Joachim Gauck für Einsatz für Menschenrechte geehrt

"Erkenntnisse mit Empathie verbinden"

In Anerkennung seines Engagements für die Menschenrechte hat der frühere Bundespräsident Joachim Gauck in der Frankfurter Paulskirche den Franz-Werfel-Menschenrechtspreis der Stiftung "Zentrum gegen Vertreibungen" erhalten.

Altbundespräsident Joachim Gauck / © Werner Schüring (KNA)
Altbundespräsident Joachim Gauck / © Werner Schüring ( KNA )

Gauck habe in unterschiedlichen Ämtern stets die Verletzung von Menschenrechten durch Völkermord, Vertreibung und Genozid angeprangert, begründete die Jury ihre Entscheidung bei der Verleihung des mit 10.000 Euro dotierten Preises am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche.

Als Theologe und Publizist, als Bundesbeauftragter für die Stasiunterlagen und später als Bundespräsident habe Gauck in seinen Veröffentlichungen und Reden immer wieder darauf hingewiesen, dass die Verbrechen der NS-Diktatur nicht dazu führen dürften, das Unrecht an den vertriebenen Deutschen zu verschweigen, führte die Stiftung aus.

Gauck habe sich stets dafür ausgesprochen, dass die dauerhafte Erinnerung an die Vertreibung ein elementarer Teil deutscher Geschichte sei. Der 81-jährige gebürtige Rostocker erhielt den Preis coronabedingt mit einjähriger Verspätung. Laudator war der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Bernd Fabritius.

Gauck würdigt Dokumentationszentrum

In seiner Dankesrede würdigte Gauck die Eröffnung des neuen Dokumentationszentrums "Flucht Vertreibung Versöhnung" in Berlin. Mit der dortigen Dauerausstellung sei es den Deutschen gelungen, "das Erinnern mit Erkenntnis und die Erkenntnis mit Empathie zu verbinden", sagte Gauck laut vorab veröffentlichtem Redemanuskript.

Viele Menschen in Deutschland hätten erkannt, "dass wer das Leid von Deutschen anerkennt, die deutsche Schuld keineswegs leugnen muss", sagte Gauck. Vielmehr nähmen sie zur Kenntnis, "dass Deutsche die Opfer deutscher Opfer wurden".

Doch auch die Flucht- und Vertreibungserfahrungen von Migranten, deren Menschenrechte oft mit Füßen getreten worden seien, müssten in der deutschen Gesellschaft in den Blick genommen werden, mahnte Gauck.

Flucht und Vertreibung weltweit zu bekämpfen heiße immer auch, die Fluchtursachen anzugehen: Konflikte müssten vermieden und für die Achtung der universalen Menschenrechte müsse eingetreten werden. Gauck war zur Zeit der ehemaligen DDR evangelisch-lutherischer Pastor in Rostock.

Menschenrechte

Menschenrechte sprechen jeder Person die gleichen Rechte und Freiheiten zu - unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, Weltanschauung oder politischer Haltung. Sie gelten von Geburt an und können nicht verwirkt werden. Als Basis gilt die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte", die von den Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 als politische Willenserklärung verabschiedet wurde. An diesen wichtigen Meilenstein erinnert alljährlich der Tag der Menschenrechte

Menschenrechte werden vielerorts eingeengt / © Jens Büttner (dpa)
Menschenrechte werden vielerorts eingeengt / © Jens Büttner ( dpa )

Er leitete die evangelischen Kirchentage 1983 und 1988 in der Hansestadt und war während der friedlichen Revolution Sprecher des Neuen Forums. 1990 wurde er Abgeordneter der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR für Bündnis 90.

Von 1012 bis 2017 Bundespräsident

Von 1991 bis 2000 war Gauck Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Von 2012 bis 2017 war er Bundespräsident. Der Franz-Werfel-Menschenrechtspreis wird seit 2003 alle zwei Jahre an Einzelpersonen oder Initiativen verliehen, die durch ihr Handeln das Verantwortungsbewusstsein gegenüber Menschenrechtsverletzungen durch Völkermord, Vertreibung oder die bewusste Zerstörung nationaler, ethnischer oder religiöser Gruppen schärfen.

Er ist benannt nach dem Schriftsteller Franz Werfel (1890-1945), der in seinem Roman "Die 40 Tage des Musa Dagh" die Vertreibung der Armenier aus der Türkei und den Genozid schilderte. Unter den Preisträgern sind die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, der ungarische Schriftsteller György Konrad und die Bürgerrechtlerin, Schriftstellerin und Dokumentarfilmerin Freya Klier.

 

Frankfurter Paulskirche (KNA)
Frankfurter Paulskirche / ( KNA )
Quelle:
epd