Weiter Furcht vor einer Eskalation in Myanmar

Ziviler Ungehorsam und Schlägertrupps des Militärs

Auch einen Monat nach dem Putsch in Myanmar gehen Militär und Polizei mit Drohungen, Festnahmen und Gewalt gegen die "Bewegung für zivilen Ungehorsam" vor. In Mandalay und Rangun wurden mehrere Demonstranten erschossen.

Autor/in:
Michael Lenz
Myanmar: Demonstranten zeigen den Drei-Finger-Gruß / © Aung Kyaw Htet (dpa)
Myanmar: Demonstranten zeigen den Drei-Finger-Gruß / © Aung Kyaw Htet ( dpa )

Der katholische Erzbischof Marco Tin Win von Mandalay ist ein regelmäßiger Teilnehmer der Proteste gegen den Militärputsch in Myanmar. "Wir beten bei den Protesten den Rosenkranz und singen Friedenshymnen", sagte der Geistliche telefonisch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Katholische Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien sind überall in Myanmar deutlich präsent bei den Protestveranstaltungen gegen den Putsch und für Demokratie - obwohl das Christentum eine sehr kleine religiöse Minderheit im mehrheitlich buddhistischen Myanmar ist. 

"Der Putsch ist nicht verfassungsgemäß, und über alle Grenzen hinweg sind die Menschen dagegen", so Marco Tin Win. Die Katholiken seien zudem von Papst Franziskus ermutigt, an den Protesten teilzunehmen. "Seit dem Besuch des Papstes im November 2017 fühlen wir uns gesellschaftlich besser akzeptiert", betont der Erzbischof.

General sucht Erzbischof auf

Die Militärjunta versucht seit ihrem Putsch vom 1. Februar mit sehr überschaubarem Erfolg, gesellschaftliche und religiöse Meinungsführer auf ihre Seite zu ziehen. "Kurz nach dem Putsch erschien ein General in meinem Büro", berichtet der Erzbischof. "Ich habe ihn nicht empfangen, sondern den Generalvikar gebeten, mit ihm zu sprechen. Der General erklärte, die Verfassung gebe dem Militär das Recht, in Krisensituationen zu intervenieren."

In Rangun ist Moe Thway ein aktives Mitglied der "Bewegung für zivilen Ungehorsam" (CDM). Für den 40-Jährigen, der CDM-Infos auf Facebook teilt und bei Aktionen Reden hält, sind die Unterdrückung durch das Militär und Proteste gegen die Armee nichts Neues. Während und nach dem letztlich blutig niedergeschlagenen Aufstand buddhistischer Mönche 2007 gegen das damalige Regime war Moe Thway ein prominentes Mitglied der Jugendbewegung "Generation Wave" für Demokratie.

Nichts für die Menschenrechte getan

Besondere Sympathien für die seit dem Coup unter Hausarrest stehende Staatsrätin Aung San Suu Kyi und ihre Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) hegt Moe Thway nicht. "Während ihrer Regierungszeit haben sie nichts für die Menschenrechte getan", sagt der Aktivist der KNA. Aber er betont auch, was viele denken: "Ich respektiere Suu Kyi und die NLD als die demokratisch gewählte Regierung." 

Weiter sagt Moe Thway: "Das Militär wusste, dass viele im Land, besonders die junge Generation, die im demokratischen Umbruch der vergangenen zehn Jahre aufgewachsen ist, unzufrieden mit der NLD sind. Der größte Fehler von Armeechef Min Aung Hlaing war aber die Annahme, dass die Armee für die Unzufriedenen die Alternative sein könnte. Weder die Alten, die Jahrzehnte der Militärdiktatur erlebt haben, noch die Jungen wollen wieder ihre Freiheit verlieren."

Strategie zur Eskalationdes Konflikts

Wie es weitergeht mit dem Widerstand gegen die Junta - die den Medien des Landes unter Androhung von Lizenzentzug verboten hat, sie so zu nennen -, ist offen. Einerseits geht das Militär immer gewaltsamer gegen die CDM vor; militärnahe Schlägertrupps greifen häufiger kleine Gruppen von Demonstranten an. "Das ist eine Strategie zur Eskalationdes Konflikts, die von den Generälen auch schon bei früheren Aufständen zur Rechtfertigung einer gewaltsamen Niederschlagung angewandt wurde", berichtet der unabhängige politische Analyst David Mathieson telefonisch aus Thailand.

Andererseits haben westliche Staaten Sanktionen gegen Myanmar verhängt. Die Weltbank stellte Zahlungen an die Junta ein, und hinter den Kulissen laufen diplomatische Vermittlungsversuche. Die CDM hatte für diesen Sonntag (28. Februar) die Demokratiebewegungen in Ländern wie Thailand und Hongkong zu Solidaritätskundgebungen aufgerufen, die im Netz unter dem Namen "Milk Tea Alliance" Furore machen. Der Name ist ein Protest gegen die Unterstützung der autoritären Regime in Asien durch China. Während Chinesen ihren Tee pur trinken, wird er in anderen asiatischen Ländern gern mit Milch gemischt.

Mathieson sieht die Erfolgsaussichten des Drucks von innen wie außen auf die Junta freilich mit Skepsis. "Die Generäle haben sich davon noch nie beeindrucken lassen. Sie sind es gewohnt, jeden Widerstand plattzuwalzen."


Quelle:
KNA