Wie der Kölner Dombau wieder in Angriff genommen wurde

Als die Gotik wieder "in" war

Der Hohe Dom zu Köln war bis vor 175 Jahren noch eine Groß-Baustelle, um die sich niemand so recht kümmerte. Mit dem Dombaufest am 4. September 1842 sollte sich das ändern. Doch warum auf einmal dieser Sinneswandel?

Kölner Dom bei Nacht / © Claudio Römer (KNA)
Kölner Dom bei Nacht / © Claudio Römer ( KNA )

domradio.de: Wenn wir jetzt einmal 175 Jahre zurückgehen, da sah der Dom noch ein wenig anders aus als heute, oder?

Matthias Deml (Sprecher der Kölner Dombauhütte): Der sah ziemlich anders aus. Im 16. Jahrhundert waren die Bauarbeiten am Dom eingestellt worden und er war eine riesige Bauruine geblieben. Nur der Domchor als der wichtigste Teil der Kirche war in voller Höhe vollendet. Lang- und Querhaus waren auf ungefähr 15 Meter stehengeblieben. Das muss man sich mal vorstellen. Das war nicht einmal die Höhe, die die Seitenschiffe heute haben.

domradio.de: Die heute markanten zwei Türme waren noch nicht da?

Deml: Von den beiden Türmen standen außer wenigen Mauern des Nordturms eigentlich nur die unteren beiden Stockwerke des Südturms. Oben auf war Jahrhunderte lang das Wahrzeichen Kölns schlechthin zu sehen – ein gigantischer hölzerner Baukran.

domradio.de: Das heißt aber, das Haus war nur halb fertig und das Dach fehlte?

Deml: Der Chor war, wie gesagt, fertiggestellt. Das Langhaus war mit provisorischen Notdächern gesichert. Es gab keine Altäre, aber es stand eine Kanzel im Langhaus. Es wurde gepredigt, es wurden Prozessionen abgehalten und man nutzte diesen unvollendeten Torso tatsächlich auch als Aula für die Universität.

domradio.de: 300 Jahre Baustopp bis zu diesem Zeitpunkt. Wie konnte es denn dazu überhaupt kommen?

Deml: Dafür gibt es viele Gründe. Der Domchor, der bereits 1322 geweiht worden war, reichte für die damaligen Zwecke. Alle Altäre sind dort untergekommen. Das heißt, man brauchte damals nicht mehr so eine große Kirche. Dazu kam im 16. Jahrhundert die Zeit der Renaissance. Man orientierte sich wieder am antiken römischen Bau. Mittelalterliche Architektur war nicht mehr gefragt. Und vor allem schien in der Zeit die gesamte Finanzierung des Doms in sich zusammengebrochen zu sein.

domradio.de: Was hat den Ausschlag gegeben zu sagen, wir machen den Dom doch fertig?

Deml: Das waren sicherlich viele Gründe. Das war im frühen 19. Jahrhundert, wo man sich wieder für gotische Architektur begeistern konnte. Einer der ersten Vorreiter schon im späten 18. Jahrhundert war der Dichter Johann Wolfgang von Goethe, der das Straßburger Münster besuchte und ganz begeistert war von der gotischen Architektur. In Köln war es vor allen Dingen ein Kölner Bürger namens Sulpiz Boisseree, der seit dem frühen 19. Jahrhundert die Werbetrommel dafür rührte, dass man doch den Kölner Dom als bedeutendstes Bauwerk fertig bauen sollte. Er begeisterte die wichtigsten Leute seiner Zeit – unter anderem auch den preußischen König Friedrich Wilhelm IV., der ja auch heute vor 175 Jahren den Grundstein gelegt hat.

domradio.de: Wie geht das zusammen mit dem Dombauverein?

Deml: Der König allein konnte das nicht aus privaten und staatlichen Mitteln finanzieren. Deswegen hat man bereits zwei Jahre vor der Grundsteinlegung ganz massiv daran gearbeitet einen bürgerlichen Förderverein zu gründen – eben den Zentral Dombauverein. Am Ende ist es diesem Verein zu verdanken, dass der Dom fertig gebaut worden ist. Dieser Verein hat damals schon mehr als die Hälfte der Kosten für den Bau aufgebracht. Im Übrigen ist das heute auch noch so. 

domradio.de: Wir hatten schon im Frühjahr einen Festakt, bei dem der Bundespräsident in die Kölner Philharmonie gekommen ist. Aber die Feierlichkeiten gehen jetzt auch noch mal weiter?

Deml: Im November wird es noch einmal einen großen Festgottesdienst geben, mit dem dann das Jubiläumsjahr ausklingen wird. Es ist ja das große Ziel des Zentral Dombauvereins, 1.750 Mitglieder für den Verein zu werben. Die Zahl ist noch nicht ganz erreicht. Aber es ist ja noch Zeit.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


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Quelle:
DR