Claudia Drolshagen ist seit einem halben Jahr Domschweizerin

"Manche sind sehr resistent gegen unsere Ansprache"

Seit Mai gibt es die ersten Domschweizerinnen im Kölner Dom. Claudia Drolshagen ist eine von ihnen. Im Interview lässt sie ihre ersten Dienstmonate Revue passieren und erzählt vom Glockenläuten und einem besonderen Rosenkranz-Moment.

Die ersten Domschweizerinnen mit Claudia Drolshagen (z.v.r.) am Kölner Dom (DR)
Die ersten Domschweizerinnen mit Claudia Drolshagen (z.v.r.) am Kölner Dom / ( DR )

DOMRADIO.DE: Wie waren denn die ersten Monate als Domschweizerin?

Claudia Drolshagen (Domschweizerin im Kölner Dom): Sehr spannend. Alles war neu. Man musste viel lernen. Aber es war toll. Wir haben verschiedeneTätigkeiten im Dom. Beispielsweise begleiten wir zum Teil die Messen. Dann das Glockenläuten, Kerzenständer und Zeitschriften auffüllen, Besucher begrüßen. Die Tätigkeit ist sehr vielfältig. Die Zeit ist unheimlich schnell vergangen.

DOMRADIO.DE: Was heißt Glockenläuten?

Drolshagen: Zum Beispiel das Mittagsläuten. Das ist auch Teil der Aufgabe. Es ist aber leider nur ein Knopf, den man drückt. Ich würde mich ja auch mal gerne an ein großes Seil hängen.

DOMRADIO.DE: Was ist mit den Kunstwerken rund um den Kölner Dom und im Kölner Dom? Kennen Sie sich da aus?

Drolshagen: Im Vorfeld sind wir inkognito herumgeführt worden – da haben mir verschiedene Domschweizer alles Mögliche erklärt. Wir haben einen Plan bekommen, wo welche Kapelle ist und wo wer begraben liegt. Da mussten wir uns auch ganz viel anlesen und einprägen. Aber auch das habe ich inzwischen ganz gut drauf.

DOMRADIO.DE: Sie haben gesagt, es gibt verschiedene Dienste. Sie haben zum Beispiel auch Kerzendienst. Was heißt das konkret?

Drolshagen: Wir haben verschiedene Kerzenständer im Dom - vor allen Dingen, wenn man in den Dom reinkommt an den Kreuzwegstationen 13 und 14. Die Menschen, die in den Dom kommen, haben ja oft gar keinen kirchlichen Bezug, sondern sehen das nur als großes Bauwerk, in dem man ein Kerzchen anmacht. Das sind dann ziemlich viele Kerzchen jeden Tag. Die neuen Kerzen müssen hingestellt und die alten abgeräumt werden. Man kann gut seine Zeit damit verbringen, ab und aufzuräumen.

DOMRADIO.DE: Manchmal sind Sie aber auch direkt an der Liturgie beteiligt. Was dürfen Sie da machen?

Drolshagen: Da dürfen wir dann zum Beispiel nach den Fürbitten kollektieren. Beim Mittagsgebet durfte ich schon zweimal den Priester aus dem Dom führen. Da wird eine kleine Pilgertour zu den Heiligen Drei Königen gemacht. Wir haben dann unser schwarzes Barett auf, einen Führungsstab und weiße Handschuhe. Das ist schon ganz erhebend.

DOMRADIO.DE: Wenn Sie frühmorgens Dienst haben, dann geht es um 5.40 Uhr los. Dann schließen Sie den Dom ja quasi auf, oder?

Drolshagen: Ja, genau. Das ist ein gutes Gefühl, die Portale mit dem dicken, goldenen Schlüssel aufschließen zu können. Dann ist der Dom ganz still. Es ist vor allem ein mediatative Zeit frühmorgens. Man ist mit sich allein – zu viert im Dom an den verschiedenen Positionen. Man hat genug Zeit zum Nachdenken und dafür, sich das Bauwerk immer wieder anzugucken. Ich sehe immer wieder etwas Neues.

DOMRADIO.DE: Wie ist der Kontakt mit den Leuten im Dom? Mit den vielen Touristen, mit den Gläubigen? Geht es da eher um Fragen oder das Sanktionieren?

Drolshagen: Das ist auch spannend. Es werden viele Fragen gestellt. Die Menschen kommen dann auch gezielt auf uns zu. Viele suchen die Richter-Fenster oder die Schmuckmadonna. Wo ist das Gerokreuz? Also verschiedene Punkte im Dom, die sehr bekannt sind. Die werden dann schon abgefragt. Dann gibt es natürlich immer wieder Leute, die man darum bitten muss, das Handy auszuschalten und im Dom nicht zu telefonieren. Manche sind da sehr, sehr resistent gegen unsere Ansprache. Dann gibt es im Zweifelsfall auch schon mal Hausverbot.

DOMRADIO.DE: Wir hatten wieder einen ziemlich warmen Sommer. Wie sieht es da mit der Kleidungsetikette aus? Wie gehen Sie damit um?

Drolshagen: Die Menschen kommen dann so rein, vor allen Dingen die jungen Mädchen, wie sie draußen rumlaufen. Das ist ja auch oft sehr, sehr hübsch anzusehen. Aber im Dom müssen wir natürlich ein bisschen darauf achten, dass die Schultern bedeckt sind, der Bauchnabel bedeckt ist. Wir haben Tücher vorrätig, die wir den Damen geben. Bei manchen Damen haben wir aber auch zu wenig Tücher. Die können wir dann gar nicht verhüllen.

DOMRADIO.DE: Hatten Sie in den fünf Monaten ein besonderes Erlebnis?

Drolshagen: Einmal in einer Sonntagsmesse war ich weiter hinten in der Turmhalle. Da war es einer jungen Frau schlecht geworden. Ein Kollege sagte mir: "Geh' doch mal gucken, was sie hat." Dann habe ich gesehen: Sie war hochschwanger. Ich habe sie gefragt, ob ich einen Arzt rufen soll. Sie meinte dann: "Das ist nicht nötig. Ich bin selber Ärztin. Ich wollte vor der Entbindung nur nochmal in die Kirche. Das gibt mir Kraft." Sie konnte nicht so gut bewegt werden, also habe ich eine Fleecedecke geholt und etwas zu trinken und wir haben auf ihren Mann gewartet, den sie angerufen hatte. Dann hörte ich von ihr, dass es der dritte Junge war, auf den sie wartete. Ich hatte noch einen gesegneten Rosenkranz aus dem Dom in der Tasche und gab ihn ihr. Dann sagte sie: "Das glaube ich jetzt nicht. Ich habe heute Morgen noch einer Freundin per WhatsApp geschrieben, dass ich mir noch einen Rosenkranz besorgen muss, bevor ich entbinde. Jetzt bekomme ich den hier im Dom." Das war toll.

Das Interview führte Martin Mölder.


Quelle:
DR