Ein Sonntags-Besuch in der Kathedrale, die vorerst geöffnet bleibt

Der Kölner Dom ohne Gottesdienste

Das hat es in der neueren Kölner Domgeschichte noch nicht gegeben. Alle Gottesdienste fallen aus - auch im Kölner Dom, doch die Kathedrale bleibt offen. Ein Besuch im Dom am ersten Sonntag ohne zugängliche 10 Uhr Messe.

Zum persönlichen Gebet bleibt der Dom geöffnet / © Johannes Schröer (DR)
Zum persönlichen Gebet bleibt der Dom geöffnet / © Johannes Schröer ( DR )

'ZUTRITT NUR ZUM GEBET / FOR PRAYER ONLY', steht auf einem großen Schild vor dem Südeingang zum Kölner Dom. Es ist Sonntag um kurz vor zehn Uhr - und es ist vergleichsweise still am Dom, denn jeden Sonntag um kurz vor zehn Uhr laden die Domglocken zum Gottesdienst ein. Doch ab sofort fallen alle öffentlichen Gottesdienste wegen der Corona Pandemie aus, das heißt auch, kein Glockengeläut am Dom. "Ich bin sehr betroffen", sagt Dompropst Gerd Bachner, den ich vor der Kathedrale treffe. "Das hat es in der neueren Domgeschichte noch nie gegeben. Aber wir werden im Dom weiterhin nicht öffentliche Gottesdienste feiern - mit den Menschen in unseren Herzen", sagt er und weist darauf hin, dass diese Gottesdienste auf DOMRADIO.DE übertragen werden. So können alle mitfeiern.

Der Dom bleibt vorerst geöffnet

An dem ersten Sonntag ohne Messe im Dom kommen nur wenige um kurz vor zehn Uhr, die noch nichts davon gehört haben, dass der Gottesdienst ausfällt. Ein Ehepaar aus Frankfurt ist enttäuscht. "Wir haben unsere Tochter in Köln besucht und wollten jetzt gemeinsam zur Messe," sagen sie traurig, haben aber auch Verständnis. "Hoffentlich ist das bald vorbei". Im Vergleich zu anderen Wochenende wirkt die Domplatte leer, die Touristen bleiben aus. "Aber der Dom bleibt vorerst geöffnet", verspricht Dompropst Bachner. "Wir wollen den Menschen die Gelegenheit geben, eine Kerze anzuzünden und zu beten".

Zwei Domschweizer bewachen das Schild mit der goldenen Monstranz und dem fast streng wirkenden Hinweis, dass der Dom nur für betende Menschen geöffnet sei. 'Zutritt nur zum Gebet', liest ein junges Paar und fragt erstaunt. "Darf man denn jetzt nicht in den Dom?". Die Domschweizer zeigen auf das Schild und das Paar stutzt, schweigt einen Augenblick, sieht sich an, zögert und dreht dann ab. Diese außergewöhnliche Kontrolle am Domeingang bringt einige Menschen ins Grübeln. Will ich beten? Kann ich das überhaupt noch? Soll ich einfach so tun als ob ich beten will, um in den Dom zu kommen?, scheinen sie zu denken.

Eine Glaubenskontrolle kann es ja nicht geben. Aber es sind erstaunlich viele Menschen, die heute auf den Dombesuch verzichten. Ihr Glauben scheint verdunstet, wobei sie gar nicht verärgert wirken, sondern diese Auflage respektvoll akzeptieren, schließlich sei der Dom ein Gotteshaus, sagt ein junger Mann.

Ein Gottesdienst ohne Besucher

Ich nicke dem Domschweizer zu und passiere die Kontrolle. Der Dom ist nahezu leer. Eine Atmosphäre, die man hier nur selten erlebt. Die Kathedrale wirkt auf einmal noch größer, noch höher, noch heller. Wenige Menschen knien in den hinteren Reihen und beten still. Vor der Muttergottes zünden einige Kerzen an.

Es ist Punkt zehn Uhr, die Orgel spielt, der nicht öffentliche Gottesdienst in der Marienkapelle, der auf DOMRADIO.DE übertragen wird, beginnt. Auch ich darf ihn nicht besuchen, sehe aber von Weitem, wie Domdechant Robert Kleine hinter dem Altar steht. Zwei Ordensschwestern sitzen vor ihm in den sonst leeren Bänken, sie haben eine - nennen wir es 'Sondergenehmigung'. Ich setze mich in den Südflügel der Kathedrale und kann der Messe so aus der Distanz zuhören.

Im Evangelium geht es um das lebendige Wasser, das ewiges Leben schenkt, um Jesus als Retter der Welt. Ein Evangelium, das für die Hoffnung steht, für Gott, der das Wasser des Lebens ist. "Vielleicht zeigt uns diese Krise, worauf es wirklich ankommt", sagt Domdechant Kleine in seiner Predigt, "dass wir zusammenstehen, dass wir solidarisch sind, respektvoll, vorsichtig, umsichtig und daß wir auf Gott vertrauen - denn wir sind nicht allein".

Im menschenleeren Dom sind diese Worte jetzt besonders tröstlich. 'Maria, breit den Mantel aus. / Mach uns ein’ Schirm und Schild daraus", spielt der Organist nach dem Schlusssegen. Ich wundere mich, dass ich wie selbstverständlich mitsinge - nicht laut, sondern verhalten. Durch die hohen Fenster scheint die Frühlingssonne - es wird auf einmal ganz hell im Dom. Ich bleibe noch eine Weile still sitzen und gehe dann zur Muttergottes und zünde eine Kerze an.


Msgr. Robert Kleine / © Johannes Schröer (DR)
Msgr. Robert Kleine / © Johannes Schröer ( DR )
Quelle:
DR
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