule Frankfurt und danach in der  Solistenklasse Orgel bei Ludger Lohmann an der Musikhochschule Stuttgart.

Wie bei allen Orgelfeierstunden in diesem Jahr sind nur 100 Personen im Dom coronabedingt zugelassen. Die Ticketvergabe erfolgt über eine wöchentliche Kartenverlosung, die am vergangenen Donnerstag auf koelner-dom.de/orgelfeierstunden/ gestartet ist. Jeden Donnerstag von 9 Uhr bis Freitag 24 Uhr können sich Interessierte auf koelner-dom.de für das Konzert am Dienstag der Folgewoche registrieren, möglich sind maximal 2 Karten pro Person. Samstags ab 17 Uhr werden die Gewinner dann benachrichtigt.

Wie vergangene Woche beginnt die Übertragung um 19:45 Uhr mit einer Werkeinführung. In dieser Woche spricht Domorganist Bönig mit Holger Gehring über das Programm seines Konzertes.


Kreuzorganist Holger Gehring / © Johannes G. Schmidt, Dresden (privat)
Kreuzorganist Holger Gehring / © Johannes G. Schmidt, Dresden ( privat )

Spieltisch der Kölner Domorgel / © Mathias Peter  (DR)
Spieltisch der Kölner Domorgel / © Mathias Peter ( DR )
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