Füssenich von der Dombauhütte zum jüngsten Steinschlag am Kölner Dom

"Der Dom ist sicher"

Schon wieder ist ein Stein vom Kölner Dom herabgestürzt. Das ist das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit. Zufall? Oder ist vielleicht doch die U-Bahnlinie 5 daran schuld? Peter Füssenich, stellvertretender Dombaumeister, im domradio.de-Interview.

stellv. Kölner Dombaumeister Peter Füssenich berichtet über Steinschlag / © Domradio
stellv. Kölner Dombaumeister Peter Füssenich berichtet über Steinschlag / © Domradio

domradio.de: Herr Füssenich, Sie konnten jetzt den Steinabbruch untersuchen. Was haben Sie herausgefunden? Was steht hinter diesem aktuellen Steinschlag?

Füssenich: Wir haben uns diese Stelle, aus der der Stein herabgestürzt ist, sehr genau angeschaut. Es handelt sich hier um den Kopf, der abgestürzt ist, aus einer Sitzfigur in einem der Baldachine am Fialturm neben dem Portal. Das ist ein Obernkirchener Sandstein, um den es sich handelt, der im 19. Jahrhundert hier am Dom hauptsächlich verbaut wurde. Der Stein ist deshalb abgestürzt, das kann man nach der Analyse dieses Steines relativ genau sagen, weil es hier eine sogenannte Lagerfuge gegeben hat, in die Wasser eingedrungen ist. Durch Temperaturwechsel, Frostsprengung usw. ist dieser Stein dann herabgestürzt. Immerhin hat er 140 Jahre am Dom gehalten.

domradio.de: Jetzt gibt es auch wieder Gerüchte, die Linie 5 der Kölner U-Bahn sei am Steinschlag schuld. Stimmt das oder ist das völliger Quatsch?

Füssenich: Für einen solchen Absturz gibt es sicher immer mehrere Gründe und nicht eine einzelne Ursache. Das heißt, die Linie 5 ist in diesem Fall nicht der konkrete Verursacher. Es gibt Einflüsse auf den Kölner Dom, natürlich durch die Witterung, durch die Temperaturunterschiede, gerade jetzt in dieser Jahreszeit. Es gibt Einflüsse natürlich auch aus dem umgebenden Verkehr und den Baustellen, die wir hier um den Dom herum in Vielzahl haben. Auch der Schienenverkehr ist da mitheranzuziehen. Wir messen ja im Dom mit unseren Messinstrumenten jegliche Erschütterungen, die auf den Dom einwirken.

domradio.de: So ganz unschuldig ist die 5 dann also nicht?

Füssenich: Ich will der Linie 5 jetzt nicht die Schuld geben, ganz sicher nicht. Wie gesagt, es sind immer mehrere Einflüsse, die dann vielleicht zusammen kommen. Ganz ausschließen kann man es natürlich nicht, dass auch das eine der vielen Ursachen ist.

domradio.de: Jetzt gab es schon den zweiten Steinschlag innerhalb von wenigen Wochen. War das Zufall oder kommt da noch mehr auf uns zu?

Füssenich: Nach der Analyse kann man sagen, der eine Fall hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Das war, zeitlich gesehen, ein relativer Zufall. Bei dem ersten Absturz vor knapp zwei Wochen handelte es sich um einen Stein aus den mittelalterlichen Bereichen des Südturms, hier handelt es sich um einen Stein aus dem 19. Jahrhundert, der aus einem der Portale gestürzt ist. Das eine hat im Grunde nichts mit dem anderen zu tun.

domradio.de: Auf den Kopf bekommen möchte man so einen Stein auf gar keinen Fall. wie gefährlich schätzen Sie das im Moment ein, sich rund um den Dom, nah am Dom aufzuhalten?

Füssenich: Es ist genauso gefährlich oder ungefährlich wie vor 50 Jahren und wie in 50 Jahren. Es kann niemand sagen, dass das nicht nochmal passieren kann. Selbst die Mitarbeiter der Dombauhütte können dafür keine Garantie abgeben. Es besteht immer ein gewisses Restrisiko, mit dem wir hier auch umgehen müssen.

domradio.de: Ziehen Sie jetzt ganz konkrete Konsequenzen aus diesem Steinschlag? Leiten Sie irgendwelche Maßnahmen ein?

Füssenich: In diesem Fall haben wir das ja bereits gemacht. Wir haben ja die Portalzone gesperrt bis die Untersuchungen abgeschlossen waren, um sicherzugehen, dass nicht noch etwas da herunterkommen könnte. Für den Moment - und wir haben es genau überprüft - ist dieser Bereich sicher. Das heißt, die Absperrungen könnten jetzt auch wieder entfernt werden. In anderen Bereichen am Kölner Dom haben wir ganz andere Schutzmaßnahmen vorgesehen. Wenn Sie sich den Südturm etwas genauer angucken, haben wir den im letzten Jahr partiell eingenetzt. Das heißt, wir haben Schutznetze errichtet, damit im Fall bröckelnder Steine diese in den Netzen gefangen werden und niemand verletzt wird.

Das Gespräch führte Hilde Regeniter.


Quelle:
DR