Debatte über Religionsprojekt im Auswärtigen Amt geht weiter

"Für Außenpolitik und Frieden"

Auch die katholische Kirche hat sich in der Debatte über das Religionsprojekt im Auswärtigen Amt zu Wort gemeldet. Es müsse weitergeführt werden "für die Außenpolitik und den Frieden", twitterte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick.

Autor/in:
Birgit Wilke
Sitz des Auswärtigen Amts in Berlin / © Julia Steinbrecht (KNA)
Sitz des Auswärtigen Amts in Berlin / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Es habe gut begonnen und dürfe wegen einer umstrittenen Ernennung nicht in Frage gestellt werden, so Schick.

Nach Kritik an der Berufung der Muslima Nurhan Soykan in ein Team von Religionsvertretern hatte das Auswärtige Amt das Projekt "Religion und Außenpolitik" am Mittwoch zunächst auf Eis gelegt. Die Arbeit soll danach solange ruhen, bis es eine breite Unterstützung aus Politik und Gesellschaft für das Projekt gebe. Man nehme die Kritik sehr ernst. Soykan war unter anderem vorgeworfen worden, sich nicht klar genug von Antisemitismus und Islamismus zu distanzieren.

Das Projekt Religion&Außenpolitik hat so gut unter dem damaligen Außenminister Steinmeier begonnenen.Ich durfte dabei sein. Wegen einer umstrittenen Ernennung es in Frage zu stellen, ist total https://t.co/TtGOU4Vznj muss weitergeführt werden für die Außenpolitik und den Frieden https://t.co/yJeoWOOniX

— Erzbischof Schick (@BischofSchick) July 30, 2020

Konstruktives Friedenspotenzial

Das Auswärtige Amt will mit dem Projekt "Religion und Außenpolitik" nach eigenen Angaben Religionsgemeinschaften und ihren möglichen Einfluss auf Gesellschaft und Politik besser verstehen. Auch soll das konstruktive Friedenspotenzial der Gemeinschaften mithilfe eines globalen Netzwerks von Religionsvertretern gestärkt werden. Neben Soykan berief das Auswärtige Amt dazu zuletzt den angehenden Rabbiner Markus Feldhake sowie den evangelisch-freikirchlichen Pastor Peter Jörgensen. Im vergangenen Jahr war der katholische Pater Nikodemus Schnabel als erster Religionsvertreter für das Projekt tätig gewesen.

Schnabel äußerte sich ebenfalls über Twitter: Er hoffe nicht, dass "die wichtige Arbeit des Referats" eingestellt werde. 84 Prozent der Menschheit bekennten sich zur Religion. "Hier geht es um außenpolitisches Schwarzbrot", so Schnabel.

Haltlose Vorwürfe?

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) erklärte, er bedauere die Entscheidung und heiße sie nicht gut. Zugleich verteidigte er die Personalie Soykan in einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Stellungnahme. Die Vorwürfe gegen sie seien haltlos. Soykan ist zugleich stellvertretende ZMD-Vorsitzende. Der Verband betonte: Die "rufmordähnliche Kampagne", die politisch motiviert und ehrverletzend sei, "weisen wir aufs Schärfste zurück". Er verurteile "diese Einschüchterungsversuche, die letztlich darauf abzielen, die Stimme von Frau Soykan und die des ZMD insgesamt mundtot zu machen". In der Berufung Soykans hätten viele Muslime ein Zeichen der Wertschätzung als Frau und als Muslima gesehen.

Die islampolitische Sprecherin der Säkularen Sozialdemokraten, Lale Akgün, begrüßte dagegen die Entscheidung. Sie finde es richtig, zunächst einen intensiven Beratungsprozess mit religiösen Verbänden, Vereinen und anderen Gesprächspartnern über den Umgang mit Religionen in der Außenpolitik aufzunehmen. Richtschnur aller Religionspolitik in Deutschland müsse die Verbindlichkeit der Gebote des Grundgesetzes für alle Religionen sein. Auch in der Außenpolitik seien diese Grundsätze der Garant von Frieden und Freiheit. Soykan lasse ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung vermissen.


Quelle:
KNA