Justizministerin Christine Lambrecht hat den Polizeieinsatz gegen Demonstranten gebilligt, die am Mittwoch in Berlin gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen und das geänderte Infektionsschutzgesetz protestiert haben.
Wenn Auflagen wie Maskenpflicht oder Abstandhalten bewusst missachtet würden, müsse die Versammlung aufgelöst werden, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag).
"Der Staat muss zeigen, wer in diesem Land das Gewaltmonopol hat. Es kann nicht sein, dass der Staat resigniert, wenn viele Demonstranten kommen, um bewusst die Regeln zu verletzen."
Lambrecht sagte auf die Frage, ob die "Querdenken"-Bewegung zu einem Fall für den Verfassungsschutz werde, dass diese Einordnung die Verfassungsschutzämter treffen müssten.
"Was bei einigen der sogenannten Querdenker zu beobachten ist, entspricht nicht unserer Verfassungsordnung. Es stellt sich die Frage, ob die Bewegung ein Sammelbecken für Rechtsextremisten, Antisemiten und Verschwörungstheoretiker geworden ist."
Die Geschichte vom einfachen, besorgten Bürger, der auf die Straße geht, könne sie vielfach nicht mehr nachvollziehen.
Zu Vergleichen der aktuellen Änderungen im Infektionsschutzgesetz mit dem sogenannten Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten sagte sie: "Das ist ein infamer Vergleich, der die Opfer des Naziregimes verhöhnt und für den mir jedes Verständnis fehlt."
Mit dem sogenannten Ermächtigungsgesetz hatte sich der Reichstag 1933 selbst entmachtet und die Gesetzgebung auf Reichskanzler Adolf Hitler übertragen.
Damals seien faktisch die Rechte des Parlaments und die Verfassung außer Kraft gesetzt worden, sagte Lambrecht. "Heute stärken wir die Rechte des Bundestags"
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte der "Passauer Neuen Presse": "Wenn Menschen um ihre Existenz bangen wie die Gastronomie und die Kulturbranche, und die Bewegung friedlich und unter Einhaltung der Regeln demonstriert, habe ich dafür sehr großes Verständnis."
Rund um den Reichstag seien aber wieder Rechtsradikale, Reichsbürger und Verschwörungstheoretiker ohne Maske und Abstand unterwegs gewesen und hätten den Bundestag stürmen wollen. "Das ist ein Angriff auf die Demokratie und ihre Institutionen." (dpa/19.11.2020)
19.11.2020
Bei den Demonstrationen gegen das Infektionsschutzgesetz waren auch christliche Gruppen dabei. Es gebe Überschneidungen zwischen den "Querdenkern" und einer kleinen Gruppe von evangelikalen Christen, sagt der Theologe Michael Diener.
Eine Minderheit von evangelikalen Christen ist nach Einschätzung des evangelischen Theologen Michael Diener ansprechbar für die "Querdenker"-Bewegung. Diese Gruppe von Menschen mit einem evangelikalen Glaubensprofil sei "klein, aber doch sichtbar", sagte Diener am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Am Mittwoch hatte die Berliner Polizei eine Demonstration gegen das Infektionsschutzgesetz, die von den "Querdenkern" angemeldet worden war, aufgelöst, weil die Demonstranten gegen die Hygieneregeln verstoßen hatten. Unter den Demonstranten waren auch Christen aus dem evangelikalen Spektrum. Auch bei anderen ähnlichen Demonstrationen waren in den vergangenen Wochen christliche Teilnehmer vertreten.
Gemeinsames Anliegen aus unterschiedlichen Gründen
Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Menschrechtspolitiker Frank Heinrich verteidigte das Verhalten der christlichen Demonstranten am Mittwoch in Berlin. Ihm sei nicht bekannt, dass sich diese den Sicherheitskräften vor Ort widersetzt hätten. Auch im Vorfeld seien es nicht die Teilnehmer aus dem christlichen Spektrum gewesen, die gedroht hätten, Bundestagsabgeordnete an der Abstimmung zu hindern.
Es gebe zwar ein gemeinsames Anliegen der Demonstranten, gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung zu protestieren, jedoch aus unterschiedlichen inhaltlichen Gründen und mit unterschiedlichen Methoden.
Manche fühlen sich nicht mehr vertreten
Ein Grund für die Nähe mancher Christen zu den "Querdenkern" kann laut Diener sein, dass sich diese Gruppe bedingt durch die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen nicht mehr durch die momentane Regierung repräsentiert sehe. "Das hat mit den üblichen Reizthemen wie Abtreibung, 'Ehe für alle', der Israelpolitik, der Zuwanderung von Muslimen im Zuge der Flüchtlingswelle und mit der Politik der offenen Grenzen statt kultureller Integrität zu tun."
Es gehe aber auch mit einer Elitenkritik einher, weil sich diese Personen als Verlierer dieses Wandels wahrnähmen. "Und wer sich nicht mehr vertreten weiß, ist schon aus Prinzip gegen Änderungen und Einschränkungen", sagte Diener, der im September als Präses des Gnadauer Gemeinschaftsverbands verabschiedet worden war.
Gegenargumentationen reichen oft nicht
Aus theologischer Perspektive gebe es außerdem unter manchen der Demonstranten eine Auslegung, die Jesu Warnung vor den Zeichen der Zeit aufgreife und demokratische Einschränkungen als Beginn einer antichristlichen Welteinheitsregierung deute, sagte Diener. Gegenargumentationen würden diese Menschen aber oft nicht erreichen.
Diener ist auch Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und war von 2012 bis 2016 Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz, die als Netzwerk der evangelikalen Bewegung in den evangelischen Landeskirchen, Freikirchen, Gemeinschaften und freien Werken fungiert. Die Evangelische Allianz hatte sich vor der Demonstration in einem Brief an ihre Mitglieder gewandt und davor gewarnt, das Infektionsschutzgesetz mit dem Ermächtigungsgesetz von 1933 zu vergleichen.
Gegner und Befürworter gebe es in allen Bereichen
Heinrich, der seinen Wahlkreis in Chemnitz hat und sich auch für die Evangelische Allianz engagiert, sagte, einige bibeltreue Christen aus dem Erzgebirge seien zu Zeiten der DDR wegen ihres Glaubens oft benachteiligt worden. "Manche haben mir berichtet, wie sie sich während der Einschränkungen etwa im Frühjahr im Blick auf das Feiern von Gottesdiensten an diese Zeit erinnert gefühlt haben", sagte Heinrich.
Er betonte, dass es Gegner und Befürworter der Pandemie-Schutzmaßnahmen in allen Bereichen der Gesellschaft gebe - und daher auch unter Evangelikalen, aber dass lange nicht alle Evangelikalen wegen ihres Glaubens, die Maßnahmen von Bund und Ländern ablehnten.
Justizministerin Christine Lambrecht hat den Polizeieinsatz gegen Demonstranten gebilligt, die am Mittwoch in Berlin gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen und das geänderte Infektionsschutzgesetz protestiert haben.
Wenn Auflagen wie Maskenpflicht oder Abstandhalten bewusst missachtet würden, müsse die Versammlung aufgelöst werden, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag).
"Der Staat muss zeigen, wer in diesem Land das Gewaltmonopol hat. Es kann nicht sein, dass der Staat resigniert, wenn viele Demonstranten kommen, um bewusst die Regeln zu verletzen."
Lambrecht sagte auf die Frage, ob die "Querdenken"-Bewegung zu einem Fall für den Verfassungsschutz werde, dass diese Einordnung die Verfassungsschutzämter treffen müssten.
"Was bei einigen der sogenannten Querdenker zu beobachten ist, entspricht nicht unserer Verfassungsordnung. Es stellt sich die Frage, ob die Bewegung ein Sammelbecken für Rechtsextremisten, Antisemiten und Verschwörungstheoretiker geworden ist."
Die Geschichte vom einfachen, besorgten Bürger, der auf die Straße geht, könne sie vielfach nicht mehr nachvollziehen.
Zu Vergleichen der aktuellen Änderungen im Infektionsschutzgesetz mit dem sogenannten Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten sagte sie: "Das ist ein infamer Vergleich, der die Opfer des Naziregimes verhöhnt und für den mir jedes Verständnis fehlt."
Mit dem sogenannten Ermächtigungsgesetz hatte sich der Reichstag 1933 selbst entmachtet und die Gesetzgebung auf Reichskanzler Adolf Hitler übertragen.
Damals seien faktisch die Rechte des Parlaments und die Verfassung außer Kraft gesetzt worden, sagte Lambrecht. "Heute stärken wir die Rechte des Bundestags"
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte der "Passauer Neuen Presse": "Wenn Menschen um ihre Existenz bangen wie die Gastronomie und die Kulturbranche, und die Bewegung friedlich und unter Einhaltung der Regeln demonstriert, habe ich dafür sehr großes Verständnis."
Rund um den Reichstag seien aber wieder Rechtsradikale, Reichsbürger und Verschwörungstheoretiker ohne Maske und Abstand unterwegs gewesen und hätten den Bundestag stürmen wollen. "Das ist ein Angriff auf die Demokratie und ihre Institutionen." (dpa/19.11.2020)