US-Journalistin über den vielleicht exklusivsten Club der Welt

Trump - ein unwillkommener Neuzugang bei Ex-Präsidenten

Traditionell heißen die früheren Präsidenten der USA jeden Neuzugang in ihrer Gemeinschaft herzlich willkommen. Dieses Mal ist es anders. Wiederholt kritisierten Donald Trumps Amtsvorgänger sein Auftreten.

Autor/in:
Christiane Laudage
US-Präsident Donald Trump spricht beim March for Life am 24. Januar 2020 in Washington / © Tyler Orsburn/CNS photo (KNA)
US-Präsident Donald Trump spricht beim March for Life am 24. Januar 2020 in Washington / © Tyler Orsburn/CNS photo ( KNA )

Es ist ein sehr exklusiver Club, der momentan aus lediglich vier, spätestens ab 20. Januar aus fünf Personen besteht: die Gemeinschaft der noch lebenden Ex-US-Präsidenten. Dieser Club habe seine eigenen Regeln, schreibt die Journalistin Kate Andersen Brower im ihrem 2020 veröffentlichten Buch. Die wichtigste Regel, die sie normalerweise eisern befolgen: Niemals kritisiert ein früherer Präsident den Amtsinhaber.

Dieses selbst auferlegte Schweigen über die Politik des aktuellen Präsidenten haben die Vorgänger wie auch ihre Ehefrauen während der Amtszeit von Donald Trump gebrochen. Sie meldeten sich nicht erst am 6. Januar zu Wort, als ein Mob das Regierungsgebäude stürmte, sondern machten schon früher ihr Entsetzen deutlich; etwa, als an der Grenze zu den USA Flüchtlingskinder von ihren Eltern getrennt wurden.

Enge Verbindungen unter Ex-Präsidenten

Üblicherweise wird ein Präsident nach dem Ende seiner Amtszeit herzlich im Kreis seiner Vorgänger aufgenommen. Sie alle verbindet ein hohes Maß an Respekt für das Amt und das Gefühl für die Verantwortung, die sie in den Jahren ihrer Amtszeit getragen haben - bis hin zu Schlaflosigkeit, die sie nachts durch das Weiße Haus laufen ließ.

Auch wenn sie einander im Wahlkampf heftig angegriffen haben, wächst das Verständnis füreinander, sobald der neue Präsident sein Amt angetreten hat. Unter den Ex-Präsidenten haben sich teils erstaunliche Freundschaften entwickelt, schreibt Andersen Brower. Der Demokrat Bill Clinton hatte ein enges Verhältnis zu seinem republikanischen Vorgänger George Bush senior und zu seinem Nachfolger George W. Bush gepflegt; er wurde von George und Barbara Bush als Familienmitglied akzeptiert. Und wer hätte sich vorstellen können, dass sich Michelle Obama und George W. Bush laut Andersen Brower als enge Freunde sehen?

Die Ex-Präsidenten stehen normalerweise vereint mit dem Amtsinhaber, wenn das Land durch schwere Zeiten geht. Sie bieten ihrem Nachfolger ihre Expertise an und vertreten ihn bei hochrangigen Terminen im Ausland. Eine Ausnahme war die Totenmesse für Papst Johannes Paul II. am 8. April 2005, wo mit George W. Bush zum ersten Mal ein amtierender Präsident anwesend war - in Begleitung seiner Vorgänger Clinton und Bush senior. Als am 6. Januar das Kapitol gestürmt wurde, warfen die Ex-Präsidenten ihre ganze Autorität für die Demokratie in die Waagschale - nicht jedoch für den Amtsinhaber Trump.

Gemeinsame Verpflichtungen von Amtsinhaber und Nachfolger

Zu den gemeinsamen Pflichtterminen gehört die Eröffnung einer Präsidentenbibliothek, in der die Regierungsunterlagen aus der Amtszeit gesammelt werden. Ein weiterer Muss-Termin ist die Amtseinführung des neuen Präsidenten, denn sie symbolisiert die Kontinuität der Demokratie in den USA. In den knapp 250 Jahren ihrer Geschichte hat bislang nur dreimal ein ausscheidender Präsident die Inauguration seines Nachfolgers boykottiert: John Adams 1801, sein Sohn Quincy Adams 1829 und Andrew Johnson 1869.

Im Fall von John Adams ist bemerkenswert, dass er nach seiner Abwahl zwei Jahre kein Wort mit seinem Nachfolger Thomas Jefferson sprach, sich dann aber eine tiefe, innige Freundschaft der beiden entwickelte. Dass Trump nun verkündet hat, er werde nicht zur Amtseinführung von Joe Biden erscheinen, hat eher Erleichterung als Empörung hervorgerufen - nachdem Trump immer noch nicht den Wahlausgang anerkennt und die Übergangsphase ("transition") massiv behindert hat.

Andersen Brower hat für ihr Buch im Frühjahr 2019 den Präsidenten Trump interviewt. Sie stellte fest: Trump wäre nicht nur stolz auf die Ächtung durch seine Vorgänger; er verachte sie auch allesamt. Und unter Schlaflosigkeit wegen der Last der Verantwortung leide er nach eigenen Angaben auch nicht. Wahrscheinlich aber eher die anderen: Denn wie geht man mit einem US-Präsidenten um, der das Wahlergebnis nicht anerkennt; der das Land gespalten und zum Sturm auf das Regierungsgebäude aufgerufen hat? Im Club der Ex-Präsidenten dürfte er keinesfalls willkommen sein.


Quelle:
KNA